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Der Phasendrescher: Spannung pur im Schlussdoppel

Das alles entscheidende Duell steht auf dem Programm (©Koch/Laven)

22.01.2018 - Unser „Phasendrescher“ Philipp Hell ist im entscheidenden Abschnitt eines Amateurspiels angelangt: Es geht um Sieg oder Unentschieden und die Spitzendoppel der beiden Mannschaften treten zur letzten Partie des Tages an den Tisch. Obwohl doch eigentlich so viel Spannung in der Luft liegt, hat Hell in der Kreisliga wohl eher selten vor Nervosität bibbernde Zuschauer und Teamkameraden beobachtet, wie sein wie immer zum Schmunzeln einladender Blog vermuten lässt.

Viele Spielsysteme im Kreisliga-Bereich sehen als vermeintlich krönenden Abschluss eines Punktspiels das sogenannte Schlussdoppel vor: Nach mehreren Stunden zähen Ringens auf normalerweise überschaubarem spielerischen Niveau sollen nun also vier Spieler über Sieg oder Unentschieden entscheiden. Eigentlich eine spannende Sache – gäbe es da nicht einige Hürden zu überwinden.

Frisch geduscht, aber verkalkuliert

Zunächst hatte Spitzenspieler Mario beim Stand von 2:8 schon nicht mehr an sein Team geglaubt. Kaum hat er sein zweites Einzel beendet, packt er seine Siebensachen und geht frühzeitig duschen. Früher oder später wird sowieso einer seiner Jungs die entscheidende Pleite einfahren, da kann er auch das wenige warme Wasser, das der Hausmeister an so einem Freitagabend erfahrungsgemäß übrig gelassen hat, für sich benutzen. Kaum tritt er ebenso erfrischt wie wohlriechend aus der Umkleide, um sich über die finale Höhe der Niederlage zu informieren, schallt ihm schon der zweite Aufruf zum Schlussdoppel entgegen. Völlig fassungslos wird Mario über die grandiose Aufholjagd seiner Mitspieler informiert: Selbst Norbert hat gepunktet und nun steht es schon 6:8. Im letzten Einzel des Tages liegt Hotte deutlich vorne, ein Unentschieden ist folglich absolut im Bereich des Möglichen. Also heißt es für Mario zurück in die Umkleide, um erneut in sein verschwitztes Trikot zu schlüpfen. Eklig genug, aber hinzu kommt die Aussicht, später mit allen anderen gemeinsam und dann natürlich auch noch kalt duschen zu müssen.

Zurück am Tisch entfaltet sich eine Doppel-Begegnung, die überwiegend von der Spannung lebt: Mario und der Neue im Team haben sich erst vor wenigen Stunden kennen gelernt und leider kann sich Mario auch nicht mehr an seinen Namen erinnern. Vermutlich irgendetwas mit K. Klaus? Karl? Aber sei‘s drum, viel schlimmer ist, dass ihm Karl oder Klaus vor dem Match nicht seine Aufschlagzeichen erklärt hat. So kann Mario immer nur raten, welcher der zahllosen verdrehten Aufschläge wohl als Nächstes vom Gegner unerreichbar zurückgeprügelt wird. Glücklicherweise stehen auf der anderen Seite der Platte zwar die zwei technisch sicherlich stärksten Spieler des Gegners – doch was heißt das schon!? Außerdem kommen sie als das am besten eingespielte Doppel der Mannschaft auch nur auf drei gemeinsame Einsätze in den vergangen zwölf Monaten. So folgt ein leichter Unterschnittfehler auf einen dümmlich verschlagenen hohen Ball, ein idiotischer Aufschlagfehler reiht sich an einen simplen Return ins Netz.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Nur gut, dass keine Zuschauer mehr in der Halle sind. Zwar standen der Pauli sowie der ewige Hans nach ihrer Trainingseinheit noch ein wenig an der Bande und verfolgten das Geschehen aus der Ferne. Doch als sich die drohende Niederlage zu sehr in die Läge zog beziehungsweise dann sogar noch in eine Aufholjagd verwandelte, beschlossen sie, vorzeitig in die Wirtschaft weiterzuziehen – wo sie es vor Spannung sicherlich kaum mehr aushalten können und sich das Warten auf die Meldung des Endergebnisses mit ein paar Hopfenkaltschalen vertreiben müssen.

Auch sonst ist die Zahl der Zuschauer minimal. Denn während wenigstens das Auswärtsteam vollzählig versammelt ist, um ihre Jungs mit „Auf geht’s, weiter so!“ und ähnlich detaillierten Anfeuerungsrufen doch noch zum Sieg zu tragen, haben sich die verbliebenen Spieler der Heimmannschaft still und leise in die Umkleide verdrückt – schließlich ist auch ihnen die Heißwassersituation in der Halle zur Genüge bekannt. Nur der Mannschaftsführer war einmal mehr zu langsam (oder zu anständig) und tut nun Dienst am Schiedsrichtertisch. Nebenan scheint Hotte das Spiel irgendwie nicht zu Ende zu bekommen.

Irritation im zweiten Satz

Nach dem knapp verlorenen ersten Satz legen Mario und Karl/Klaus ihre Schläger auf den Tisch und beratschlagen sich intensiv: War schon nicht schlecht, da geht noch was, nur nicht nachlassen – so in etwa. Zurück am Tisch beginnt der zweite Durchgang jedoch noch schwächer als der erste geendet hatte. Zunächst trifft der passionierte Angreifer Mario einen Ball nahezu perfekt, dieser tropft aber traurig vor ihm auf die Platte. Anschließend steigt dem brutal sicheren Abwehrspieler Karl oder Klaus ein einfacher Unterschnittball steil unters Hallendach. Die Spieler blicken verwundert auf ihre Beläge, kurze Irritation, dann tauschen die beiden kopfschüttelnd ihre Schläger. Lautes Gelächter in der Halle – jedenfalls bei der anwesenden Gastmannschaft. Dieser zweite Satz geht anschließend mittelmäßig unterhaltsam weiter und am zweiten Tisch muss Hotte tatsächlich noch in den Entscheidungssatz. Inzwischen sind auch die beiden verschollenen Mitspieler aus der Dusche zurückgekehrt: Der eine frisch geföhnt und der andere wie seit Jahren intensiv nach seinem Moschus-Haarspray riechend – wobei es sich, seinem inzwischen äußerst spärlichen Haarwuchs nach zu urteilen, wohl um ein Kopfhautspray handeln muss.

Doch auch mit dieser psychologisch wichtigen Unterstützung gelingt weder unserem Traumdoppel noch Hotte im letzten Einzel die ersehnte Wende. Beim Stand von 5:9 im Schlussdoppel misslingt Hotte zum vierundzwanzigsten Mal an diesem Abend sein Rückhand-Angriffsschlag und Satz, Match sowie das gesamte Punktspiel sind verloren. Sofort unterbricht Mario das Doppel und bietet seinen Gegnern Shakehands an, packt deutlich angefressen erneut seine Sachen zusammen und verlässt, irgendetwas wie „hätten wir schon noch gedreht das Ding“ murmelnd, zum zweiten Mal heute die Halle in Richtung Umkleide. Jetzt fehlte nur noch, dass ihm der unfähige Karl/Klaus auch noch den eventuell verbliebenen letzten Rest warmen Wassers wegduscht, also besser schnell sein!

Taktisch geschicktere Aufstellung?

Derweil sinniert der Mannschaftsführer mit Clemens (wusste ich doch, irgendwas mit C!) darüber, ob man nächste Woche die Doppel eventuell taktisch etwas geschickter aufstellen sollte, vielleicht ein Angriffsspieler zusammen mit Noppen-Norbert im Einser-Doppel? Doch da kann der Mannschaftsführer nur müde abwinken, während er das Endergebnis in den Spielberichtsbogen einträgt: In die Verlegenheit, zwei Mal hintereinander mit der gleichen Doppelaufstellung antreten zu müssen, ist man auf Grund des fröhlich wechselnden Personals zuletzt vor drei Jahren gekommen. Und Mario wird diese Rückrunde über wohl kaum mehr Zeit haben.

(Philipp Hell)

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