Petrissa Solja und Shan Xiaona sorgten für einen guten Start - danach lief es aber nicht mehr rund (©ITTF)
05.08.2021 - Vier Mannschaften waren an den letzten Turniertagen im Teamwettbewerb der Damen noch im Rennen - und drei werden am Ende mit einer Medaille nach Hause gehen. Deutschland ist in diesem kleinen Kreis der undankbare Vierte, also genau die Mannschaft, die leer ausgeht. Im Spiel um Bronze gegen Hongkong ließen Petrissa Solja, Han Ying und Shan Xiaona zu viele Chancen liegen und belohnten sich nicht für ihre gute Turnierleistung.
Vor den deutschen Fernsehkameras flossen einige Tränen. Zu groß war die Enttäuschung, sich nicht die zweite Medaille nach dem überraschenden zweiten Platz in Rio geholt zu haben. Gegen einen Gegner, den man im Vorhinein als gut schlagbar ansehen konnte, erfüllten die deutschen Damen ihre Favoritenrolle nicht und gingen mit einer 1:3-Niederlage aus dem Spiel um Platz drei. Somit belohnte sich Hongkong für eine sehr gute Leistung mit der Bronzemedaille. „Vor fünf Jahren gegen Japan hatten wir nichts zu verlieren“, erinnerte sich Bundestrainerin Jie Schöpp. „Diesmal hatte man das Gefühl, man muss das Spiel gewinnen, weil man besser ist. Meine Spielerinnen haben gekämpft, aber leider mehr gegen sich selbst und gegen den großen Druck.“
Guter Start im Doppel
Schon im Doppel war der Druck zu spüren. Doch auch wenn Shan Xiaona und Petrissa Solja einen Satz brauchten, um in ihr Spiel zu finden, lief es danach deutlich besser und sie holten sich die Führung gegen Lee Ho Ching und Doo Hoi Kem. Im vierten Satz wurde es noch einmal knapp. Zwar ging auch hier das deutsche Duo voran, doch waren Lee/Doo drauf und dran, sich noch in den Entscheidungssatz zu retten. Mit einem 15:13 zum Abschluss erfüllten Solja/Shan ihnen diesen Wunsch nicht und bescherten Deutschland den wichtigen ersten Punkt. „Nach dem 1:0 haben wir gehofft, dass Ying ihr Einzel nach Hause bringt“, erklärte Schöpp. „Das war das Schlüsselspiel.“ Denn Han schaffte es überraschend nicht, dem Druck standzuhalten und ließ sich von Soo Wai Yam Minnie den ersten Satz nach einer 10:6-Führung noch abnehmen. Im zweiten Satz deutete sich dann ein Déjà-vu an, als ihr Soo beim Stand von 10:6 wieder gefährlich nah kam. Diesmal ging Schöpp mit einer Auszeit dazwischen und Han ließ sich diesen Satz nicht auch noch klauen. Doch sie schaffte es trotzdem nicht, Soo im weiteren Spielverlauf zu kontrollieren. Die Hongkong-Chinesin brachte sich im engen dritten Satz erneut in Führung und machte den Sack anschließend zu. „Nach dem ersten Satz war ich unter Druck“, erzählte Han. „Sie hat dann das Tempo verändert, was mir noch zusätzlich Stress gemacht hat. Ich hätte dann etwas mutiger spielen sollen.“
Dass Petrissa Soljas Einzel gegen die beste Frau der Gegner, Doo Hoi Kem, sehr schwer werden würde, wusste das deutsche Team schon vorher. Die Bilanz zeigte zwar mit 5:3 leicht in die Richtung der Deutschen, im Teamwettbewerb von Rio 2016 war allerdings Doo mit 3:2 als Siegerin aus ihrem Duell hervorgegangen. Und auch diesmal war die Weltranglisten-15. zur richtigen Zeit auf der Höhe. In den ersten zwei Sätzen ließ sie Solja kaum eine Chance, im engen dritten nutzte sie ihren ersten Matchball zum glatten 3:0-Sieg. Somit stand Shan Xiaona nun mit dem Rücken zur Wand. Sie musste ihr Team gegen Soo Wai Yam Minnie unbedingt im Spiel halten, damit Han im letzten Einzel die Möglichkeit hätte, den Traum von Bronze noch wahrmachen zu können. Doch bereits im Doppel hatte Bundestrainerin Schöpp an ‚Nana‘ eine ungewohnte Nervosität beobachtet, die sie auch im Einzel nicht ablegen konnte. Sowohl im ersten als auch zweiten Satz konnte sich Shan zwischenzeitlich deutlich absetzen, doch ihr fehlte der ‚Killerinstinkt‘, um ihre Satzbälle auch zu nutzen. „Soo hat super gespielt, ich war überrascht, dass alle möglichen Bälle zurückkamen“, erzählte Shan. „Und ich habe mir selbst zu viel Druck gemacht. Ich wollte das Spiel unbedingt gewinnen.“ Am Ende war es jedoch Soo, die von ihren Teamkameradinnen in den Arm genommen und gefeiert wurde. Hongkong bekam Bronze, Deutschland stand mit leeren Händen da.
Undankbarer vierter Platz
„Der vierte Platz ist einfach so unglaublich undankbar“, sagte Solja. „Wir haben vorher gesagt, dass wir alles geben und das haben wir gemacht. Von daher können wir uns keinen Vorwurf machen. Es war einfach auch eine wahnsinnige Stresssituation. Im ganzen Spiel gab es so viele enge Sätze, die wir verloren haben. Wir hätten mehr Mut gebraucht, um sie zu gewinnen.“ Ob es 2024 für das Trio weitergeht, wollten die drei in der Mixed-Zone nicht kommentieren, für Bundestrainerin Schöpp ist ihr Job mit dem Ende der Olympischen Spiele nun aber definitiv erledigt. Sie wird von Tamara Boros abgelöst, Tokio war der große Schlusspunkt ihrer Karriere als Damen-Bundestrainerin. „Wenn man mich vor den Olympischen Spielen gefragt hätte, ob ich mit dem vierten Platz zufrieden wäre, hätte ich wahrscheinlich ja gesagt“, verrät Schöpp. „Aber jetzt standen wir hier und hatten gegen Hongkong eine sehr gute Chance auf Bronze. Mit etwas Abstand wird aber die Erinnerung an ein gutes Turnier von uns bleiben, das wir bis zum letzten Tag bestreiten durften.“
Die Spiele im Damen-Einzel
Spiel um Platz drei
Deutschland - Hongkong 1:3
Petrissa Solja/Shan Xiaona - Lee Ho Ching/Doo Hoi Kem 3:1 (-8,5,7,13)
Han Ying - Soo Wai Yam Minnie 1:3 (-10,9,-9,-7)
Petrissa Solja - Doo Hoi Kem 0:3 (-5,-6,-9)
Shan Xiaona - Soo Wai Yam Minnie 0:3 (-10,-11,-7)
Finale
China - Japan, Donnerstag 12:30 Uhr
(JS)
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