Trainingstipp

Mentaltipp, Teil 2: Wir gegen die anderen!

Nichts ist so schön, wie die Freude über einen Sieg mit der eigenen Mannschaft teilen zu können (©Thomas)

17.12.2019 - Auch wenn man am Tisch am Ende meistens alleine steht, kann die Mannschaft um einen herum großen Einfluss auf den eigenen Erfolg haben. Sportpsychologe Dr. Christian Zepp erklärte im ersten Teil seines Mentaltipps über Gruppenprozesse die Bedeutung von Rollen, Kommunikation und Zusammenhalt in einer Mannschaft. In der Fortsetzung geht er unter anderem darauf ein, wie einem die Identifikation mit dem Team im Spiel gegen andere helfen kann.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Hier geht es zum ersten Teil des Mentaltipps!

Die Identität einer Mannschaft hilft den Spielern dabei, sich von anderen Mannschaften abzugrenzen, daher wird hier auch häufig von einem „wir“ gegen „die anderen“ gesprochen. Jeder Verein und jede Mannschaft hat bestimmte Eigenschaften, die sie ausmachen und worauf sie stolz sind. Diese Normen, Regeln, Werte, Verhaltensweisen, Ziele oder auch Emotionen können einen positiven Einfluss auf die Mannschaftsleistung haben. Dabei ist wichtig, zu berücksichtigen, dass sich die Spieler bezogen auf diese Eigenschaften nicht ausschließlich ähnlich sein müssen, sondern dass auch die Aufmerksamkeit auf die individuellen Stärken aller Spieler gelegt wird, so dass diese ihren Teil zur Mannschaftsidentität und -leistung beitragen können.

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Die Identifikation mit der Mannschaft bezieht sich wiederum auf die Wahrnehmung der Mannschaftsidentität und damit auch den Vergleich mit der eigenen Identität („Wer sind wir und wer bin ich?“), der emotionalen Verbindung, die ein Spieler mit der Mannschaft besitzt, sowie der Bedeutung der Mannschaftszugehörigkeit für einen Spieler. Spieler, die sich stark mit einer Mannschaft identifizieren, strengen sich stärker an und bringen bessere Leistungen als Spieler, die sich eher wenig mit der Mannschaft identifizieren.

Die richtige Balance

Das Vertrauen in Mannschaften ist dadurch gekennzeichnet, dass Spieler Teil einer Mannschaft werden in der positiven Annahme, dass die Mannschaft und ihre Mitglieder die Fähigkeiten haben, schwierige Situationen zu meistern, und die eigenen Schwächen nicht ausnutzen werden. Das Vertrauen wird dann negativ beeinflusst, wenn Regeln nicht eingehalten werden, Normen und Werte unbegründet verändert werden, sich andere vor Verantwortung zurückziehen, nicht ehrlich sind oder vertrauliche Informationen weitergeben. Strategien, solchen Situationen vorzubeugen, sind offene und ehrliche Kommunikation, ethisches Verhalten, Verlässlichkeit und Beständigkeit sowie Engagement wertzuschätzen. 

Die Überzeugung, gemeinsam als Mannschaft erfolgreich sein zu können, bezieht sich auf die Fähigkeiten der gesamten Mannschaft, schwierige Situationen bewältigen zu können, auch dann, wenn Hindernisse den Weg zum Ziel versperren. Je überzeugter die einzelnen Spieler von den Fähigkeiten der gesamten Mannschaft sind, desto höher wird ihr Einsatz sein, herausfordernde Ziele zu erreichen. 

Das motivationale Klima wird in Mannschaften sowohl durch den Trainer als auch durch die anderen Mannschaftsmitglieder (und teilweise auch durch Eltern oder andere verantwortliche Personen im Umfeld der Mannschaft) geschaffen. Man unterscheidet hier zwischen einem aufgaben- und einem wettkampforientierten Klima. In einem aufgabenorientierten Klima sind die Leistungen und Fähigkeiten eines jeden Spielers der Bezugspunkt, an dem sich der Trainer und die Spieler orientieren. Es geht darum, dass Aufgaben im Training so formuliert werden, dass die Leistung im letzten Spiel oder Training des Spielers der Orientierungspunkt ist, an dem die Weiterentwicklung gemessen wird („Im Vergleich zum letzten Training hast du heute die Übung deutlich besser gespielt!“). In einem wettkampforientierten Klima werden ständig Vergleiche zwischen einzelnen Spielern hergestellt, und der Orientierungspunkt ist nicht der Spieler selber, sondern einer oder mehrere andere Spieler („Spieler A hat heute die Übung besser gemacht als Spieler B!“). Insgesamt führt ein aufgabenorientiertes Klima zu mehr Zufriedenheit, mehr Selbstvertrauen, sozialer Unterstützung und geringerem Drop-Out in Mannschaften. Ein eher wettkampforientiertes Klima steht hingegen in Zusammenhang mit mehr Wettkampfangst oder Konflikten innerhalb von Mannschaften. Da Sport von Natur aus wettkampforientiert ist, sollte es das Ziel sein, die richtige Balance zwischen Aufgaben- und Wettkampforientierung für jede Mannschaft zu finden. 

Einfache Fragen reichen

Die Aufmerksamkeit immer wieder auf die hier vorgestellten Gruppenprozesse zu lenken, kann dazu führen, dass Trainer ein noch besseres Gespür dafür entwickeln, was aktuell in ihrer Mannschaft vorgeht und geschieht. Darüber hinaus kann es helfen, regelmäßig in Trainingseinheiten Reflexionen so einzubauen, dass sie den Spielern dabei helfen, einen größeren Zusammenhalt zu schaffen, die Überzeugung zu entwickeln, gemeinsam erfolgreich zu sein, besser miteinander zu kommunizieren oder den anderen Mannschaftsmitgliedern zu vertrauen. Hierzu benötigt man keine klassischen „Teambuilding“-Aktivitäten, sondern es reichen einfache Fragen, die den Spielern dabei helfen, über ihr eigenes Verhalten nachzudenken und dann gegebenenfalls etwas an sich und damit auch der Mannschaft zu verändern. Schafft ein Trainer es so, die Prozesse innerhalb seiner Mannschaft zu steuern und zu lenken, wird sich dies sowohl auf das Wohlbefinden der Spieler in der Mannschaft, als auch auf die Mannschaftsleistung auswirken.

Auch wenn im Text ausschließlich die männliche Form verwendet worden ist, ist immer auch die weibliche Form gemeint. 

Quellen und Literatur zum Text können vom Autor bezogen werden.

Zum Autor: 
Dr. Christian Zepp ist Sportpsychologe und begleitet Topsportler verschiedener Disziplinen. Unter anderem ist er auch als sportpsychologischer Experte für den DTTB tätig, arbeitet mit Deutschlands Nationalspielern und unterstützt sie auf internationalen Turnieren. Der Diplom-Sportwissenschaftler ist zudem Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln. Weitere Infos und Angebote finden Sie auf seiner Webseite.

Zum pdf-Download des Trainingstipps!

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