Buntes

Neue Materialrevolution? Asiaten wollen Hölzer ohne Holz

Aktuell müssen 85 % des Holzes aus natürlichem Holz bestehen (©STIGA)

16.05.2017 - Wenn einmal im Jahr die ganze Tischtenniswelt zur WM zusammenkommt, nutzt die ITTF diese Gelegenheit auch dazu, bei der Jahreshauptversammlung und Vorstandssitzung über neue Ideen und Verbesserungsvorschläge zu diskutieren. Wir haben uns schon einmal im Vorhinein angeschaut, welche Anträge in diesem Jahr verhandelt werden, und sind auf einen interessanten Vorschlag aus Hongkong und Korea gestoßen, der gar keine schlechten Chancen hat, durchzukommen.

Im Badminton, Tennis und Squash hat man sich bereits von den alten Restriktionen verabschiedet. In diesen Sportarten wurde früher, wie noch heute im Tischtennis, vorgegeben, aus welchem Material - nämlich vornehmlich Holz - die Schläger gefertigt sein sollen. Wenn es nach dem Hongkonger und Koreanischen Tischtennisverband geht, soll mit Tischtennis die nächste Rückschlagsportart nachziehen und es den Sportlern künftig offen lassen, auf welches Material sie ihre Beläge kleben. Die beiden asiatischen Verbände stellen bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung der ITTF die Freigabe des Schlägermaterials zur Abstimmung.

Nach ihrem Vorschlag könnte im Paragraphen A 4.2, wo bislang vermerkt war, dass „mindestens 85 % des Blattes, gemessen an seiner Dicke, aus natürlichem Holz bestehen müssen“, künftig folgender Passus zu finden sein: Das Blatt soll aus einem oder mehreren Schichten natürlichen Holzes oder anderer stabiler Materialien bestehen - mit dem Zusatz, dass diese keine Hohlräume aufweisen und nicht pressbar sein dürfen. Als Argument für ihren Vorschlag dient den Asiaten der Fakt, dass Hölzer aktuell nicht von der ITTF zugelassen werden und die 85 %-Regel nur schwerlich auf Turnieren überprüft werden kann. Sie stellen dem entgegen, dass eine Freigabe des Materials innovative Ideen von Entwicklern und Herstellern erlaube, so dass womöglich billigere und langlebigere Schläger auf den Markt kommen. Falls die Entwicklung in eine unerwünschte Richtung gehe, habe die ITTF ja auch stets die Möglichkeit, die Regelung wieder anzupassen.

Schon voriges Jahr 73 % dafür

Das Interessante an diesem Vorschlag ist, dass er bereits im vergangenen Jahr in ähnlicher Form vorgetragen wurde und dort nur knapp gescheitert ist. 73 % der Verantwortlichen stimmten damals für die Veränderung, 75 % wären notwendig gewesen. Aus diesem Grund räumt Torsten Küneth, Mitglied des ITTF-Materialkomitees, dem Vorschlag in diesem Jahr sehr gute Chancen ein, angenommen zu werden, und bemüht sich mit seinen Kollegen darum, dass auch die Bedenken nachher im Regeltext berücksichtigt werden. Ob das ITTF-Materialkomitee den Abgeordneten der Jahreshauptversammlung allerdings die Empfehlung ausspricht, den Vorschlag anzunehmen, hat das Komitee noch nicht entschieden. „Es gibt noch ein paar Punkte, die diskussionswürdig sind“, erklärt Küneth. „Im Antrag heißt es zum Beispiel, dass das Material billiger werden könnte, der Schuss könnte aber auch genauso nach hinten losgehen. Es könnte absolutes Hightechmaterial entwickelt werden, das sich finanzschwächere Spieler nicht leisten können, so dass ein zusätzliches Ungleichgewicht geschaffen wird.“ 

Neben den neuen Möglichkeiten für Hersteller und Marken, die diese sicherlich begrüßen dürften, könnte eine solche Veränderung auch neue Variation ins Spiel bringen. „Hier ist allerdings die Frage, ob man das überhaupt will“, gibt Küneth zu bedenken und erinnert an das Verbot der glatten langen Noppen, die damals ja auch Variation ins Spiel brachten. Wenn es kein Zulassungsverfahren für Schläger gibt, könnte eine Freigabe des Materials dazu führen, dass Spieler im Unklaren darüber sind, welche Eigenschaften sie beim Material des Gegners zu erwarten haben. Falls ihr Antrag nicht durchkommt, plädieren die beiden asiatischen Verbände dafür, dass zumindest Tests mit anderen Materialien vorangetrieben werden.

Kampf gegen Tuning, Zählung der internationalen Doppel

Der Antrag der Hongkonger und Koreaner ist aber natürlich nicht der einzige Vorschlag, der im Rahmen der WM verhandelt wird. Ein anderer zielt ebenfalls in Richtung Material und bezieht sich auf die Tuning- und Booster-Problematik. Wer Booster verkauft, soll zukünftig keine ITTF-geprüften Materialien verkaufen dürfen. Damit sollen Unternehmen, die verbotene Substanzen anbieten und Tuning damit erst ermöglichen und dazu motivieren, Steine in den Weg gelegt werden, diese Praktiken in Zukunft fortzuführen. Der Kampf gegen Tuning wird laut Küneth aber auch unabhängig von diesem Antrag weitergeführt. Die vom Regensburger Professor Hubert Motschmann vorgeschlagene Methode, die mit einem etwa 85 kg schweren Messgerät durchgeführt wird, ist für die Anwendung auf Turnieren laut Küneth nicht praktikabel. Eine nachträgliche Überprüfung im Labor sei dagegen möglich, wenn die Profis ihre Beläge nach dem Spiel vom Schläger nehmen und einschicken lassen. Die Entscheidung darüber, ob solche nachgelagerten Tests eingeführt werden, sei aber noch nicht gefallen. 

Ein Antrag des Chinesischen Tischtennisverbands bezieht sich auf die aktuelle Handhabung der internationalen Doppel bei Weltmeisterschaften. Jede Nation - mit Ausnahme der Gastgebernation - darf bei der WM in Düsseldorf zwei Doppel pro Geschlecht stellen. Ist ein Spieler an einem internationalen Doppel beteiligt, wie etwa Ma Long, darf der Verband nur noch ein weiteres Doppel aufstellen, obwohl ja nur ein chinesischer Spieler beteiligt ist. Ist man also an zwei internationalen Doppeln beteiligt, spielen nur zwei, statt vier möglichen Landsmännern in diesem Wettbewerb mit. Das führe laut Chinesischem Verband nicht dazu, dass Nationen zur Bildung solcher Doppel ermutigt würden. Der Vorschlag der Chinesen lautet: Wenn Spieler A schon im Einzel antritt und zusätzlich mit einem Spieler einer anderen Nation ein gemischtes Doppel bildet, zählt das nicht als eines der beiden Doppel, die gebildet werden dürfen. Wenn Spieler B nicht Einzel spielt, zählt es hingegen als Doppel seines Verbands. Insgesamt sollen Verbände maximal zwei gemischte Duos pro Wettbewerb einsetzen dürfen.

Was halten Sie von den Anträgen? Alle Vorschläge sind öffentlich auf der ITTF-Seite einsehbar.

(JS)

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