Amateure

Von Rekordkulissen und Cheerleadern im Amateur-Bereich

157 Zuschauer sahen das Bezirksligaspiel zwischen dem TTV Erlbach und dem VfB Lengenfeld II (©Polster/TTV Erlbach)

04.02.2016 - Wirft man einen Blick in die Hallen mancher Amateurvereine – gerade in den unteren Spielklassen im Tischtennis – fällt auf: Zuschauer sucht man dort teilweise vergeblich. Das ist nicht überall so. Wir haben uns in verschiedenen Verbänden umgehört und stellen Ihnen mit dem SC Buschhausen, dem TTV Erlbach, dem FC Bennigsen, dem TSV Lunestedt, dem TTC Albungen und dem TV Waal einige positive Gegenbeispiele vor.

Eine vermeintliche Rekordmarke im Amateurbereich stellte vor zwei Jahren der TSV Lunestedt auf. Damals nahm der Verein am europäischen Intercup teil und konnte im Spiel gegen den französischen Zweitligisten Morez Haut Jura mehr als 350 Zuschauer verbuchen. Auch sonst waren und sind die Niedersachsen mit regionalen Spielern in den eigenen Reihen ein Zuschauermagnet, zu den Partien des Regionalliga-Aufsteigers kamen im Saisonverlauf bisher im Schnitt 166 Zuschauer.

Einen ähnlich guten Mittelwert von 144 Zuschauern weist in der Regionalliga West der SC Buschhausen auf. Dieser Klub bietet bei seinen Heimspielen ein attraktives Rahmenprogramm mit DJ, Hallensprecher, Cheerleadern, Maskottchen und einer Wahl über den wichtigsten Spieler an. Denn, wie der SC-Vorsitzende Michael Lange es beschreibt, sei „Tischtennis kein Stummfilm. Unseren Zuschauern wird nicht – wie so oft üblich – der Mund verboten. Anfeuern, Schlachtrufe, Fangesänge sind ausdrücklich erwünscht.“ Bei der Zusammenstellung der Mannschaft sei auf ‚Local Heroes’ geachtet worden, also Spieler, die aus den eigenen Reihen stammten und zu 100 Prozent integriert seien. „Diese haben oft noch einmal 10-20 persönliche Fans im Gepäck“, so Lange. Darüber hinaus gebe es einen Dauerkartenverkauf, es würden zu jedem Heimspiel 200-250 persönliche Einladungen verschickt und eine Tribüne mit 160 Sitzplätzen aufgebaut. "Der Fanclub umfasst 60 Personen, zudem betreibt unser Verein aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ist in den sozialen Medien präsent."

Elektrische Zählgeräte, Fanartikel und eigene App beim TTV Erlbach
Einige Ligen tiefer, in der 2. Bezirksliga West im Bezirk Chemnitz, der neunten Spielklasse, geht der TTV Erlbach an den Start. Am Wochenende traf der Klub auf den Rivalen VfB Lengenfeld II. Sage und schreibe 157 Zuschauer erlebten diese in die Ringerhalle Markneukirchen ausgelagerte Partie mit, auch wenn die Gäste am Ende mit 10:5 die Oberhand behalten sollten (hier geht’s zur Bildergalerie zum Spiel!). Selbst bei ‚gewöhnlichen’ Spielen kann sich das Zuschaueraufkommen von durchschnittlich 50 Personen in den letzten sechs Jahren sehen lassen – denn das reicht fast an den aktuellen Schnitt der 3. Bundesligen der Herren heran (Süd: 59, Nord: 80). Sogar bei Spielen in der Fremde ist die Begeisterung groß, für eine Auswärtstour im Jahr 2010 wurde ein Reisebus gechartert, der 47 Anhänger ins etwa 30 Kilometer entfernte Straßberg brachte. Für Derbys oder Aufstiegsspiele organisierte der Verein danach regelmäßig Auswärtsfahrten, die mit 30-40 Personen gut angenommen wurden.  

Warum die Begeisterung und die Anhängerschaft in Erlbach so groß sind? Kevin Stölzel, der beim Klub u.a. für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, berichtet: „Wir betreiben vor den Spielen Werbung, bringen im Umkreis Plakate an, arbeiten eng mit der lokalen Presse zusammen und kündigen die Spiele dort an, schicken zudem Spielberichte hin. Regelmäßig werden auch Beiträge auf unser Internet- und Facebookseite veröffentlicht.“ Die Anschlagzeit sei mit Samstagabend 18 Uhr recht günstig gelegt. Ein Imbiss versorge die Zuschauer mit diversen Snacks, zudem ständen nichtalkoholische und alkoholische Getränke (u.a. ein vereinseigener Schnaps) bereit. Durch die Einnahmen daraus und mit der Unterstützung von Sponsoren seien vor drei Jahren elektrische Zählgeräte angeschafft und das Licht auf Bundesliga-Standard gebracht worden, der Eintritt sei dennoch weiterhin kostenlos. „Lediglich beim Event gegen Lengenfeld haben wir 2 Euro verlangt, der Erlös fließt aber vollständig in unsere Jugendarbeit.“ Zusätzlich spülten Fanartikel wie Aufkleber, Feuerzeuge und Fanshirts ein paar Euro in die Vereinskasse, selbst ein Tippspiel und eine eigene App biete der TTV Erlbach an. „Wir betreiben einen großen Aufwand, aber es zahlt sich aus, ohne die Mühen wären wir heute nicht so weit. Aktuell haben wir mehr Zuschauer als die beiden Fußballklubs hier im Ort“, so das Fazit von Kevin Stölzel.

Die Nummer eins der ersten Mannschaft, André Czinkewitz, erklärt: "Die Anzahl der Zuschauer und die Stimmung sind außergewöhnlich – ich würde sogar von Einzigartigkeit in dieser Spielklasse sprechen. Ich möchte den Bezirksligisten sehen, der vor mehr als 150 Zuschauern Tischtennis spielen darf. Natürlich ist der Druck um ein Vielfaches höher als bei einem Auswärtsspiel, aber natürlich auch der positive Effekt, wenn die Halle kocht.“

Großer Zusammenhalt zwischen den Mannschaften in Bennigsen
Auch die Partien in der Bezirksoberliga beim niedersächsischen Klub FC Bennigsen ziehen im Durchschnitt 50 Menschen an, der Höchstwert dort liegt bei 130 Zuschauern. Robin Hrassnigg, Leiter der Tischtennis-Abteilung des Vereins, macht als einen Hauptgrund aus: „Der Zusammenhalt bei uns ist gut, die Herren-,Damen- und Jugendmannschaften kennen sich untereinander sehr gut, da spielt jeder mit jedem im Training. Dabei wird dann auch über die am Wochenende anstehenden Spiele gesprochen. Außerdem hängen wir Plakate auf und schicken E-Mails über einen Verteiler heraus.“ Über Freunde darauf aufmerksam gemacht würden inzwischen auch Leute zu den Spielen kommen, die mit Tischtennis eigentlich gar nichts zu tun hätten. „Für die Spieler ist die Unterstützung motivierend, das Publikum ist fair, da gibt es keine Gegröle.“ Die Tischtennisabteilung habe im Allgemeinen eine tolle Entwicklung genommen, aus wenigen Mannschaften vor elf Jahren seien inzwischen 23 entstanden. "Wir setzen weiterhin auf kontinuierliche Arbeit, ein hohes Engagement beim Jugendtraining und wollen uns stets sportlich unter hohem Gemeinschaftsengagement weiterentwickeln."

Ebenfalls in der Bezirksoberliga spielt die erste Mannschaft des TTC Albungen. Bei gerade einmal 300 Einwohnern weist der nordhessische Ort einen Schnitt von knapp 60 Zuschauern pro Heimspiel auf. Ein Derby im Januar sahen sich sogar 120 Zuschauer an. Die Nummer eins, Nico Beck, sagt: "Mit Trommeln, Rasseln und Glocken wird im kleinen Dörfchen an der Werra eine Atmosphäre erzeugt, die in dieser Spielklasse wohl einzigartig sein dürfte. Das Beispiel des TTC Albungen zeigt, dass es möglich ist, mit viel Leidenschaft und Herzblut Menschen für unseren Sport zu begeistern – und die Hallen zu füllen. Egal in welcher Klasse."

Regelmäßig mehr als 30 Zuschauer begrüßt der bayerische Klub TV Waal im Allgäu zu den Heimspielen der 1. Mannschaft in der 1. Bezirksliga, bei Spitzenspielen sogar über 100. Die Hintergründe für den Erfolg sind auch hier ähnlich. Helmut Heim, der 1. Vorsitzende des Klubs: „Die Identifikation mit den Spielern, die aus der Umgebung kommen, ist groß. Wir haben insgesamt 14 Mannschaften. Aus dem ganzen Verein kommen die Leute zu den Spielen unserer Ersten.“ Heimspielpläne im Visitenkartenformaten würden vor der Saison verteilt, bei Partien vor heimischer Kulisse gäbe es gegen eine freiwillige Spende Kuchen und Kaffee sowie zehn verschiedene Kaltgetränke zu fairen Preisen.

Kennen Sie auch einen Verein, der regelmäßig vor großem Publikum spielt? Berichten Sie von Ihren Erfahrungen!

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(DK)

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