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TTBL-Chef Stehle: „Kann die Kritik nicht nachvollziehen“

TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle erzählt seine Sicht der Dinge (©TTBL)

11.07.2016 - Auf den Blog unseres Mitarbeiters Dietmar Kramer von voriger Woche reagierte TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle mit Unverständnis. Kramer hatte ausgehend vom neuen Spielplan, der den Saisonstart für zwei Spitzenteams nach hinten verschiebt und das TTBL-Finale erst Wochen nach den Halbfinals vorsieht, prinzipielle Probleme der TTBL aufgezeigt. Stehle erklärt im Interview die Hintergründe und nimmt zu den Neuerungen in der nächsten Saison Stellung.

myTischtennis.de: Unser Blogger Dietmar Kramer hat in seinem letzten Blog den neuen TTBL-Spielplan scharf kritisiert. Was denken Sie selbst, wenn Sie sich den Spielplan anschauen?

Nico Stehle: Zunächst muss man sehen, dass Herr Kramer hier ein Ergebnis langer Diskussionen verurteilt. Wie Sie sich vielleicht denken können, ist es auch unser Ziel, möglichst alles in einem Spielplan zu realisieren - etwa, dass man ein Topspiel zu Beginn hat und die Termine für alle Parteien bestmöglich passen. Aber wir befinden uns im Tischtennis in einem Interessensgefüge, in dem wir auf andere Rücksicht nehmen müssen und uns zum Beispiel mit der ETTU, ITTF und dem DTTB terminlich abstimmen müssen. Gerade in dieser nach-olympischen Saison kommt das zum Tragen und da haben wir auch ganz klar die Aufgabe, die Spieler zu schützen. Dass Düsseldorf und Saarbrücken später beginnen, ist dem geschuldet, dass sie ein Gros an Olympioniken im Team haben und man denen eine Pause gönnen sollte. Aber auch abgesehen von den äußeren Faktoren gibt es auch ligainterne Dinge, die bei der Spielplanerstellung berücksichtigt werden müssen. So haben etwa nicht alle Mannschaften eine eigene Halle und trotzdem muss erreicht werden, dass es zu keiner Verzerrung des Tabellenbilds durch später stattfindende Spiele kommt.

myTischtennis.de: Wäre es denn nicht eine Option gewesen, den Saisonstart nach hinten zu legen, damit möglichst viele Olympioniken daran teilnehmen? Dietmar Kramer hat ja durchaus Recht, dass man so eventuell noch etwas Rio-Euphorie hätte mitnehmen können.

Nico Stehle: Das haben wir auch diskutiert. Aber die Vielzahl an World Tour-Turnieren, Champions League-Spielen, das Europe Top 16, die Deutschen Meisterschaften, Europa- und Weltmeisterschaften bieten nicht viele Möglichkeiten, den Plan noch weiter nach hinten zu schieben. Wir haben versucht, eine Lösung zu finden, die möglichst allem gerecht wird, und ich finde, wir haben eine gute gefunden.

myTischtennis.de: Warum lässt man dann zwischen dem Play-off-Halbfinale und dem Finale eine so große Pause?

Nico Stehle: Da kommt uns die Heim-WM dazwischen, da wir eine zweiwöchige Vorbereitungszeit für die Nationalspieler gewährleisten müssen. An den zwei Wochenenden nach den Play-off-Halbfinals, die sich direkt an den letzten Spieltag der Hauptrunde anschließen, werden in der Champions League und im ETTU-Cup die Endspiele ausgetragen, danach folgen die zwei Wochen WM-Vorbereitung und unmittelbar nach der WM findet dann das TTBL-Finale statt. Das haben wir in Absprache mit Jörg Roßkopf und Richard Prause so terminiert. Wir glauben, dass der Termin gar nicht schlecht ist, weil so noch etwas Schwung von der WM mitgenommen werden kann. Aber wenn wir es uns frei hätten aussuchen können, hätten wir natürlich nicht so viel Zeit dazwischen gelassen.

myTischtennis.de: Neben dem Spielplan kritisiert Dietmar Kramer, dass die Liga seit Längerem auf der Stelle tritt. Was sagen Sie dazu?

Nico Stehle: Die Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Er unterstellt uns pauschal einen Stillstand, den ich nicht sehe, da wir in den letzten fünf Jahren in meinen Augen durchaus viel bewegt haben. Da wäre der Aufbau einer eigenen Webseite mit täglicher Berichterstattung und einem Bewegtbildangebot, das es vorher nicht gab. Man kann sich alle Spiele live und on demand anschauen. Zudem bieten wir eine HD-Übertragung an. Damit erreichen wir deutlich mehr Tischtennisfans als je zuvor und bauen das auf, was andere große Sportarten schon haben. Wir haben Events wie das TTBL-Finale geschaffen, über die auch in den Sportsendungen der ARD und des ZDF berichtet wird und die so für mehr mediale Berücksichtigung des Tischtennissports sorgen. Wir wissen, dass wir uns da noch im Aufbau befinden und noch viel Arbeit vor uns haben, aber den Vorwurf der Stagnation kann ich nicht nachvollziehen. Man kann leider nicht immer alle Ideen, die man hat, direkt umsetzen, weil man auch von den Vereinen nicht erwarten kann, alles sofort zu verändern. Wir machen kleine Schritte, aber bewegt hat sich auf jeden Fall schon sehr viel.

myTischtennis.de: In der nächsten Saison wird es weitere Innovationen geben - so wird zum Beispiel der Play-off-Modus angepasst. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, hier eine Änderung vorzunehmen? 

Nico Stehle: Für jeden Modus gibt es Vor- und Nachteile - aber natürlich will man ihn nicht jede Saison ändern. Wir haben beobachtet, dass unser Modus ein paar Schwächen hat. Vor allem in der vergangenen Saison ist deutlich geworden, dass der Vorteil, den der in der Tabelle Bessere hat, zu gering ist. Zum anderen ist ein Play-off-Halbfinale, bei dem das Hinspiel mit 3:0 und 9:0 an die eine Mannschaft geht, schon so gut wie entschieden, was dem Ganzen eine Menge Spannung nimmt. Wir wollten reagieren und haben mehrere Möglichkeiten und Modi diskutiert. Am Ende haben wir  entschieden, dass wir Play-offs mit einer Best-of-Three-Serie etablieren, in der man auf jeden Fall zwei Spiele gewinnen muss, um weiterzukommen. 

myTischtennis.de: Haben Sie auch über eine Abschaffung der Play-offs nachgedacht?

Nico Stehle: Ja, das haben wir auch diskutiert. Wir haben überlegt, wie wir die Hauptrunde noch weiter aufwerten könnten. Aber in der Frage, ob wir die Play-offs abschaffen sollten, waren wir uns einig, dass man durch die Play-offs die komplette Saison spannend halten kann, während etwa im Fußball der FC Bayern München oft schon Spieltage vor Saisonschluss als Meister feststeht. Mit den Play-offs können wir mehr mediales Interesse erregen, was für unsere Sportart extrem wichtig ist. Und dies ist übrigens nicht die einzige Neuerung in der kommenden Saison. Wir wollen außerdem die Bruttospielzeit verkürzen. So müssen sich die Spieler zwischen den Einzeln zukünftig innerhalb einer Minute spielbereit am Tisch befinden und zwischen den Ballwechseln sollen maximal 25 Sekunden vergehen, bis es weitergeht. Diese Spielpausen sowie Time-outs und Satzpausen werden mit einer Uhr auf dem Tisch begleitet, so dass der Zuschauer sieht, dass es Zeiten gibt, die es einzuhalten gilt. 

myTischtennis.de: Eine weitere große Veränderung steht zur Saison 2017/18 an, in der die Ligagröße auf zwölf Teams angehoben werden soll. Was sind die Hintergründe für diese Entscheidung? 

Nico Stehle: Wir haben beobachtet, dass nur wenige Teams den Weg nach oben suchen. Es gibt zwar in den letzten fünf Jahren mit Bergneustadt, Grünwettersbach, Hagen und Mühlhausen Beispiele für Mannschaften, die den Aufstieg gewagt haben, aber es ist schon ein großer Sprung - sportlich, finanziell, aber auch aus administrativer Sicht - zwischen der TTBL und der 2. Liga. Wir haben also überlegt, wie wir die Hürden langfristig abbauen können, und haben auch gemeinsam mit  dem DTTB entschieden, die Sollstärke um zwei Mannschaften zu erhöhen. So wird die Liga heterogener und auch die Aufsteiger haben die Chance, die Liga im  Aufstiegsjahr zu halten. Zudem werden die Aufsteiger im ersten Jahr finanziell entlastet.

myTischtennis.de: Wurde das auch in Absprache mit der 2. Liga entschieden? Also haben etwa schon Vereine ihr Interesse bekundet, unter diesen Bedingungen aufzusteigen?

Nico Stehle: Ich kann nicht für die 2. Liga sprechen, aber es gibt Signale, dass Interesse besteht. Wir stehen in engem Kontakt mit den Zweitligisten und wollen nicht nur die formalen Voraussetzungen schaffen, sondern auch zuhören, was weitere Hürden sind. Wenn wir es schaffen, dass im ersten Jahr ein oder zwei Mannschaften dazukommen wollen, haben wir schon etwas gewonnen, auch wenn es dann vorerst noch nicht zwölf Teams sind. Wir wollen langfristig eine Stabilisierung der Liga herbeiführen, die Durchlässigkeit zwischen TTBL und 2. Bundesliga erhöhen und haben hoffentlich dadurch zukünftig einen Auf- und Abstiegskampf. Ich denke, dass wir mit dieser Maßnahme auf dem richtigen Weg sind.

myTischtennis.de: Wenn Sie sich die TTBL so anschauen: An welchen Stellen sind Sie schon jetzt zufrieden und wo muss Ihrer Meinung nach noch nachgebessert werden?

Nico Stehle: Sie sehen, wir machen uns sehr wohl viele Gedanken und verwalten uns nicht nur. Uns ist bewusst, dass wir, obwohl wir schon viel angestoßen haben, noch viel Luft nach oben haben. Ein Bereich, den wir dringend anpacken müssen, ist zum Beispiel die weitere Professionalisierung des Sports, auch im administrativen Bereich. Da haben wir noch enormes Potenzial, wie es uns auch andere Sportarten wie Basketball oder Volleyball vormachen. Zudem wollen wir mehr Zuschauer für den Tischtennissport begeistern, so dass die Hallen nicht nur bei den Großevents immer voller werden. Dafür müssen wir den Zuschauern auch neben dem Sport etwas bieten, was mehr Aufwand bedeutet, der gestemmt werden muss. Wir möchten die mediale Sichtbarkeit erhöhen und die Vermarktungssituation verbessern. Denn so generiert man Erlöse, die wir dann wiederum investieren können und die Liga so Schritt für Schritt nach vorne bringen.

(JS)

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