Trainingstipp

Tipp: Mach mal halblang - Oft vernachlässigt, aber wichtig!

Halblange Bälle sollten auch im Training probiert werden (©Roscher)

15.09.2015 - Wenn Tischtennisspieler über die Länge von Aufschlägen oder Rückschlägen reden oder diese trainieren, sprechen sie meistens entweder von kurzen oder langen Aufschlägen bzw. Rückschlägen. Für den Wettkampf ist allerdings auch die halblange Länge ein äußerst gefährliches Mittel, das im Training bloß oft vernachlässigt wird. Damit sich dies bald ändert, thematisiert Martin Adomeit diese Länge in seinem heutigen Trainingstipp.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

41 Beispielvideos mit allen Grundschlägen und Varianten? Loggen Sie sich in unseren Community-Bereich ein, klicken sie unter dem Navigationspunkt Training auf E-Learning und schon kann es losgehen!

Bezüglich der Länge von Bällen gibt es drei mögliche Platzierungen: die kurzen, die eindeutig zweimal springen, die langen, die im Bereich der Grundlinie aufspringen, und die halblangen. Bei ihnen liegt der zweite Aufsprung im Bereich der Grundlinie - das heißt, sie landen beim zweiten Tischkontakt womöglich auf der Grundlinie oder fallen knapp über den Tisch. Diese Bälle sind für den Gegner oft sehr gefährlich, da er erst im letzten Moment entscheiden kann, ob er mit der Ausholbewegung unterhalb des Tischniveaus anfangen kann, oder mit dem Schläger über dem Tisch bleiben und somit eher schupfen oder flippen muss. Bei einer zu frühen Ausholbewegung zum Topspin wird er Probleme mit dem Schupf oder Flip haben. Lässt er den möglichen Topspin weg, hat der Schupf oder Flip aufgrund des ungünstigeren Winkels zum Netz und aufgrund der geringeren seitlichen Streuungsmöglichkeiten als bei kurzen Bällen deutlich weniger Qualität. Der Gegner hat in der ohnehin nicht gerade reichlich bemessenen Zeit im Tischtennis eine weitere Entscheidung zu treffen. Zudem ist der Absprung des Balles, da auch der Einflugwinkel flacher als bei einem extrem kurzen Ball sein kann, erheblich flacher und erschwert dem Gegner somit einen extrem schnellen Ball. Da der Gegner den halblangen Ball auch deutlich weiter vom Netz entfernt trifft, ist eine kurze Rückgabe viel schwieriger bis gar nicht möglich. Somit sind die Möglichkeiten des Gegners, auf den halblangen Ball zu antworten, deutlich eingeschränkt.   

Diese beiden Phänomene sorgen dafür, dass gerade in der Spitze extrem viel halblang aufgeschlagen und auch zurückgeschlagen wird. In anderen Spielklassen passiert dies auch, aber eher unabsichtlich, weil die gewollt kurzen Bälle zu lang geraten sind. Dabei kann es gerade hier sehr effektiv sein, da das Entscheidungsverhalten hier sicherlich weniger Qualität hat, die Topspinbewegungen oft etwas länger sind und die Präzision, mit dem Schläger an der Kante vorbeizukommen, ohne sich den Belag aufzureißen oder mit den Fingern am Tisch hängen zu bleiben, sicherlich geringer ist. Also gerade hier kann ein bewusstes Spielen von halblangen Auf- oder Rückschlägen sehr effektiv sein. Dies setzt im Aufschlagbereich und noch mehr im Rückschlagbereich aber eine Portion Training voraus, um so präzise spielen zu können. Gelingt dies nämlich nicht, kann der Gegner jeden Ball eröffnen. Gerade beim Rückschlag müssen aber auch die Einflüsse des gegnerischen Aufschlages auf den Ball und die gespielte Länge deutlich in den eigenen Schlag mit einbezogen werden. 

Ein Bewusstmachen des Phänomens ‚Halblang‘ hilft aber oft schon beim Einsatz dieser Möglichkeit. Es gibt durchaus auch Unterscheidungen zwischen halbkurz - dieser Ball springt das zweite Mal noch auf die Grundlinie - und halblang - dieser Ball hätte seinen zweiten Aufsprung direkt hinter der Grundlinie. Diese Unterscheidungen helfen in der Praxis jedoch nicht entscheidend weiter, denn mit dieser Präzision ist in der Wettkampfsituation bewusst nur schwer zu spielen. Von daher sehe ich in diesem Beitrag von der Unterscheidung ab. Das heißt, der Begriff ‚halblang‘ umfasst auch immer die Bälle, die gerade noch zweimal auf dem Tisch aufspringen.        

Sowohl für Auf- als auch für Rückschläge bietet sich natürlich auch hier ein isoliertes Training dieser Schläge an. Das heißt, es werden nur Aufschläge trainiert, deren zweiter Aufsprung an der Kante sein soll. Beim isolierten Rückschlagtraining schlägt ein Spieler kurz auf, der andere spielt Schupfbälle zurück, die beim zweiten Aufsprung auch die Kante berühren sollen. Hier ist es wichtig, dass der Aufschläger den Schwierigkeitsgrad der Aufschläge Stück für Stück erhöht, bzw. den Schnitt und die Platzierung variiert.     

Neben diesen isolierten Formen ist es aber auch wichtig, dies in Übungen, die weiter gespielt werden, einzusetzen und zu trainieren. Da dem Gegner die Entscheidung schwer gemacht wird, ob er einen Topspin spielen kann oder schupfen bzw. flippen muss, muss nun der Auf- oder Rückschläger, der die halblange Platzierung eingesetzt hat, lernen, mit den unterschiedlichen Antworten umzugehen - das heißt, den etwas gehobenen Topspin auszunutzen oder mit dem geschupften Ball, der vielleicht aber etwas höher ist, etwas anfangen zu können. Der Gegner wird zum Improvisieren gezwungen und nun gilt es, mit diesen Improvisationen etwas anzufangen. Dies ist es, was Tischtennis so richtig interessant macht. Viel Spaß dabei!


1. Übung:   Halblanger Aufschlag über VH 
Spieler A:  HLA in VH (LA in RH - frei)         Spieler B: VHT in 1/2 VH/F in 1/2 VH
                   VHT in Mitte oder VH              
                                                              frei 

Zu Übungsgrafik 1

2. Übung:  Halblanger Aufschlag in RH/Mitte 
Spieler A:  HLA in Mitte/RH (LA in Mitte - frei)      Spieler B: KR/T in RH/Mitte
                  nach T: aggressiver B/T in VH      
                                                              frei
                  nach KR: sSch in RH                                             T in RH/Mitte
           aggressiver B/T in VH 
                                                              frei

Zu Übungsgrafik 2

3. Übung: Halblanger Rückschlag über außen mit VH
Spieler B:  KA in VH (LA in RH - frei)            Spieler A: hlSch in eine Seite    
                  T diagonal/KR                                                aggressiver B/T diagonal/F in VH
                                                              frei                                    

Zu Übungsgrafik 3
                
4. Übung: Halblanger Rückschlag auf Ellbogen  
Spieler  B:  KA überall (LA in RH - frei)        Spieler A: Sch HL auf WP (sSch in VH, frei)
                    T/F in 1/2 VH                                              T in eine Ecke 
                                                              frei            

Zu Übungsgrafik 4

5. Übung: Aufschläger bestimmt den halblangen Ball und wann eröffnet werden soll 
Spieler A: HLA/KR überall                           Spieler B: T in RH/KR
                 wenn T in RH: aggressiv in RH
                 bei KR:         0 - 3 x kurz- kurz
                 dann halblang in Mitte                                   T in RH
                 RHB aggressiv in RH            
                                                            frei

Zu Übungsgrafik 5

6. Übung: Rückschläger bestimmt Eröffnung des Gegners
Spieler B: KA                          Spieler A: 0 - 3 KR
                 KR                                          halblang Sch überall 
                 T überall                                 aktiv übernehmen
                                    frei

Zu Übungsgrafik 6


Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in drei Nationen (Deutschland, Luxemburg und Belgien) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 51-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er zuletzt Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist www.lippstadt.tt-store.de.

Zum pdf-Download des Trainingstipps

(Martin Adomeit)

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.