24.07.2021 - Wer bei der gestrigen Eröffnungsfeier die Augen nach den deutschen Tischtennisstars offen gehalten hat, wird vergeblich gesucht haben. Das DTTB-Team entschied sich, geschlossen nicht an den Feierlichkeiten teilzunehmen. So musste Redakteurin Janina Schäbitz das deutsche Tischtennis-Fähnchen im Olympiastadion hochhalten - wenn auch ‚nur‘ auf der Pressetribüne. Für die Olympia-Debütantin war dies ein ganz besonderes Erlebnis, ein bitterer Beigeschmack war dennoch dabei.
Seien wir ehrlich: Wenn Corona nicht wäre, hätte ich den gestrigen Abend wohl in meinem Hotelzimmer vor dem Fernseher verbracht. Mit einer Akkreditierung für nur eine Sportart hat man normalerweise äußerst schlechte Chancen, ein Ticket für ein sogenanntes „High-Demand-Event“, also ein sehr beliebtes Ereignis wie die Eröffnungsfeier, zu bekommen. Doch Corona und die damit verbundenen Maßnahmen hielten viele Journalisten zu Hause und die Zuschauer zwangsläufig auch. So kam es, dass für mich doch ein Plätzchen auf der Tribüne des Olympiastadions frei war. Und was soll ich sagen? Es war ein einmaliges Erlebnis. Live dabei zu sein, wie nur ein paar hundert Meter von einem entfernt das olympische Feuer entzündet wird, ist wohl für jeden Olympia-Fan ein wahrer Gänsehautmoment. Und so auch für mich.
Die Zuschauer fehlen
Da dies meine ersten Spiele sind, habe ich keinen direkten Vergleich. Aber auch wenn der gestrige Abend für mich ein ganz besonderer war, konnte diese Eröffnungsfeier sicherlich nicht mit jenen mithalten, bei denen tausende Zuschauer den einziehenden Athleten zujubeln und für Stimmung sorgen. Gestern blieben die Ränge weitgehend leer. Neben den Athleten sollen etwa 900 Offizielle und 3500 Medienvertreter im Stadion gewesen sein. Da dort normalerweise 48.000 Zuschauer Platz finden und viele Journalisten vor Ort gearbeitet haben, hielt sich die Stimmung also naturgemäß in Grenzen. Und auch wenn man hätte jubeln wollen, machte Corona hier einen Strich durch die Rechnung. Rufen und Singen waren verboten, nur Klatschen war in Ordnung. Damit die Athleten nicht in völliger Stille durchs Stadion marschierten, wurden also hunderte Stimmungsmacher in den Innenraum gestellt, die unermüdlich klatschten, tanzten und die Sportler, die nicht direkt zurück ins Hotel wollten, um die Einziehenden herum platzierten. Eine gute Idee - so hatten die winkenden Athleten zumindest viele freundliche Gesichter um sich herum, die zurückwinkten.
Andere Regeln wurden weniger gut befolgt. Natürlich kam es unter den Sportlern im Innenraum zu Gruppenbildung und auch Kontakte wurden nicht vermieden. Wer will es ihnen verübeln, dass sie an diesem besonderen Tag in ihrem Leben das eine oder andere Gruppenfoto geschossen oder sich mit Sportlern anderer Nationen unterhalten haben? Problematischer fand ich allerdings den Umgang einiger mit ihren Masken - selbst vor laufenden Kameras liefen viele mit ihren Masken auf Halbmast durchs Stadion, wie etwa Bojan Tokic, der sogar als slowenischer Fahnenträger im Fokus stand. Immerhin noch besser als Pakistan, Kirgisistan und Tadschikistan - deren Anführer hatten nämlich noch nicht einmal eine Maske auf. Wenn man dann bedenkt, dass zeitgleich vor dem Stadion Demonstrationen gegen die Austragung der Olympischen Spiele liefen, eben wegen des hohen Risikos einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus in Japan, wirkt solch ein Verhalten noch unangemessener. Wegen der ablehnenden Haltung der Bevölkerung soll es, laut japanischen Medien, auch nicht so einfach gewesen sein, Teamkapitäne für die Gastgebermannschaft zu finden, die unter anderem die Aufgabe haben, auf der Bühne stellvertretend den olympischen Eid zu schwören. Es machten am Ende dann übrigens der Sprinter Ryota Yamagata und die Tischtennisspielerin Kasumi Ishikawa.
Viele Menschen vorm Stadion
Der Beigeschmack verlor sich auch nach der Feier nicht, als hunderte Journalisten mit Bussen zunächst zu einem zentralen Busbahnhof und dann in ihre Hotels gebracht wurden. Während im Stadion, zumindest dort, wo ich gesessen habe, auf das Einhalten der Regeln, insbesondere der Abstände geachtet wurde, war das hier kaum mehr möglich. In langen Reihen schlängelten sich die Menschen über den Bürgersteig - wohl fühlte man sich dabei nicht. Eine blöde Situation, denn die Journalisten waren, sofern noch nicht 14 Tage im Land, auf diese Shuttle angewiesen. Es ist nur zu hoffen, dass trotzdem alles gutgegangen ist und der Abend in der tollen Erinnerung bleibt, mit der ich das Stadion verlassen habe.
(JS)
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