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Phasendrescher – Turnier-Edition: Die K.-o.-Phase

In dieser Ausgabe steht die K.-o.-Phase im Vordergrund (©Laven)

01.11.2021 - Die Turnier-Edition des Phasendreschers nähert sich langsam aber sich der Zielgerade: Nach der Anfahrt, dem Einspielen, der Vorrunde, der Mittagspause und der Doppelrunde steht heute die K.-o.-Phase auf dem Programm, der eigentliche Höhepunkt des Turniers. Welche Kuriositäten sich dabei abspielen, beschreibt Phasendrescher Philipp Hell wieder auf gewohnt humorvolle Art und Weise!

Egal, wie lange sich die Doppelrunde auch ziehen mag, irgendwann beginnt dann doch das eigentliche Highlight des Turniers: die K.-o.-Phase im Einzel. Zumindest handelt es sich um das Highlight, falls man selbst noch im Rennen ist.

Wenn man das Erreichen so einer K.-o.-Phase weder als den größten Erfolg der eigenen Tischtennis-Karriere ansieht noch beim Verpassen derselben umgehend seinen Tischtennis-Schläger an den berühmten Nagel gehängt hätte (weil man den Turniersieg praktisch als Pflicht ansah), so stellt sich nun unweigerlich die große Frage: Wie weit wird es gehen? Kann man sich eventuell als einer der besten neun Spieler für ein weiterführendes Turnier qualifizieren? Wenigstens mal wieder das Viertelfinale erreichen? Sich endlich auf dem Siegertreppchen einfinden? Oder gar einen Pokal in den diesigen Turnhallenhimmel recken? Oder hat man doch wieder eine – pardon – beschissene Auslosung erwischt und scheitert in der ersten K.-o.-Phase sang- und klanglos am berühmten Karl-Uwe?

Genau wie die Vorrunde eines Turniers besteht auch die K.-o.-Phase aus einem Sich-Vortasten durch die einzelnen Spiele – nur eben mit dem Unterschied, dass hier bei einem Aussetzer alles schon wieder vorbei sein kann. Daher gilt es umso mehr, absolute Konzentration und Jogi-Löw-artige "höggschde Disziplin" einzubringen, um dem Olli-Kahn-haften wahnsinnigen Druck gewachsen zu sein. Denn wer glaubt, dass es im Achtelfinale der „Mangfalltal Open“ nicht um alles geht, der ist dort noch nie angetreten!

Und so werden in der ganzen Halle die letzten bereits schwarzen Bananen voller Dellen ausgepackt, die letzten verklebten Traubenzucker-Päckchen aus den Untiefen der Sporttasche gefischt, die letzte Apfelschorle vom Verpflegungsstand gekauft und der letzte Notfall-Schokoriegel verschlungen. Die Schläger werden nochmal geputzt und heimlich frischgeklebt, das Schweißband geradegerückt, die Turnschuhe neu geschnürt und vor der Toilette bildet sich eine kleine Schlange der berüchtigten Angstpiesler. Denn gleich geht es los!

Wenn, ja wenn nur die ganze Warterei nicht wäre! Nun hat man sich schon den halben Vormittag den Hintern platt gesessen, weil man in die einzige Dreier-Gruppe des Turniers gelost worden war (in der dann ein Gegner auch noch auf Grund einer Verletzung vorzeitig heimfahren musste) und hatte sich anschließend in der Doppel-Runde frühzeitig verabschiedet, um Körner zu sparen – nur um dann den anderen Spielern bei allen Partien vom Zweiunddreißigstel-Finale bis zum Halbfinale zusehen zu müssen. Und nun hat man – ein Klassiker – die ersten zwei Spiel der K.-o.-Phase atemlos aber immerhin erfolgreich direkt hintereinander weggespielt, nur um jetzt schon seit einer geschlagenen Stunde auf den nächsten Aufruf zu warten. Am fehlenden Gegner kann es nicht liegen – denn der sitzt bereits genauso lange nebenan und wartet ebenfalls.

Also nochmal nach einem allerletzten Müsliriegel gesucht, die Ergebnisse der Damen-Konkurrenz am Aushang studiert, schon wieder zum Angstpieseln gegangen, auffällig beim Kampfgericht vorbeigeschlendert und auf die bereitliegenden Zettel geschaut, danach – obwohl Nichtraucher – auf eine kurze Zigarette vor die Hallentür gegangen. Immer noch nichts. 

Dann der große Fehler: Ein Blick aufs Handy. Man wollte nur ganz kurz nachschauen wie viele TTR-Punkte eigentlich die ganzen Vorrundengegner hatten. War ja doch das ein oder andere harte Los dazwischen, das sollte doch ordentlich Punkte … – WAAAAS? Der eine Opa mit den gemeingefährlichen langen Noppen hat angeblich 300 Punkte weniger als man selbst, das bedeutet, also hier noch der Sieg, dort verloren, eins im Sinn …. Es steht Spitz auf Knopf! Das nächste K.-o.-Phase entscheidet darüber, ob man heute doch noch mit einer positiven Punkteausbeute nach Hause fährt oder eben nicht. Und Letzteres wiederum würde bedeuten, dass man in der Rückrunde sogar noch hinter Hans-Dieter… ach! 

Als tatsächlich nach einer nicht nur gefühlten Ewigkeit irgendwann die nächste Paarung aufgerufen wird, ist der innere Druck nahezu ins Unermessliche gestiegen. Wie soll man da bitteschön munter drauflos spielen, die eigene Spielweise durchziehen und sein Spiel spielen? Es ist aussichtslos. Eigentlich. Doch nach zwei klar verlorenen Sätzen hat man praktisch nichts mehr zu verlieren und greift einfach jeden Ball des Gegners an. Und trifft.

Punkt um Punkt sammelt man nun zur Aufholjagd, das Halbfinale winkt! Und als im Entscheidungssatz nur noch ein Zähler zum Matchball fehlt wird es auf einmal Dunkel in der Halle – Stromausfall. Nichts mehr zu sehen, dafür umso mehr zu hören: Der Feueralarm scheint auch ohne Strom zu funktionieren. Das Turnier wird auf unbestimmte Zeit unterbrochen.

(Philipp Hell)

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