23.04.2021 - Sechs, vier, drei oder sogar zwei? Die Möglichkeiten, in welcher Mannschaftsstärke man in Deutschland den Tischtennissport betreiben kann, sind vielfältig. In Bayern möchte man in den nächsten Jahren einen großen Schritt Richtung Vereinheitlichung gehen und alle Ligen auf Vierermannschaften umstellen. Eine Überlegung, die so ähnlich auch in anderen Verbänden vor kurzem auf dem Tisch lag. Zeichnet sich hier ein bundesweiter Trend ab?
Die Diskussion über eine Vereinheitlichung des Spielsystems und eine mögliche Umstellung auf Vierermannschaften ist in Tischtennisdeutschland nicht neu. Im Damen- und Jugendbereich sind Teams mit vier Spielern bereits Normalität, bei den Herren tauchen sie abgesehen von der 2. und 3. Bundesliga vor allem in unteren Spielklassen auf. Dazwischen wird in Deutschland aber meistens auf die traditionelle Sechsermannschaft gesetzt. Die Motivation, daran etwas zu ändern, erhöhte sich 2019, als der DTTB-Bundestag beschloss, ab der Saison 2021/22 auch in Ober- und Regionalligen mit Vierer- statt Sechsermannschaften zu spielen. Eine Entscheidung, die die Dinge in Bayern endgültig ins Rollen brachte. Bei einem Verbandsausschusstreffen des BTTV vorige Woche wurde nun festgezurrt, dass das Ligensystem in Bayern ab 2022 peu à peu umgestellt werden soll.
Druck von oben und von unten
„In der ersten Sitzung des Vorstands Sport nach dem Bundestag 2019 waren wir uns einig, dass der Trend generell Richtung Viererteams geht, einerseits geregelt von oben durch die Bundesspielklassen, andererseits auch von der untersten Ebene kommend“, stellt Gunter Czepera, Vizepräsident Sport, auf der BTTV-Webseite die Hintergründe der Entscheidung dar. Bereits im Frühjahr 2020 wurde ein Fünfjahresplan entwickelt, nach dem die bayerischen Ligen künftig nacheinander auf Vierermannschaften umgestellt werden und der nun endgültig auf den Weg gebracht wurde. Den Anfang machen die Verbandsoberliga und Verbandsliga bereits zur Saison 2022/23, die Landesliga folgt ein Jahr später, die Bezirksoberliga und Bezirksliga werden zur Saison 2024/25 umgestellt, bevor im Jahr 2025 dann auch die Bezirksklassen dran sind. Bei der Sitzung des Verbandsausschusses vorige Woche wurde zudem das Spielsystem festgelegt, nach dem die obersten Ligen ab 2022 spielen sollen. Wie auch in den Regional- und Oberligen wird das Bundessystem angewandt, wobei alle Partien ausgetragen werden. Der Bezirksebene steht es derweil frei, auch schon früher, als im Fünfjahresplan angedacht, auf Vierermannschaften umzustellen. Zudem sind prinzipiell alle in der Wettspielordnung verankerten Spielsysteme zugelassen.
Der Bayerische Tischtennisverband steht mit seinen Bemühungen um Vereinheitlichung der Mannschaftsstärke nicht alleine da. Auf einem außerordentlichen Verbandstag im März verabschiedete der Thüringer Tischtennisverband die Umstellung der Verbands- und Thüringenliga Herren auf Vierermannschaften schon ab der Saison 2021/22. „Es wäre total unlogisch, weiter in Thüringen- und Verbandsligen mit Sechsermannschaften zu spielen, wenn sowohl darunter in den Bezirksligen als auch darüber in der Oberliga mit Viererteams angetreten wird“, unterstützte TTTV-Vizepräsident Sport Andreas Amend schon im Februar die Umstellungspläne. Im Hessischen Tischtennisverband kommt das Thema schon seit Jahren immer wieder auf den Tisch. Die Anträge, entweder alle oder nur die obersten Verbandsligen auf Vierermannschaften umzustellen, wurden bei der HTTV-Beiratstagung im März allerdings wieder zurückgezogen. „So etwas muss man gut vorbereiten und mit der Basis besprechen, was aber in diesem Jahr coronabedingt nicht gut möglich war“, erklärt der Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit im HTTV, Dennis Erbe. „Bei der nächsten Beiratssitzung im März wird das sicher wieder auf der Agenda stehen.“
Kein bundesweiter Trend
Doch auch wenn sich die Bemühungen in diese Richtung in den vergangenen Wochen scheinbar häuften, ist ein bundesweiter Trend nicht absehbar. Dem WTTV, TTVN und TTBW, die zu den größten Verbänden Deutschlands zählen, ist das Thema natürlich nicht fremd. Bestrebungen hin zu einer Vereinheitlichung gebe es aber akut nicht. In Niedersachen befragte man in der vergangenen Saison die Vertreter der oberen Verbandsklassen, ob eine Umstellung erwünscht sei. Die betroffenen Teams seien allerdings mehrheitlich gegen die Vierermannschaften gewesen, so dass man das Thema erst einmal wieder vom Tisch geräumt habe. Auch im Westdeutschen Tischtennisverband gebe es von Verbandsseite aus keine Bestrebungen, eine Umstellung auf den Weg zu bringen. „Wir wollen an den Sechserteams festhalten und werden das von uns aus nicht anstoßen“, erklärt Geschäftsführer Michael Keil, für den größere Teams eher den Mannschaftsgedanken erfüllen als die Vierervariante. „Wenn die Vereine sich das wünschen und eine Mehrheit zusammenbekommen, ist das was anderes.“
Im Tischtennisverband Baden-Württemberg ist die Situation ähnlich. Aktuell liegen laut Geschäftsführer Thomas Walter keine Anträge diesbezüglich vor und der Verband habe nicht die Absicht, von sich aus die Initiative in dieser Frage zu ergreifen. „Ich habe die Sorge, dass eine Umstellung auf Vierermannschaften mit einem Mitgliederschwund einhergehen würde“, warnt Walter. „Ich gehe davon aus, dass im Herrenbereich um die 10 % der Spieler wegfallen könnten.“ Diese Gefahr haben natürlich auch die Bayern gesehen, wie Gunther Czepera gegenüber der myTischtennis.de-Redaktion bestätigt. „Aber da im BTTV die Vierermannschaften dort, wo es schon möglich ist, sowieso bereits auf dem Vormarsch sind, obwohl noch gar keine Notwendigkeit besteht, fanden wir es logisch, eine einheitliche Lösung zu finden, bevor das Ganze in einem ‚Kuddelmuddel‘ endet“, erklärt der Vizepräsident. Die Spielerzahlen gingen auch in Bayern zurück, gleichzeitig würden aber auch die Sechsermannschaften Jahr für Jahr weniger, während die Viererteams im Trend lägen. „Viele sagen: Sechs Leute kriegen wir nicht mehr zusammen, aber wenn wir zu viert spielen dürften, könnten wir eine Mannschaft melden“, gibt Czepera ein Beispiel dafür, welche positiven Effekte die Umstellung haben kann. „Stur an Sechsermannschaften festzuhalten, wird uns auf Dauer nichts bringen.“
(JS)
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