Emotionaler Moment: Han Ying führt Deutschland ins Finale (©ITTF)
15.08.2016 - Die deutschen Herren im Olympia-Finale? Das werden viele von Dimitrij Ovtcharov und Co. erwarten. Die deutschen Damen im Olympia-Finale? Das ist sensationell. Schon der Einzug ins Halbfinale war für Deutschland historisch, ebenso wie der Gewinn einer Medaille. Nun ist sicher, dass es mindestens die silberne sein wird. Nach einem an Spannung kaum zu überbietenden Match gegen Japan steht Deutschland im Finale und trifft dort auf China.
„Bravo Mädels. Ihr seid die Größten. Der Krimi hat doch glatt die Hockey-Jungs getoppt“, lobte Timo Boll auf Facebook und gratulierte Han Ying, Petrissa Solja und Shan Xiaona damit für eine Leistung, die er mit seinem Team noch erbringen muss: den Einzug ins Olympia-Finale. Schon nach der Auslosung hatte man aus deutscher Sicht zuversichtlich auf das Turnier der Damen geschaut - hatte man doch den verhältnismäßig leichten Einstieg über die USA erwischt und lief man auf die Japanerinnen, denen man bei der WM in Malaysia dieses Jahr bereits Paroli geboten hatte. Dass es am Ende dann aber tatsächlich der Einzug ins Finale wurde, begeisterte nicht nur Timo Boll.
"Ich kann kaum sprechen, meine Gedanken sind überall"
„Wir haben alle mit unseren Herzen gespielt“, beschrieb Petrissa Solja gegenüber der ITTF. „Wir sind unglaublich glücklich und können es gar nicht glauben. Sie waren die Favoriten. Mein Kopf dreht sich und ich kann kaum sprechen, meine Gedanken sind überall. Wir brauchten ein bisschen Glück und mussten unser bestes Tischtennis spielen, um eine Chance zu haben.“ Tatsächlich spielte das Trio auf bärenstarkem Niveau - und auch etwas Glück war dabei. Beim Stand von 2:2 und 10:9 im letzten Einzel zwischen Han Ying und Ai Fukuhara entschied ausgerechnet ein umstrittener Kantenball die Partie. Bis zu diesem Moment nach vier Stunden Spiel war aber weniger Glück mit von der Partie als harte Arbeit, volle Konzentration und tolle Leistungen.
Petrissa Solja begann die Halbfinalpartie gegen Mima Ito, mit der sie noch ein paar Rechnungen offen hat. Die letzten beiden Begegnungen zwischen den beiden Youngstern bei den German Open 2015 und 2016 gingen jeweils knapp an die 15-jährige Japanerin. Auch das Auftakteinzel in Rio verlief eng. Die Partie schwappte hin und her und wurde im fünften Satz entschieden, in dem Solja bereits mit 3:9 zurückgelegen hatte. Nervenstark zog die Deutsche, deren Einzelwettbewerb schon nach dem ersten Spiel beendet war, noch an Ito vorbei und schnappte ihr den Sieg mit 14:12 vor der Nase weg. Han Ying nahm den Faden auf und erspielte sich gegen Kasumi Ishikawa eine 2:0-Führung, die sie allerdings nicht nach Hause bringen konnte. Die starke Japanerin kämpfte sich zurück ins Spiel, übernahm die Kontrolle und bezwang die Abwehrspielerin noch im fünften Satz.
Doppel holt deutsche Führung zurück
Auch das Doppel zwischen Shan Xiaona/Petrissa Solja und Ai Fukuhara/Mima Ito war hart umkämpft. Diesmal waren es die Japanerinnen, die mit 2:1 in Führung gingen und dann noch überholt wurden. Nach spektakulären Ballwechseln und Tischtennis auf sehr hohem Niveau brachte das Berliner Duo Deutschland wieder in Führung. Nach diesem nervenaufreibenden Doppel blieb Shan keine Zeit zur Erholung. Sie musste gleich ins Einzel gegen Kasumi Ishikawa, die für den einzigen deutlichen Sieg des Abends sorgte. Zwar waren Satz Nummer zwei und drei hart umkämpft, am Ende stand jedoch ein 3:0 auf der japanischen Habenseite. Somit musste die Entscheidung über den Einzug ins Finale im fünften Spiel fallen.
In der Weltrangliste sind Han Ying und Ai Fukuhara direkte Nachbarinnen. Kein Wunder also, dass sich auch diese Partie zu einem echten Krimi entwickeln sollte. „Ich habe mir selbst gesagt, dass ich nicht an die Medaille denken darf und mich bloß auf jeden Ball und das Spiel konzentrieren muss“, erklärte Han Ying der ITTF. Das Abwehrass verlor zwar den ersten Satz, brachte sich dann aber mit 2:1 in Führung, bevor Ai Fukuhara die Entscheidung über Finale oder Spiel um Platz drei in den fünften Satz verlegte. Am Ende war es Han Ying, die sich beim Stand von 9:9 den ersten Matchball sicherte. Dass dieser unhaltbar von der Kante absprang und das Spiel so entschieden wurde, war sicher ein unschönes Ende eines großartigen Halbfinales. Die Japaner beschwerten sich, dass der Ball die Seite des Tisches getroffen habe, aber die Entscheidung des Schiedsrichters stand: Deutschland war ins Finale eingezogen. „Ich war sicher, dass der Ball wirklich auf dem Tisch war“, versicherte Han. „Der Kantenball war gut, es war ein Punkt, aber ich kann trotzdem verstehen, dass die Japaner bis zum Ende kämpfen wollten.“ Für die deutschen Damen bedeutet der Finaleinzug die erste olympische Medaille der Geschichte. Dabei soll es nach dem Geschmack des Trios aber nicht bleiben. „Nun möchte ich, dass die Medaille auch noch die richtige Farbe hat“, erklärte Han und schielt damit auf das Endspiel in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Da wird dann Favorit China warten, der mit Singapur im Halbfinale kurzen Prozess gemacht hat.
So haben sich die Herren geschlagen!
Halbfinale
Deutschland – Japan 3:2 (zum Video des Spiels)
Petrissa Solja - Mima Ito 3:2 (-5,4,-8,6,10)
Han Ying - Kasumi Ishikawa 2:3 (6,9,-6,-6,-8)
Shan Xiaona/Petrissa Solja - Ai Fukuhara/Mima Ito 3:2 (6,-10,-7,9,7)
Shan Xiaona - Kasumi Ishikawa 0:3 (-2,-11,-12)
Han Ying - Ai Fukuhara 3:2 (-7,9,4,-6,9)
China - Singapur 3:0
Spiel um Platz drei
Japan - Singapur, Dienstag 16 Uhr
Finale
Deutschland - China, Mittwoch 0:30 Uhr
(JS)
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