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Leserbrief: Gelebte Inklusion sollte Mut machen

Unser Leser Bernd Richter äußert sich zum Thema Inklusion im Tischtennis. (©Fabig)

05.06.2023 - Gelebte Inklusion spielt in der Organisation des DTTB sowie in allen 18 Landesverbände eine übergeordnete Rolle. Durch viele Aktionen werden für Tischtennisspielerinnen und -spieler mit Behinderung Strukturen geschaffen, die es ihnen auch im Sport möglich machen, weiter als wertvoller Teil der Gesellschaft angesehen zu werden. Bernd Richters Leben veränderte sich 2007 durch einen Schicksalsschlag. Der Niedersachse berichtet im Leserbrief über seinen Weg zurück an den Tisch.

Als Rollstuhlspieler (seit ca. einem Dreivierteljahr) möchte ich anderen Betroffenen Mut machen. Tischtennis ist ein Sport, den man durch gelebte Inklusion sein Leben lang und auch mit gesundheitlichen Einschränkungen ausüben kann. Ich spiele seit 1966 Tischtennis, zunächst im Raum Hannover und dann von 1998 bis 2011 in den Kreisligen in Sachsen-Anhalt im Bereich Stendal - jeweils als Fußgänger. Es hat nie dafür gereicht, als Stammspieler höher aufgestellt zu werden als auf Kreisebene. Tischtennis war immer mein Sport, den ich ausüben wollte, solange ich einen Schläger halten kann. Wer rechnet schon damit, dass auf einmal psychisch und als Ergebnis dadurch körperlich nichts mehr geht? 

Schwierige Vereinssuche als Rollstuhlfahrer

Als es mich im Dezember 2007 erwischte, machte der Kopf zu. Aber am Tisch stehen und spielen ging ja immer noch. 2010 hatte ich kein Gefühl mehr in den Beinen und 2011 kippte ich am Tisch um. Es schien alles vorbei zu sein - kein Tischtennis mehr. Ich zog 2014 wieder in den Raum Hannover zurück, auch in der Hoffnung, meine Beine wieder besser nutzen zu können. Aber daraus wurde nichts. 2017 kam ich unters Messer, um eine Lähmung der Beine zu verhindern, was auch gelang. Aber an Tischtennis war nicht mehr zu denken und ich saß in der Wohnung fest. Gut drei Jahre konnte ich sie nicht verlassen. 

Ich suchte und fand eine behinderten- und seniorengerechte Wohnung, so dass ich mit dem von der Krankenkasse zur Verfügung gestellten E-Rollstuhl meine Wohnung verlassen konnte. In der Reha versuchte ich, im 'E-Rolli' Tischtennis zu spielen und irgendwie traf ich auch den Ball. Jetzt sollte ein Verein her, jedoch gestaltete sich das viel schwieriger als gedacht.

Eine Behinderung schränkt ein, schließt aber im Sport nichts aus

Durch Zufall stieß ich auf die Internetseite des Turn-Klubb Hannover (TKH), bei dem ich jetzt aktiv bin. Dort wurde ich sofort angenommen. Im TKH spielen auch die Fußgänger mit mir und, wie ich heute weiß, auch mit anderen Mitgliedern, die gesundheitliche Einschränkungen haben. Bei uns im TKH gibt es Spieler mit Parkinson, was den TKH veranlasste, mit dem Verein PingPongParkinson eine Kooperation einzugehen. Aber bei uns gibt es auch Spieler mit anderen Einschränkungen (u.a. künstlichen Gliedmaßen). 

Ich könnte mir vorstellen, dass gerade in einer größeren Stadt wie Hannover oder auch anderswo noch viele Menschen leben, die wieder oder auch als Anfänger gerne Tischtennis spielen würden. Unsere 'Rollis‘ sind zwischen 15 und wie ich 72 Jahre alt. So ist es auch bei den anderen Spielern mit Einschränkungen. Es wäre schön, wenn noch mehr Menschen die Angebote von Vereinen, die solch eine Inklusion anbieten, nutzen würden. Für mich persönlich wäre es toll, noch mehr Mitspieler zu haben, die sich trotz Behinderung trauen und ihnen das Gefühl mitzugeben, dass ihre Behinderung zwar vieles einschränkt, aber nichts beendet oder ausschließt!

INFO: Vom 17. bis 25. Juni finden in Berlin und damit erstmals auf deutschem Boden die Special Olympics World Games (größte inklusive Sportveranstaltung weltweit) statt. 

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Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Auswahl und sinnwahrende Kürzungen behalten wir uns vor.

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