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Blog: Verdientes Happy End eines Psychothrillers

Die Narben erinnern an Ying Hans unglaubliche Geschichte. In Montreux haben alle Sehnen gehalten (©ETTU)

24.02.2025 - Ying Han ist zurück - und wie! Nach ihren beiden Achillessehnenrissen, die die Nationalspielerin im vorigen Jahr komplett ausbremsten, meldete sich Han beim Europe Top 16 Cup am Wochenende auf unglaubliche Weise zurück, indem sie sich bei ihrem Comeback-Turnier gleich den Titel sicherte. Für myTischtennis-Redakteurin Janina Schäbitz ist dies mehr als verdient - zumal man erst wenige Tage zuvor an Kilian Orts Beispiel gesehen hat, wie Verletzungsgeschichten auch enden können.

Ging es Ihnen auch so? Dass Sie bei den Spielen von Ying Han beim Europe Top 16 Cup den Atem angehalten und vor allem gehofft haben, dass sich die deutsche Nationalspielerin nicht erneut verletzt? Ich jedenfalls hatte sowohl Hans ersten Achillessehnenriss im Januar 2024 als auch den zweiten ein halbes Jahr später im Livestream verfolgt, hatte sowohl vor ihrem ersten als auch vor ihrem zweiten Comeback-Turnier ein Interview mit ihr geführt und warf nun am Wochenende bange Blicke auf den Bildschirm: Bitte nicht noch einmal! Als Journalisten versuchen wir, einen möglichst neutralen Blick auf die Geschehnisse am Tisch zu wahren. Aber Hand aufs Herz: Diese Geschichte hat mich wirklich berührt - und umso mehr auch das unglaubliche Happy End, mit dem dieses Buch nun in Montreux zugeklappt wurde.

Nicht alle Verletzungen mit glücklichem Ende

Denn es kann auch ganz anders laufen. Das zeigt etwa das Beispiel Kilian Ort, der seine Karriere kurz vor Beginn des Europe Top 16 Cups am Mittwochabend endgültig beendet hat. Der Bad Königshofener ist erst 28 Jahre alt - im Gegensatz zu der 41-jährigen Han -, verlor aber den Kampf gegen seine Bandscheibenprobleme. Im Juli 2023 hatte Ort sein letztes WTT-Match bestritten, knapp zwei Jahre später entschied er, einen Schlussstrich unter seine Tischtenniskarriere zu ziehen und neue Wege zu beschreiten. Ich bin mir sicher, die Mehrheit der deutschen Tischtennis-Community hatte dem sympathischen Ex-Nationalspieler, der auch auf myTischtennis.de schon als Blogger und Olympia-Experte mitgeholfen hat, die Daumen gedrückt, dass er die Schmerzen in den Griff kriegt und an den Tisch zurückkehrt. Die Entscheidung zu treffen, dass es an dieser Stelle keinen Sinn mehr ergibt, weiterzukämpfen, und die Hoffnungen zu begraben, ist Ort sicherlich nicht leicht gefallen und verdient höchsten Respekt. 

Der Schluss, mit 41 Jahren die Karriere zu beenden, nachdem einem beide Achillessehnen innerhalb eines halben Jahres gerissen sind, man ein Jahr lang auf den Wettkampfsport verzichten musste und die Kolleginnen von der heimischen Couch aus bei den Olympischen Spielen in Paris beobachtet hatte, lag auch bei Ying Han nahe. Und tatsächlich machte sich die Abwehrspielerin in ihrer zweiten Pause auch intensiv Gedanken dazu, ob nun die Zeit für das Karriereende gekommen sei. Doch Han entschied sich dagegen, kämpfte sich wieder heran und spielte sich direkt bei ihrem Comeback-Turnier in Montreux ganz wie in alten Zeiten zum Titel. Ein unglaublicher Kraftakt liegt hinter ihr - und das nicht nur, was die körperliche Komponente betrifft, sondern vor allem auch die mentale. Man könnte es verstehen, wenn zwei so schlimme Unfälle traumatische Folgen haben würden und man nicht mehr ohne Angst an den Tisch gehen könnte. Doch Han hat ihren eigenen Psychothriller mit einem Happy End abgeschlossen und eindrucksvoll gezeigt, dass mit ihr weiterhin zu rechnen ist. 

Alles ist möglich

Und das nicht nur am Tisch, sondern ab Dienstag auch wieder in der Weltrangliste, in die sie durch ihre gewonnenen 500 Punkte wieder vorne mit einsteigen wird. Über die WM wollte sie bei unserem Interview vor dem Europe Top 16 Cup noch nicht sprechen, aber keine Frage, dass sie - sollte der Körper mitspielen - eine heiße Kandidatin für einen der Startplätze im deutschen Damenteam sein wird. In der Form, in der sie sich in Montreux direkt schon wieder präsentiert hat, darf man sich auch durchaus Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden in Doha machen. Lohnt es sich womöglich für sie, auch noch auf die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles zu schielen? Das hängt neben der Gesundheit natürlich auch davon ab, wie sehr der Nachwuchs von unten drückt. Unmöglich ist es nicht - bis zu den 61 Jahren von Luxemburgs Dauerbrenner und Paris-Fahrerin Xia Lian Ni hat Ying Han schließlich noch eine Menge Zeit.

(JS)

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