EM 2024

DTTB-EM-Zitate: Ziele, Form und Konkurrenz

Bei der EM in München 2022: Dang Qiu strebt in Linz die Titelverteidigung an! (©ETTU)

09.10.2024 - Noch sechs Tage, dann beginnt im österreichischen Linz die nächste Individual-Europameisterschaft (15. bis 20. Oktober). Mit dabei: Etwa 300 Spielerinnen und Spieler aus bis zu 50 Nationen sowie 14 DTTB-Asse (sechs Herren und acht Damen). Wie gewohnt haben sich die deutschen Starter, Verantwortlichen und Trainer im Vorfeld gegenüber dem DTTB geäußert. Was sich die Delegation für das Turnier vorgenommen hat, lesen Sie hier.

„Die Titelverteidigung ist immer schwieriger, als den ersten Titel zu gewinnen.“ Dang Qiu, der vor zwei Jahren wie ein Komet in die Weltspitze emporstieg und bei den Europameisterschaften in München seinen erstes Einzelgold holte, weiß sechs Tage vor Beginn der nächsten Individual-Titelkämpfe in Linz (15. bis 20. Oktober) nur zu gut, wie steinig der Weg zur Wiederholung seines Erfolgs in Oberösterreich werden wird: „Mit Felix Lebrun, Truls Moregardh, Dima Ovtcharov, Patrick Franziska, Darko Jorgic und all den anderen starken Spielern hinten dran sind zusammen mit mir unfassbar viele gute Leute am Start.“

Nina Mittelham hingegen, vor zwei Jahren erst im Finale gegen die Österreicherin Sofia Polcanova durch eine beim Einspielen zugezogene Verletzung auf dem Weg zu Gold gestoppt, reist mit vollkommen anderen Zielsetzungen als Dang Qiu zur EM. Nach ihren Bandscheibenproblemen bei den Olympischen Spielen in Paris bestreitet die Europameisterschaftszweite von München in Linz ihr erstes internationales Turnier seit drei Monaten. Sie erklärt: „Das Wichtigste ist für mich, dass ich schmerzfrei bin.“

Der Düsseldorfer und die Berlinerin bereiten sich in dieser Woche mit dem Nationalteam im Deutschen Tischtenniszentrum auf die Titelkämpfe vor. Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) wird mit einem 14-köpfigen Aufgebot (lesen Sie auch unseren Blog: Mit frischem Wind in den neuen Olympia-Zyklus?) nach Linz reisen. Je fünf Damen und Herren bilden das bei der EM für die Nationen übliche Kontingent. Die weiteren vier Startplätze verdienten sich deutsche Nachwuchsasse bei kontinentalen U21-Titelkämpfen.

Gespielt wird bei den Europameisterschaften um die Titel im Einzel, Doppel und Mixed. Mit welchen Erwartungen die die deutschen Weltklasseathleten und die DTTB-Talente Anfang der nächsten Woche nach Österreich reisen, verrieten die 14 DTTB-Starter sowie die verantwortlichen Trainer im Rahmen der EM-Vorbereitung.

Alle Stimmen können Sie hier nachlesen:

Richard Prause, DTTB-Sportdirektor:

Schon fast traditionell war Deutschland in der Vergangenheit bei Europameisterschaften sehr erfolgreich. So gab es zuletzt in München Gold im Einzel für Dang Qiu, Silber für Nina Mittelham und zweimal Bronze für Sabine Winter und Xiaona Shan. Wie lautet die Zielsetzung für die EM 2024?

„Wir wissen, dass solch außergewöhnliche Resultate nur zustande kommen, wenn alle Konstellationen perfekt zusammenpassen. Das ist aber leider eher selten der Fall. In Linz treffen wir auf eine immer ausgeglichener werdende Konkurrenz, wie auch die Ergebnisse der letzten Team-EM, der Team-WM und der Olympischen Spiele gezeigt haben. Wir freuen uns auf die spannenden Vergleiche mit Topspielern wie Frankreichs Stars Felix und Alexis Lebrun sowie mit Schwedens Ass Truls Moregardh. Diese hochkarätigen Duelle mit immer wieder offenem Ausgang sind gut für den Tischtennissport. Trotz der immer stärker werdenden Konkurrenz bin ich aber optimistisch, dass wir in Linz sowohl bei den Damen als auch bei den Herren ein Wort bei der Medaillenvergabe mitreden. Gleichzeitig bin ich sehr gespannt darauf zu sehen, wie unsere Nachwuchsspieler sich bei ihrer ersten EM im internationalen Vergleich behaupten.“

Dang Qiu, Titelverteidiger:

In Macao hast du im September als erster Europäer das Endspiel eines WTT-Champions-Turniers erreicht, musstest aber wenige Wochen später den China Smash wegen Rückenproblemen absagen. Wie geht es dir aktuell und wie ist die Form?

„Die Auszeit, die ich durch die Absage des China Smash bekommen habe, konnte ich nutzen. Ich habe mich auskuriert und aktuell geht es mir wieder gut. Ich hoffe nun, dass ich mich dementsprechend gut für die Europameisterschaften vorbereiten kann. Die Form im Training ist gut, auch wenn die Strapazen des vollen Terminkalenders mit seinen vielen Reisen immer Spuren der Müdigkeit hinterlassen. Aber davon abgesehen, ist die Form ganz in Ordnung.“

Bei den Europameisterschaften in München bist du bei Deinem ersten Einzelstart auf Anhieb Europameister geworden. Den Titel zu verteidigen gilt als noch schwerer. Mit welchen Erwartungen reist du nach Linz?

„Die Titelverteidigung ist in der Tat immer schwieriger, als den ersten Titel zu gewinnen. Mit Felix Lebrun, Truls Moregardh, Dima Ovtcharov, Patrick Franziska, Darko Jorgic und allen anderen Spielern hinten dran sind zusammen mit mir unfassbar viele gute Leute am Start. Vor allem Felix und Truls starten nach ihren olympischen Einzelmedaillen mit breiter Brust. Die Bandbreite an Spielern, die Europameister werden können, ist in Linz extrem groß. Es ist vielleicht eine der stärksten Europameisterschaften, die es je gegeben hat. Deshalb hoffe ich, dass ich eine gute Vorbereitung haben werde.“

Der Terminplan im Tischtennis ist voll. Wie gezielt hast du dich auf das Unternehmen Titelvorbereitung vorbereiten können?

„Der immer schon volle Terminplan ist in den letzten Jahren noch viel voller geworden. So haben wir beispielsweise in der Woche vor der EM neben der Vorbereitung auch noch zwei TTBL-Spiele. Das ist natürlich alles nicht optimal für uns Spieler. Wir bestreiten deshalb fast jedes Turnier ohne gezielte Vorbereitung, was eigentlich katastrophal ist. Durch die vielen Wettkämpfe bleiben Erholungsphasen ebenso wie richtige Trainingsphasen weitgehend aus. Das ist weder besonders gesund noch niveausteigernd. Mittlerweile haben wir zwar viel Erfahrung damit und machen das Beste daraus, aber es ist natürlich keine gute Entwicklung. Ich persönlich würde mir wünschen, wenn wir mehr Zeit für das Training hätten.“

Patrick Franziska, Saudi-Smash-Finalist und die Nummer 12 der Welt:

Bei Europameisterschaften war deine beste Platzierung im Einzel bisher Rang drei im Jahr 2018. Dass du auch große Titel kann, hat man aber 2021 beim Gewinn des Europe Top 16 gesehen. Ist die Zeit diesmal reif für den Europameistertitel?

„Das ist schwer zu sagen. Wir spielen so viele Turniere, dass man erst einmal schauen muss, in welcher Form man überhaupt anreist. Ich will natürlich sehr weit kommen – das muss auch mein Anspruch sein. Es gibt in Linz wohl so viele Spieler wie selten zuvor, die Europameister werden können. Ich schaue ganz klassisch von Runde zu Runde. Natürlich will ich aber auf jeden Fall dieses Mal im Einzel und auch Mixed angreifen. Mal sehen, wie es dort mit Annett läuft. Wir spielen ja zum ersten Mal zusammen und müssen uns durch die Qualifikation boxen. Meine Ziele für diese EM sind jedenfalls hoch gesteckt.“

Orientiert man sich an der Weltrangliste, ist 2024 dein bestes Jahr. Gute Ergebnisse, darunter Platz zwei beim Grand Smash in Saudi Arabien, haben dich bis auf Platz neun katapultiert. Was hat den nochmaligen Schub nach vorne bewirkt?

„Es war das beste, aber auch emotional das schwierigste Jahr, an dass ich mich in meiner Karriere erinnern kann. Manchmal war ich selbst überrascht, wie gut ich spielen kann. Es kommen ja immer viele Faktoren zusammen. Ich habe inzwischen besser gelernt, im Wettkampf alles um mich herum auszublenden. Auch habe noch weiter an meiner Rückhand gearbeitet, die nun fast immer sehr gut funktioniert. Ich bin zudem verletzungsfrei geblieben und hatte wenige Unterbrechungen, die ich nicht selbst steuern konnte. Diese Dinge zusammen, denke ich, sind der Schlüssel für den Erfolg. Ich bin auf jeden Fall sehr stolz darauf, dass ich es in diesem Jahr erstmals bis unter die Top Ten auf der Welt geschafft habe.“

Dimitrij Ovtcharov, je zweimal Europameister und Olympiadritter:

Bei den Olympischen Spielen musstest du dich nur hauchdünn Frankreichs Superstar Felix Lebrun beugen. Beim China Smash war die Form gut, aber ein Infekt hat dich gestoppt. Wie fit reist du zur EM?

„Ich bin seit einigen Monaten gut in Form. Bei Olympia habe ich nur gegen Felix Lebrun und Truls Moregardh, zwei der dominierenden Spieler des Turniers, knapp verloren. Beide Partien hätte ich auch gewinnen können. In der Bundesliga bin ich mit 9:0 in die Saison gestartet, beim China Smash ist mir, leicht angeschlagen von einem Infekt, nach einer guten Leistung erst am Ende gegen den starken Chinesen Zhou Qihao etwas die Luft ausgegangen. Insgesamt ist mein Tischtennis also sehr gut im Moment.“

Du warst 2013 und 2015 Europameister, hast 2020 im Finale gegen Timo gestanden und gehörst auch jetzt wieder zum allerengsten Kreis der Titelanwärter. Wie gut stehen die Chancen auf den dritten Titelgewinn?

„Ich freue mich auf die EM. Es wäre etwas ganz Besonderes, wenn ich nach meinen beiden Erfolgen im Einzel den Titel noch ein drittes Mal schaffen könnte. Es gibt natürlich viele Spieler, die auf den Titel schielen. Felix und Alexis Lebrun, meine Teamkollegen Dang und Patrick, Darko Jorgic, einige Schweden. Auch ich zähle mich zum Favoritenkreis, aus dem . außer mir und Dang noch niemand den Titel gewonnen hat. Deshalb versuche ich meine gute Form mitzunehmen und das Turnier zu genießen. Es wäre großartig, es noch einmal zu schaffen. Aber den Druck in Linz sehe ich nicht bei mir. Den überlasse ich den anderen.“

Benedikt Duda, Deutscher Meister 2024 und 2021:

Nach einer mehrwöchigen Pause wegen einer Knorpelverletzung im Knie im Sommer hattest du nur wenig Zeit für einen gezielten Wiederaufbau, sondern musstest früh wieder an den Tisch. Nun kommst du wieder besser in Schwung. Wie weit bist du derzeit noch von seiner Bestform entfernt?

„Das weiß ich momentan selbst nicht genau. Im Training fühlt es sich schon alles ganz gut an. Ich hoffe, die Zeit läuft für mich, um genau dann in Topform zu sein, wenn bei den Europameisterschaften der erste Ballwechsel gespielt wird.“

Im Einzel bist du in der Lage, jeden Europäer zu schlagen. Das gilt uneingeschränkt auch für das Doppel mit Dang Qiu. Ihr habt zwar seit der WM in Durban nicht mehr zusammengespielt, kennt euch als sechsmalige Deutsche Meister aber in- und auswendig: Wie konkret ist der Traum vom Europameistertitel?

„Dang und ich wir harmonieren im Doppel sehr gut. Wir haben zwar jetzt länger keine internationalen Turniere mehr gemeinsam bestritten. Aber wir bereiten uns im Training akribisch und gezielt auf die EM vor. Dann werden wir von Runde zu Runde schauen. Das Niveau, um ganz vorne mitzuspielen, haben wir. Aber am Ende zählt gegen die starke Konkurrenz die Tagesform. Deshalb werden wir versuchen, in Linz bei hundert Prozent zu sein.“

Fanbo Meng, ehemaliger Jugend-Europameister mit dem Team:

Hinter den vier deutschen Topstars gab es durchaus mehrere Anwärter auf den fünften Platz im Aufgebot. Wie groß ist deine Freude über die erste EM-Nominierung bei den Herren und mit welchen Erwartungen reist du nach Linz?

„Ich freue mich riesig über meine Nominierung. Das ist etwas ganz Großes für mich. Besonders auch deshalb, weil es ja meine ersten Europameisterschaften sind. Dazu noch ist es eine Einzel-EM, bei der ich also auch in jedem Fall meine Spiele bestreite. Ich trainiere hart und versuche, gut vorbereitet in Linz anzutreten. Wahrscheinlich muss ich in die Qualifikation. Ich schaue dann von Spiel zu Spiel, ohne mir zu viel Druck zu machen. Meine Vorfreude auf die EM ist in jedem Fall sehr groß.“

Andre Bertelsmeier, U21-EM-Dritter und Zweiter des Europe Youth Top 10:

Du bist erst 18 Jahre alt und hast dir als Dritter der U21-EM einen der wenigen direkten Startplätze der Europäischen Tischtennis-Union verdient, vergangenen Sonntag wurdest Du beim Europe Top 10 der Jungen Zweiter. Nicht wenige Experten schreiben dir eine erfreulich gute internationale Perspektive zu. Mit welchen persönlichen Erwartungen reist du zu deiner ersten Herren-EM nach Linz?

„Es ist meine erste große Herrenveranstaltung ist, an der ich teilnehmen werde. Da ich noch gar nicht so genau weiß, wie ich im Vergleich zu meinen Konkurrenten stehe, habe ich mir kein richtiges Ergebnisziel vorgenommen. Stattdessen versuche ich eher, einfach mein Bestes zu geben. Dann werde ich von Spiel zu Spiel zu schauen, um bei meinem EM-Debüt bei den Herren das für mich Maximale herauszuholen.“

Jörg Roßkopf, Herren-Bundestrainer:

Deutsche Spieler zählen immer, insbesondere bei Europameisterschaften, zu den Favoriten auf die Medaillenränge. Mit welchen Zielen reisen die Herren zu den Europameisterschaften in Linz?

„Die EM findet relativ kurz nach den Olympischen Spielen und in einem terminlichen Umfeld statt, das kaum Zeit für eine wirklich gezielte Vorbereitung ließ. Aber es ist das bedeutendste Turnier in Europa mit einem sehr prestigebehafteten Titel. Entsprechend hoch ist die Motivation aller Athleten, nicht nur meiner Jungs. Unser Anspruch ist immer, zu gewinnen. In der Vergangenheit hat Deutschland die Europameisterschaften dominiert. Inzwischen sind die Kräfteverhältnisse in Europa ausgeglichener geworden und damit auch der Favoritenkreis viel größer. Wir haben in Linz mit Dang Qiu als Titelverteidiger, Patrick Franziska, Dimitrij Ovtcharov und Benedikt Duda vier Weltklassespieler am Start, die gegen jeden gewinnen können und deshalb auch um den Titel mitspielen. Bei den beiden jüngeren, Fanbo Meng und Andre Bertelsmeier, sind wir sehr gespannt, wie sie sich im internationalen Vergleich mit der Spitze Europas schlagen.“

Die Stimmen der deutschen Damen finden Sie auf der zweiten Seite des Artikels

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