Die Entscheidung zwischen Vorhand und Rückhand muss meist in kürzester Zeit getroffen werden (©Fabig)
03.11.2015 - Im offenen Spiel ist Tischtennis so schnell, dass es kaum möglich ist, alle Bälle mit der Vorhand zu nehmen. Zwar gibt es Spieler, die deutlich größere Teile des Tisches mit der Vorhand abdecken, aber unabhängig vom Spielsystem benutzt nahezu jeder Spieler mit Shakehandhaltung beide Schlagseiten. Der heutige Trainingstipp zeigt Wege auf, das Spiel mit beiden Schlagseiten einzustudieren – auch im Hinblick auf den Entscheidungsprozess zwischen Vorhand und Rückhand!
Denn diese Entscheidungen müssen schnell, aber vor allem auch in der Qualität recht zuverlässig getroffen werden. Ist eine Schlagbewegung in eine Seite eingeleitet, wird es nahezu unmöglich, einen Schlag mit der anderen Schlagseite gut durchzuführen. Somit ist es in der Praxis wichtig, diese Entscheidungen zwar schnell durchzuführen, aber gleichzeitig erst dann Schlagbewegungen einzuleiten, wenn eindeutige Signale für den Schlag wahrgenommen werden. Geschieht dies früher, ist ein Umentscheiden nötig und somit ein längerer Weg zum Schlag. Gleichzeitig kann ein guter Gegner die Signale für einen gewollten Schlag wahrnehmen und dann zu seinen Gunsten ausnutzen. Beginnt beispielsweise ein Spieler zu früh mit einer Ausholbewegung zur Vorhand, kann der Gegner seine Platzierung weiter in die Rückhand oder auch in die tiefe Vorhand hin ausnutzen.
Es kommt also darauf an, Entscheidungen zwar schnell, aber zuverlässig zu treffen. Dies wird durch eine bessere Antizipation der gegnerischen Platzierung zwar deutlich verbessert. Aber solange es keine zuverlässigen Merkmale einer Antizipation gibt, ist es wichtig, keinen Schlag einzuleiten und die Schläger- und Körperposition so zu wählen, dass sowohl ein Rückhand- als auch ein Vorhandschlag gleich schnell möglich sind. Das heißt, die Körperspannung muss so sein, dass Bewegungen in beide Richtungen schnell möglich sind. Der Schläger muss zudem solange aus der Ausschwungphase vom letzten Schlag in eine neutrale Position geführt werden, bei der er weder Richtung Rückhand oder Vorhand geneigt ist, bis eindeutig ist, welcher Schlag durchgeführt werden muss. Wenn es vorher kein Signal gibt, ist der Schläger komplett bis in eine neutrale Position vor den Körper zu führen. Je langsamer das Spiel ist und je schlechter die Antizipation, desto eher erreicht man die komplette Neutralposition. Unser Experte Martin Adomeit schult daher in den Trainingsgruppen zunächst diese Position zwischen den Schlägen. Die wird aber mit steigendem Spieltempo nicht immer komplett erreicht, sondern findet mehr und mehr in der Ausschwungphase den Übergang in den nächsten Schlag, da ansonsten die Zeit nicht ausreicht. Ebenso ist es aber auch nötig, dass mit steigendem Spieltempo die Schlagbewegungen, sowohl die Ausholbewegung als auch die Ausschwungbewegungen, immer kürzer werden, um die Übergänge zu ermöglichen. Neben der Schlag- und Körperposition ist vor allem auch wichtig, dass der Kopf neutral bleibt und noch keine Entscheidung getroffen hat. Denn nur dann ist eine Bahnung zu beiden Schlägen möglich.
Um diese hohe Entscheidungsqualität in Bezug auf Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit zu erhöhen, gehört das Entscheidungsverhalten zwischen Vorhand und Rückhand und die Übergänge zu den Schlägen sicherlich zum ständigen Trainingsinhalt jedes Leistungslevels. Die meisten Fehler werden hier gemacht, weil die Entscheidungen zu früh getroffen werden. Es kommt also darauf an, sich zwar schnell zu entscheiden, aber erst dann, wenn der Startschuss für eine Entscheidung gefallen ist. Ein Frühstart kann zwar mal gut gehen, hat mit steigendem Gegnerlevel aber katastrophale Folgen. Nur der völlige Anfänger weiß vorher, wo der Ball hinkommt. Spätestens wenn man aber mit der Vorhand und der Rückhand spielen kann, wird die Entscheidung zwischen beiden Schlägen zum Trainingsfaktor.
1. Übung: Übergänge von VH zu RH und RH zu VH
Spieler A : VH-Angriff aus Mitte in RH Spieler B: B in RH
RH-Angriff in RH B in Mitte
usw.
3. Angriff überall
Bei dieser Übung geht es um die Übergänge zwischen Vorhand und Rückhand. Hier sollte darauf geachtet werden, dass gute Positionen zum Ball eingenommen werden. Zur Vorhand wird das rechte Bein leicht zurückgenommen, der Schlag mit einer aktiven Hüftdrehung gespielt. Sollte der Spieler B einen Ball mal etwas falsch platzieren, ist die Übung direkt frei. Ist der Ball also beispielsweise zu weit in Mitte statt in RH, spielt A direkt mit VH. Es geht auch darum, das Gefühl zu entwickeln, dass bei RH-Bällen der Ball vor dem Körper getroffen wird, Bälle die rechts neben den Körper kommen, werden mit VH gespielt.
Zu Übungsgrafik 1
2. Übung: Entscheidungen zwischen RH und VH in der halben RH
Spieler A : VHAngriff/RHAngriff 1/2 RH in RH Spieler B: RHB in 1/2 RH
4. T in VH
frei
Bei dieser Übung kommt es darauf an, sich je nach anfliegendem Ball für VH oder RH zu entscheiden. Je nach Level können hierzu auch mal Klebebänder auf dem Tisch eine Entscheidungshilfe sein. Der Spieler B sollte nach Möglichkeit darauf achten, ob A schon zu einem Schlag ausholt, und dann dagegen spielen. Er soll Fehlentscheidungen versuchen zu erzwingen. Neigt Spieler A dazu, zu oft und zu weit mit der VH zu spielen, sind für Spieler B, falls er es sieht, auch Bälle in tiefe VH erlaubt. Wie bei der ersten Übung sind die Schläge hier als Angriff bezeichnet, denn natürlich ist diese Übung mit eher zentralen Konterschlägen genauso möglich, wie mit Topspins.
Zu Übungsgrafik 2
3. Übung: Entscheidungen in der Eröffnungssituation
Spieler A: KA überall Spieler B: Sch/F in 1/2 RH (R in VH - frei)
VHT/RHT in Mitte B in weite VH
frei
Bei dieser Übung geht es darum, sich nach eigenem Aufschlag zu entscheiden. Auf Sch ist selbstverständlich in der Praxis sehr häufig VHT aufgrund des geringeren Tempos auch aus RH möglich, aber dennoch darf diese Bewegung nicht zu früh eingeleitet werden. Für diesen Fall ist die Alternative des Rückschlägers mit dem Ball zur tiefen VH gedacht. Außerdem ist bei Entscheidungsfehlern natürlich der nächste Ball in tiefe VH schwer zu erreichen.
Zu Übungsgrafik 3
4. Übung: Entscheidungen nach kurzem Rückschlag
Spieler B: KA in VH (HLA - frei) Spieler A: KR
Sch/F in 1/2 RH (R in VH - frei) VHT in RH /RHT in VH
aggressiv diagonal
frei
Hier geht es darum, sich nach dem kurzen Aufschlag in VH wieder in eine mittlere Position zurückzubewegen, um dann beide Schläge durchführen zu können. Bewegt sich der Spieler nach dem KR direkt in eine Schlagposition, sollte der Spieler B dies sofort ausnutzen. Auch bei dieser Übung geht es für den einen Spieler darum, sich gut und richtig, aber nicht zu früh zu entscheiden. Für den anderen geht es darum, Entscheidungsfehler zu provozieren bzw. auszunutzen.
Zu Übungsgrafik 4
Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in drei Nationen (Deutschland, Luxemburg und Belgien) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 52-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er beispielsweise Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zuletzt führte er Nigerias Männerteam zum Mannschaftstitel bei den All African Games und ist damit der erste Trainer, der auf verschiedenen Kontinenten Titel in kontinentalen Mannschaftswettbewerben gewann.
Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist www.lippstadt.tt-store.de.
ados TT-Schule, lippstadt@tt-store.de. Tel. 02941-273385
Zum pdf-Download des Trainingstipps
(Martin Adomeit)
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