Blog: Was Olympia kann, kann nur Olympia

Nicht nur Felix Lebrun wird gefeiert: Die Fans in Paris feuern alle Spieler lautstark an (© ITTF)

29.07.2024 - Die Stimmung bei den Tischtennis-Wettbewerben in Paris ist begeisternd. Seit dem ersten Tag werden die Spieler und Spielerinnen in der South Paris Arena 4 gefeiert und frenetisch angefeuert - nicht nur die Franzosen, sondern ausnahmslos alle. Warum sie glaubt, dass eine solche Atmosphäre nur bei Olympischen Spielen möglich ist, erklärt Redakteurin Susanne Heuing in ihrem Blog.

Es läuft Tag drei der Olympischen Spiele, für ein erstes sportliches Fazit ist es noch zu früh. Was man aber jetzt schon sagen kann: Stimmungstechnisch sind die Tischtennis-Wettkämpfe ein absolutes Highlight. Auch in anderen Sportstätten soll die Atmosphäre gut sein, selbst davon überzeugen konnte ich mich bis dato wegen des vollen Programms beim Tischtennis noch nicht. Was sich in der South Paris Arena 4 bisher abspielt, ist aber wirklich erstaunlich. Eine solche Stimmung habe ich beim Tischtennis bislang noch nicht erlebt.

Wenn die Franzosen spielen, fühlt es sich regelmäßig so an, als würde die Halle beben. Die Zuschauer bringen ihre Begeisterung nämlich auch damit zum Ausdruck, dass sie mit den Füßen trampeln, was das Zeug hält – und das ist dadurch, dass sie auf Stahltribünen sitzen, extrem laut. Sie skandieren die Namen ihrer Helden, schwenken Fahnen, singen mitten im Spiel die Marseillaise. Doch nicht nur das, auch den ausländischen Spielern begegnen sie mit einer Begeisterung, wie diese sie bisher wohl kaum anderswo erlebt haben, oft picken sie sich einen Spieler oder eine Spielerin heraus, die sie besonders anfeuern oder stimmen bei den Gesängen und Anfeuerungen der internationalen Fans ein, skandieren dann „Puerto Rico, Puerto Rico“ oder pushen mit „Luka, Luka“-Gesängen den Luxemburger Luka Mladenovic, obwohl der gerade ziemlich hoch zurückliegt. Nahezu immer, wenn ein Spieler die Halle verlässt, brandet tosender Applaus auf. Auf dem Weg aus der Halle müssen – oder vielmehr dürfen – die Aktiven an allen Zuschauertribünen entlanglaufen. Schon am ersten Tag, in der ersten Session, sind die Athleten und Athletinnen der Qualifikationsrunde frenetisch angefeuert und anschließend teilweise mit standing ovations verabschiedet worden. Es sind besondere Momente für die Sportler, die sonst so oft – auch als Weltklassespieler – vor nur spärlich besetzen Rängen spielen. Mladenovic bedankte sich im Anschluss via Instagram für die Gänsehaut und die unvergesslichen Momente, die das französische Publikum ihm geschenkt habe.

Besonders ungewohnt ist für die Spieler, dass es auch während der Ballwechsel auf den Tribünen so laut ist. Doch auch jene, die sonst so empfindlich auf äußere Begebenheiten reagieren, genießen die Atmosphäre. „Einfach megageil, es macht viel Spaß, hier zu spielen“, sagte etwa Dang Qiu nach seinem Erstrunden-Einzel gegen Tiago Apolonia, viele andere formulierten es ähnlich. Qiu merkte in dem Zusammenhang etwas an, was auch vor acht Jahren bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro schon öfter von den Spielern zu hören war: Wenn die Zuschauer derart laut sind, hören die Aktiven den Ball nicht mehr aufspringen. Beschweren tut sich dennoch niemand darüber. Einige Spieler sagen, dass es nicht leicht sei, sich zu konzentrieren, besonders dann, wenn an einem der Nebentische etwas passiert, dass das Publikum zu neuen Jubelstürmen hinreißt. Letztlich aber ist alles Gewöhnungssache. Und an begeisterte Fans gewöhnen sich die Spieler gerne. Tischtennis, der Sport, bei dem man sonst oft eine Stecknadel fallen hören könnte, geht also auch laut.

Fans aus aller Welt feiern sich, die Spieler und den Moment

Überraschend kommt es nicht, dass die Stimmung bei diesen Olympischen Spielen so gut ist. Die Franzosen gelten als sportbegeisterte Nation, und die Lebrun-Brüder haben inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad in ihrer Heimat erlangt. Die besondere Atmosphäre ergibt sich aber auch dadurch, dass neben den Franzosen Zuschauer aus aller Herren Länder in der Halle sind, dass es bei Olympischen Spielen auch viele tischtennisfremde Fans in die Arena zieht. Und für viele der Zuschauer ist es wie für die Spieler ein Once-in-a-lifetime-Ereignis, bei Olympischen Spielen dabei zu sein. Da wird jeder Moment zelebriert, ob man nun beim Beachvolleyball sitzt oder beim Tischtennis. So war es auch 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro schon. Mit dem Unterschied, dass damals die Ränge beim Tischtennis an den ersten Wettkampftagen noch nicht ganz so gut gefüllt waren.

Wenn man die Tischtennis-Party in Paris miterlebt, stellt man sich zwangsläufig die Frage: Ist es machbar, auch bei anderen Tischennis-Veranstaltungen eine solche Atmosphäre zu kreieren? Kann man von Paris etwas lernen, übertragen auf andere Events? Ich glaube nicht. Beim größten Sportereignis der Welt kommen, wie oben bescrhrieben, einfach viele Faktoren zusammen. Was Olympia kann, kann nur Olympia. Daher, zurücklehnen – und genießen! (sue)

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