Werner Schlager erzählt im Interview, welche Schlüsse er aus seinem WM-Auftritt zieht (©Brockmann)
03.03.2016 - Werner Schlagers Comeback hat kurz vor der WM sowohl in Europa als auch in Asien hohe Wellen geschlagen. Vor Ort konnte der Ex-Weltmeister trotz seiner 43 Jahre überzeugen und gewann drei von vier Spielen - zuletzt heute sein Einzel gegen den Hongkong-Chinesen Ho Kwan Kit. Im Interview mit myTischtennis.de erzählt er, ob er jetzt Blut geleckt hat und künftig wieder auf World Tour-Turnieren oder in der Liga zu sehen sein wird.
myTischtennis.de: Schwirrte dir die Comeback-Idee schon seit längerer Zeit im Kopf herum oder kam das eher spontan wegen Daniel Habesohns Absage?
Werner Schlager: Ich habe eigentlich schon im letzten September, als mein Sohn in die Schule kam, wieder sehr viel trainiert und an meiner Fitness gearbeitet. Da habe ich ziemlich schnell gemerkt, dass ich doch wieder recht gut spielen kann, und habe mich zu Beginn des Jahres dem Verband angeboten. Ich habe ihnen gesagt, dass ich bereit stehe, wenn sie glauben, dass es von Vorteil ist, dass ich mitspiele - dann mache ich die Vorbereitung und auch mehr. Damals war ganz klar, dass sie mich nicht brauchen. Das war für mich auch komplett okay. Durch Daniel Habesohns Ausfall ging es dann alles ziemlich schnell. Am Dienstag habe ich erfahren, dass er nicht fliegen kann, dann habe ich den Verband noch einmal daran erinnert, dass ich da bin und gerade erst Dimitrij Ovtcharov bei den Energis Masters geschlagen habe, und am Donnerstag gab es schon eine Sitzung mit dem ÖTTV. Da wurde dann entschieden, dass ich mitfahre.
myTischtennis.de: Du hast dich in den vergangenen drei Jahren zwar fit gehalten, aber internationale Vergleiche gab es nicht. Gleicht deine Erfahrung das bei solch einer WM aus?
Werner Schlager: Ja. Das Spielerische mache ich ja schon seit über 35 Jahren, das verlernt man nicht. Das Problem ist eher das Körperliche. Die Automatik weiß, was du tun solltest, aber es fehlen dann vielleicht ein paar Zentimeter. Du kannst nicht das spielen, von dem du weißt, dass du es spielen könntest, wenn du fit wärst. Für die Älteren ist das um so schwieriger, da das Spiel prinzipiell immer mehr den Körper fordert, zum Beispiel durch die Plastikbälle oder die größeren Bälle. Die Jungen spielen ein ganz anderes Spiel, machen nur noch Aufschlag, dann den Backhand-Flip und schließlich Contra-Spin über den ganzen Tisch. Und das finde ich schade, weil das Tischtennis, das ich gelernt habe, viel vielseitiger war. Das ist mit ein Grund, warum ich ganz zufrieden mit meinem Abschneiden hier sein kann. Denn wenn ich längere Zeit nicht mehr an internationalen Turnieren teilgenommen habe, haben die Leute schon wieder vergessen, welche Variationen ich spiele und wie sie gegen mich spielen müssen. Natürlich arbeitet man noch selbst daran und versucht immer wieder neue Sachen. Das hilft halt nachher, weil meine Stärke die Vielseitigkeit ist und dass ich mich auf jeden Gegner sehr gut einstellen kann. Das heißt, ich suche so lange nach ein paar Dingen, von denen ich weiß, dass mein Gegner dort eine Schwäche hat, und versuche, das anzuwenden. Bisher lief das ganz gut.
myTischtennis.de: Das kann man so sagen. Du hast hier eine 3:1-Bilanz gespielt - da kann man schon mit zufrieden sein. Würdest du sagen, du hast jetzt Blut geleckt und es geht für dich doch noch weiter in Richtung World Tour oder Liga?
Werner Schlager: Nein. Ich habe natürlich sofort Angebote erhalten, das ist keine Frage, wenn die Leute sehen, dass der Schlager wieder halbwegs fit ist. Aber es ist halt was anderes, einmal eine WM zu spielen und vier Matches zu machen, als wenn man das ganze Jahr über Liga und Champions League spielt. Das ist für den Körper etwas ganz anderes. Man muss das ganze Jahr über Fitness machen und sehr viel Zeit reinstecken, sich wieder mehr mit den Gegnern beschäftigen. Ich sage es ganz ehrlich: Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis passt da nicht. Ich kann sehr viel einfacher Geld verdienen, indem ich von den Leistungen, die ich schon gebracht habe, profitiere, indem ich zum Beispiel zehnmal im Jahr nach China fahre - da verdiene ich wahrscheinlich das Dreifache als in der Bundesliga. Warum sollte ich das nicht machen und zum Beispiel wieder Pro Tour spielen, zu den German Open fahren? Da zahle ich pro Tag 200 Euro, dann muss ich vier super Spiele machen, damit ich vielleicht in die zweite Runde komme und habe dann vielleicht 400 Euro Preisgeld. Das heißt, ich mache wahrscheinlich Minus, muss aber total fit sein. Das ist für einen jungen Spieler natürlich wichtig, weil er diesen harten Weg gehen muss. Aber für mich wäre das Blödsinn.
myTischtennis.de: Und auch der Spaß an der Sache kann dich nicht überzeugen…?
Werner Schlager: Es macht natürlich riesig Spaß, aber ich habe jahrezehntelang versucht, mich auf höchstem Niveau zu messen und ich glaube, es ist dumm, wenn man glaubt, dass man mit 43 Jahren gegen im Schnitt 20-Jährige positive Ergebnisse in einem Spiel bringt, das immer körperlicher wird. Ich kann natürlich ein paar Spiele gewinnen, aber dann verliere ich wieder, weil ich dann einfach zu müde bin. Man weiß ja, dass man eigentlich gut spielt. Die große Schwierigkeit ist aber, richtig einzuschätzen, wie lange man das halten kann. Natürlich ist man motiviert, wenn man so gut spielt wie ich jetzt in den letzten Tagen - und natürlich will man gleich morgen weitermachen. Aber man muss einfach zu sich selbst ehrlich sein und sich sagen: Du hast das schon hinter dir. Es ist immer schön gewesen, aber jetzt ist eine andere Zeit angebrochen, die Zeit der Reserveteilnahme. Das heißt, wenn ich mich explizit auf etwas vorbereite, kann ich da meine Leistung bringen, das schaffe ich noch. Aber für den ganzen Zirkus habe ich keine Motivation mehr.
(JS)
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