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Lennarts Blog: Nackig zum Training im luftigen Dampfbad

Mit weißen Planen versuchen die Organisatoren das heiße schwarze Zelt abzukühlen (©Wehking)

09.07.2019 - Entweder Dampfbad oder Windkanal - das ist nicht unbedingt die Wahl, die man haben möchte, wenn man sich auf seine Spiele bei einem wichtigen Turnier vorbereiten will. Bei der Universiade in Neapel sind die Bedingungen ein wenig chaotisch, doch die Spieler wissen sich zu helfen. Trainer Lennart Wehking erzählt in seinem Blog von freizügigen Trainingsoutfits, punktuell hervorragender Stimmung und dem Klassiker zwischen China und Deutschland.

Cina contro Germania“, schallt es durch die leicht knarzigen Lautsprecher in der Halle Palatrincone. Das Aufeinandertreffen mit der chinesischen Auswahl gehört zum Universiade-Matchplan wie der SSC Neapel zur Region Kampanien. So konnten sich auch in diesem Jahr die vier Jungs nach dem umjubelten Gewinn des Viertelfinals im Halbfinale mit dem absoluten Favoriten auf sämtliche Goldmedaillen messen. Diese Partie sichtlich genießend zeigten die für die Partie aufgestellten Nils (Hohmeier, Anm. d. Red.), Liang (Qiu) und Florian (Bluhm) etliche spektakuläre Rallys und konnten in Person von Liang einen Satzgewinn verbuchen. Das war aber auch das Höchste der Gefühle, recht radikal zeigte das von Deutschland-Experte Ding Song betreute Trio, das mit Yu Ziyang und Zhu Linfeng auch zwei aktuelle A-Kaderathleten aufbot, den Jungs ihre Grenzen auf. Auch in meiner neuen Position außerhalb der Box wirken die Dynamik, Stabilität und insbesondere die technische Überlegenheit der gut aufgelegten und sehr offen-sympathisch wirkenden Kontrahenten aus dem Shanghaier Provinzteam beeindruckend. 

Hohmeier/Walther werden ‚sitzengelassen‘

Schon vor dem Halbfinal-Highlight waren die Individualwettbewerbe angelaufen und wurden am Folgetag fortgesetzt. Alle acht Spielerinnen und Spieler haben sich mehr oder weniger souverän für die Hauptrunde qualifiziert, in der nun zumeist anspruchsvolle Aufgaben warten – vediamo, mal sehen, wer für eine Überraschung sorgen kann. Im Doppel- und Mixedwettbewerb mussten schon alle Duos die Segel streichen, einzig Nils und Luci (Gianluca Walther) stehen in der Runde der letzten 16 des Doppelwettbewerbs. Und das, ohne einen Ball gespielt zu haben. Auf das Freilos in Runde 1 sollte eigentlich eine Begegnung mit Spielern aus Saudi-Arabien folgen, deren komplette Delegation jedoch vorab abgereist ist und gar vergessen hatte, die verfrühte Rückreise bekannt zu geben – auch das ist Universiade.

Für besondere Momente in der Halle sorgen dieser Tage in aller Regelmäßigkeit die italienischen Spielerinnen und Spieler, da sich die bedauernswerter Weise sehr spärlich gefüllten Steintribünen dann rasch füllen und so angefeuert wird, wie ich mir das für den Tischtennissport viel häufiger wünsche: Es wird gepfiffen, gesungen, skandiert und frenetisch jeder Punktgewinn abgefeiert. Durch die Unterstützung der Tifosi wachsen die im für mich mit Abstand schicksten Dress ausgestatteten Lokalmatadore über sich hinaus. Das musste zuletzt zum Beispiel der international erfahrene Lionel Weber aus der Schweiz erfahren, dem sogar ein 3:0-Vorsprung in diesem punktuellen Hexenkessel nicht ausreichte. 

Raues Lüftchen im Dampfbad

Ein Update gibt es auch von der Trainingshalle zu berichten. Sowohl die Aktiven als auch die Organisatoren geizen nicht mit Ideen, diesem einem Dampfbad ähnelnden Gebilde doch noch einige Minuten Vorbereitung und Training abzugewinnen. Die Spieler betreten das Provisorium nur noch oben ohne und die Organisatoren haben eine weiße Plane über die zuvor pechschwarze gelegt, dafür weht jetzt ein raues Lüftchen durch die Halle, so dass sie eher dem Parksport Tischtennis gleicht denn einer professionellen Warm-Up-Halle. 

Außerhalb der Halle durfte ich bei meiner fünften Universiade zum ersten Mal der Einladung des ADH folgen, der traditionell alle Offiziellen (Ärzte, Physios, Orgateam, Disziplinchefs und Trainer) zu einem leckeren Essen einlädt. Direkt in der Nähe des Hafens wartete dann auch Vino Bianco und Pasta der besseren Sorte auf uns. Leider mussten wir ‚Auswärtigen‘, die nicht auf einem der zwei riesigen Dampfer im Hafen Napolis untergebracht sind, recht zeitig die Biege machen und wurden mit einem Privattaxi in unsere von gewöhnlichen Taxen äußerst ungern angesteuerte Umgebung zurückgebracht. Kurzerhand entschieden unser Disziplinchef Olli Jetter und unser unglaublich positiver und spaßiger Physio Albert, den Abend noch in einer der wenigen nicht ganz verruchten Bars ausklingen zu lassen. In der von uns als DonkeyKong-Bar getauften Lokalität (ein überdimensionaler Affe steht auf dem Dach der Kneipe und wirkt wie so vieles in unserer Gegend eher morbide und aus einer anderen Zeit) wurden wir zwar sehr, sehr eingehend und verwundert gemustert, nach dem dritten Bier dann aber doch willkommen geheißen. Die Rückkehr in unser Resort bedeutete einen rund einstündigen Spaziergang entlang der laut Google recht ungemütlichen Straße gen Norden, die uns noch mal einen direkten Einblick in die große Armut dieser abgeschiedenen Vororte gewährte. In den nächsten Tagen wird es für uns bestimmt noch die eine oder andere Möglichkeit geben, das Zentrum Neapels anzusteuern und diese bestimmt unglaublich spannende Metropole zu erkunden. Es wird auch Zeit, denn ich habe bislang skandalöser Weise noch keine echte Pizza Neapolitana angeschmeckt!

Ein paar Eindrücke finden Sie in der Bildergalerie!

Lennarts Blog zur Eröffnungsfeier
Lennarts Blog zum Bronzegewinn

(Lennart Wehking)

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