Amateure

Amateur-Thema: Hallen als Flüchtlingsunterkünfte

In manchen Fällen hat die Flüchtlingswelle indirekt Einfluss auf den Spielbetrieb (©Roscher)

01.11.2015 - Krisen, Kriege und Armut treiben Menschenmassen aus verschiedenen Teilen der Welt nach Deutschland. Um der Situation Herr zu werden und angemesse Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen, müssen verstärkt Hallen zu solchen umfunktioniert werden, was dann auch Tischtennisvereine betrifft. Wir sprachen mit Vertretern des DSC Wanne-Eickel, Borussia Dortmund (beide WTTV) und des TSV Buntentor (FTTB).

Insbesondere die Stadt Dortmund ist stark von den Flüchtlingswellen betroffen, da die Westfalenmetropole mit der Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney erster Ankunftsort für Neuankömmlinge in Nordrhein-Westfalen ist. So musste der BVB seine eigentliche Spielstätte schon vor drei Jahren zum ersten Mal räumen und für zwei Monate in eine andere Halle umziehen. Das ist in Dortmund kein leichtes Unterfangen, da viele Hallen nicht den Lichtansprüchen entsprechen. Auch in der letzten Saison mussten die Borussen in eine andere Halle ausweichen und zu Beginn dieser Saison wiederholte sich die Situation. Aktuell trainieren und spielen die Mannschaften des Vereins in einer in Grundschul-Turnhalle in Dortmund-Lanstrop.

Björn Helbing, Spieler der ersten Mannschaft (2. Bundesliga) erklärt: „Die haben wir genau wie unsere eigentliche Halle jeden Tag zur Verfügung, was natürlich gut ist. Allerdings passen dort nur fünf bis sechs Tische hinein, an den wichtigsten Trainingstagen sind davon zwei für die erste Mannschaft reserviert.“ Insgesamt habe die Trainingsbeteiligung etwas nachgelassen, da Lanstrop am Stadtrand von Dortmund liege und manche Spieler mit öffentlichen Verkehrsmitteln schon einmal 1,5 Stunden bräuchten. „Bei Spielen bekommen wir gerade so zwei Boxen nach Zweitliga-Richtlinien aufgestellt. Bei den weiteren Mannschaften des Vereins sind aber die Spiele von zwei Mannschaften gleichzeitig möglich“, so Helbing weiter. Wie die Vereinsmitglieder auf die Umstellung reagieren? „Der BVB selbst ist ein Verein, der multikulturell ist. Da gibt es keinen, der negativ eingestellt ist, weil die Hintergründe allen bekannt sind. Aber für den Klub selbst ist es eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Die Politik ist im Bezug auf Lösungsansätze im Moment eher ratlos, das zieht sich bis zu uns durch.“

In Wanne-Eickel stand plötzlich das THW in der Halle
Gerade einmal 20 Kilometer von Dortmund entfernt liegt Wanne-Eickel. Auch der hier ansässige DSC kann seine Halle momentan nicht nutzen. Schon im ersten Quartal hatte der Verein diese räumen müssen, seit dem ersten Spieltag ist sie nun wieder belegt. „Beim ersten Mal stand an einem Mittwochabend, als gerade Training war, das THW bei uns in der Halle und sagte, dass wir raus müssten. Beim zweiten Mal bekamen wir eine E-Mail, hatten da zumindest einen Vorlauf von einer Woche“, erzählt Jörg Stöck, der Sportliche Leiter des DSC Wanne-Eickel. Infolgedessen habe man sich bei Vereinen im Umfeld umgehört und sei bei einem benachbarten Klub untergekommen. Da könne man trainieren und die eigenen Spiele austragen. „Zudem haben wir von der Stadt noch eine andere kleine Halle bekommen. Vom Sport- und Bäderamt und der Leitung von Ulrich Lawo erfahren wir da große Unterstützung“, so Stöck. Eigentlich hätte der Verein in diesem Jahr die Kreismeisterschaften ausrichten sollen. Da keine geeignete Ersatzhalle gefunden werden konnte, fielen diese allerdings aus und wurden nur bei den Jugendlichen nachgeholt. „Gerne hätten wir durch die Ausrichtung Gelder generiert“, sagt Jörg Stöck, der ergänzt: „Der Großteil unserer Spieler hat aber Verständnis für die Situation, denn hier geht es schließlich ‚nur’ um Tischtennis. Das Vereinsleben leidet dennoch ein wenig darunter.“

ATS Buntentor bietet helfende Hände an
Auch in Bremen beim ATS Buntentor und bei TURA Bremen hat man das so wahrgenommen und sich deshalb in offenen Briefen an die lokale Politik gewendet. Sowohl TURA als auch der ATS betonen in ihren Stellungnahmen, dass Vereine einen wesentlichen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft leisten würden und dass dies zum Erliegen komme, wenn die Hallen belegt seien. Buntentor geht sogar noch einen Schritt weiter. „Wenn man mit offenen Augen durch Bremen fährt, gibt es genug Möglichkeiten, mit relativ kleinen Umbaumaßnahmen kurzfristig Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen. Hierzu müssen vielleicht auch mal Wege gegangen werden, die nicht so im politischen Lehrbuch stehen“, schreibt der Verein in seinem offenen Brief, in dem er anbietet, das leerstehende Gebäude eines Baumarktes mit der Arbeit der eigenen Mitglieder zu Wohnraum umzubauen. Das allerdings ist zu einem Drittel an die Firma Airbus vermietet ist, weshalb die Idee nicht umgesetzt werden kann. „Wir warten dennoch, dass die Politik in Schwung kommt. Wir haben bei uns im Verein Leute, die solche leerstehenden Gebäude herrichten würden und hoffen da auf Resonanz“, schildert Andreas Gutberg, der 1. Stellvertretende Vorsitzende des Vereins, die Situation. „In Bremen gibt es 30 Großraumturnhallen, 16 oder 17 davon sind inzwischen schon von Flüchtlingen belegt.“ Die Unterbringen in Turnhallen sehe er als „viel zu kurz gedacht“ an. Die Tischtennisabteilung des Klubs sei aufgrund eines vereinseigenen Sporthauses im Übrigen nicht davon betroffen. Die Zeiten, in denen das Sporthaus nicht genutzt werde, wolle man angeben, damit "auch andere Vereine es nutzen können", so Gutberg zum Abschluss.

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(DK)

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