24.03.2025 - Wer bei einem internationalen Turnier schon einmal einer Wand aus chinesischen Zuschauern gegenübersaß, wird womöglich gewisse Unterschiede zwischen dem Verhalten deutscher und chinesischer Fans beobachtet haben. Da es nun aber wiederholt Probleme zwischen Fans und Mitgliedern des Teams China gab, hat der Verband Regelvorschläge für zivilisiertes Verhalten gemacht. myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz überlegt, ob dies der richtige Schritt ist.
Waren Sie schon mal bei einem internationalen Tischtennisturnier, bei dem große Gruppen chinesischer Fans anwesend waren? Ich hatte diese Ehre schon bei diversen Weltmeisterschaften, wo ich gemerkt habe, dass Tischtennisspiele auch ganz anders verlaufen können als hierzulande üblich. Chinesische Fans feuern häufig nicht nur zwischen den Ballwechseln so lautstark an, dass man Schwierigkeiten bekommt, sich auf seine Artikel zu konzentrieren. Die Fans lassen ihren Emotionen auch währenddessen freien Lauf, was in Deutschland auch in unteren Ligen häufig mindestens mit einem verärgerten Blick oder Kommentar geahndet wird. Von daher hat mich dieses Verhalten, das in der Tischtennishochburg China offenbar ganz normal ist, schon beeindruckt.
Übergriffiges Verhalten
Denn ich bin prinzipiell ein Fan von guter Stimmung. Nichts ist langweiliger, als ein Top-Turnier vor leeren Rängen zu verfolgen, wie es gerade an den ersten Turniertagen so mancher Weltmeisterschaft durchaus schon der Fall war. Da lobe ich mir zum Beispiel die schwedischen Trommler, die in Halmstad 2018 die Halle in einen Hexenkessel verwandelten und mir noch sehr gut in Erinnerung sind. Doch so viel ich auch von begeisterten Fans halte, müssen natürlich Grenzen eingehalten werden. Und die wurden in China in den vergangenen Monaten wohl des Öfteren überschritten. In erster Linie ist damit nicht die gute Stimmung auf den Rängen gemeint, sondern übergriffiges Verhalten von Fans, das darüber hinaus geht und sich zum Beispiel im Internet abspielt.
Chen Meng hat etwa rund um die Olympischen Spiele Anfeindungen - erst wegen ihrer Nominierung für den Einzelwettbewerb und dann wegen ihres Finalsiegs gegen Sun Yingsha - über sich ergehen lassen müssen. Wang Chuqin verlor die Fassung, als ihm Fans 2023 an einem chinesischen Flughafen zu nah kamen, was direkt in einem viral gegangenen Video weitergetragen wurde. Fan Zhendong hatte ebenfalls im Jahr 2023 Probleme mit einer Stalkerin, die sich Zutritt zu seinem Hotelzimmer verschafft hatte. Und zuletzt hatte man beim Asian Cup im Februar das Verhalten der Fans kritisiert. Da all dies negativen Einfluss auf den Sport gehabt habe, veranlassten der chinesische Tischtennisverband und die Nationalmannschaft schon im Januar, die offiziellen Fangruppen auf Social-Media-Plattformen aufzulösen, um dieses extreme Verhalten einzudämmen.
Verband legt noch einmal nach
Mitte März legte der Verband nun noch einmal nach und veröffentlichte auf seiner Webseite acht Vorschläge „für ein zivilisiertes Zuschauen beim Spiel“. Darin wird unter anderem Respekt vor Athleten, Trainern und Schiedsrichtern eingefordert, um das Unterlassen von Beleidigungen, Herabsetzungen durch Worte, Gesten, Texte oder Bilder sowie die Verbreitung falscher Informationen und Gerüchte gebeten. Des Weiteren sollen sich die Fans künftig während des Ballwechsels, der Siegerehrung und Interviews ruhig verhalten, keine Gegenstände aufs Spielfeld werfen und aktiv gegen unzivilisiertes Verhalten in ihrer Umgebung vorgehen. Auch wenn es einem bezüglich der meisten Punkte vor allem traurig erscheint, dass sich der Verband dazu gezwungen fühlt, darauf explizit hinzuweisen, ist dies ein bemerkenswerter Schritt, der sich durch die Beschwerden der Betroffenen auf jeden Fall rechtfertigen lässt. Auch wenn die chinesischen Spieler Superstars sind und im Rampenlicht stehen, sind sie immer noch Menschen, die sich Mobbing nicht wehrlos aussetzen müssen und die eine Privatsphäre haben, die respektiert werden muss.
Nichtsdestotrotz bin ich gespannt, was solcherlei Verbandsinitiativen mit der Stimmung in chinesischen Hallen machen. Bedeutet dies zum Beispiel wirklich auch das Ende der Anfeuerung und Emotionsausdrücke während der Ballwechsel? Stimmung finde ich gut - für mich gerne auch, während der Ball im Spiel ist. Aber wenn diese Stimmung ins Negative umkippt und Beteiligte angegriffen werden, muss dem ein Riegel vorgeschoben werden. Auch wenn sich damit ein Teil des markanten chinesischen Fanverhaltens verändern sollte.
(JS)
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