EM 2021

EM-Vorschau: Titelchancen in allen Konkurrenzen

Dimitrij Ovtcharov will in Warschau wieder jubeln (©Gohlke)

16.06.2021 - Am 20. September 2020, also vor ziemlich genau neun Monaten, hätten eigentlich die neuen Tischtennis-Europameister in Warschau gekürt werden sollen. Eigentlich! Denn wie bei so vielen anderen Veranstaltungen kam auch hier die Coronapandemie dazwischen, die in diesem Fall aber nur für eine Verschiebung - und keine Absage - sorgte. Deutschland startet mit einem elfköpfigen Team vom 22. bis 27. Juni in die Individual-EM und hat in jedem Wettbewerb Titelchancen.

Die Europameisterschaft ist der wichtigste Tischtenniswettbewerb auf unserem Kontinent. In diesem Jahr wird das sechstägige Turnier aber weit mehr als ‚nur‘ ein prestigeträchtiges kontinentales Event sein. Drei Monate nach dem letzten internationalen Turnier mit deutscher Beteiligung in Doha und vier Wochen vor den Olympischen Spielen in Tokio dient die Individual-EM in Warschau auch der Standortbestimmung und dem Sammeln von Wettkampfpraxis. Kein Wunder also, dass nicht nur das deutsche Team in absoluter Bestbesetzung in Polens Hauptstadt fährt, um die Europameister und Europameisterinnen im Einzel, Doppel und Mixed zu ermitteln. 

„Meine Form wird immer besser“

„Normalerweise wäre ein so wichtiges Turnier wie die EM so dicht vor den Olympischen Spielen kontraproduktiv. Diesmal bin ich aber sehr happy darüber, da wir an internationalen Turnieren in diesem Jahr nur die beiden Turniere in Katar hatten“, findet Dimitrij Ovtcharov, der sich in Warschau auf das Einzel konzentriert und nach 2013 und 2015 seinen dritten Titel gewinnen möchte. „Das ist zu schaffen, wird aber nicht einfach“, weiß Ovtcharov. „Es gibt sehr viele starke Spieler in Europa und dazu noch einige, die sich überraschend nach vorne spielen können. Um den Titel kämpfen aber vor allem die üblichen Verdächtigen, allen voran Timo. Ich werde jedenfalls alles daransetzen, um bei der EM erfolgreich zu spielen. Wenn dies gelingt, gibt das auch noch einmal ein Super-Selbstvertrauen für die Olympischen Spiele.“

Einer seiner ärgsten Konkurrenten, Timo Boll, geht als Titelverteidiger in den Wettkampf und könnte sich zum achten Mal die europäische Krone aufsetzen lassen. Die aktuelle Nummer elf der Welt weiß, dass es schwer werden wird, den Einzeltitel zu verteidigen, aber die Form stimmt zumindest schon einmal: „In den beiden letzten Monaten konnte ich wieder richtig gut Gas geben im Training. Meine Form wird von Woche zu Woche besser. Ich versuche, alles herauszuholen.“ Neben Dimitrij Ovtcharov sind für Boll mit Patrick Franziska, der bei der EM 2018 in Alicante Dritter wurde, Ruwen Filus, der mit seinem zweiten Platz beim WTT Star Contender in Doha für eine große Überraschung sorgte, und Benedikt Duda, der vor Kurzem als vierter Mann ins Olympia-Team berufen wurde, starke Konkurrenten im eigenen Team vertreten. Aber auch die anderen Nationen reisen mit ihren Leistungsträgern nach Polen. So muss man auf jeden Fall das schwedische Team mit dem aktuell besten Europäer in der Weltrangliste, Mattias Falck, und dem äußerst formstarken Anton Källberg im Auge behalten. Aber auch Topspieler wie Liam Pitchford, Simon Gauzy oder Marcos Freitas werden sicherlich vorne mitmischen.

Erster Einzeltitel seit 2009?

Während sich Deutschland bei den Herren in den vergangenen Jahren regelmäßig auf die oberste Treppchenstufe stellen durfte, muss man bei den Damen auf der Suche nach der letzten Einzel-Goldmedaille zwölf Jahre zurückblicken. Deutschlands Olympionikinnen Petrissa Solja, Han Ying, Shan Xiaona und Nina Mittelham, aber auch Sabine Winter, die sich den letzten EM-Startplatz in einem internen Turnier erkämpft hat, wollen Wu Jiaduos Nachfolgerin werden, die 2009 in Stuttgart als letzte Deutsche Europameisterin wurde. „Ich habe in den letzten Wochen gut trainiert und bin im Training mit meinen Leistungen relativ zufrieden“, erklärt Abwehr-Ass Han Ying. „Die eigene Form ist aber ohne richtige Wettkämpfe aktuell noch schwer einzuschätzen. Ich will versuchen, das umzusetzen, woran ich zuletzt im Training gearbeitet habe.“ Titelverteidigerin Li Qian wird auf heimischem Boden dagegenhalten, aber auch Sofia Polcanova, die beste Europäerin in der Weltrangliste, wird sicher eine Rolle spielen. Rumäniens Asse Bernadette Szöcs und Elizabeta Samara sind in Warschau ebenfalls am Start.

Neben dem Einzel hat Deutschland aber auch in den Doppelkonkurrenzen beste Chancen. Ein ganz heißes Eisen liegt bei den Herren im Feuer, wo Timo Boll und Patrick Franziska schon einmal für den Teamwettbewerb in Tokio proben. „Wir kennen uns gegenseitig praktisch in- und auswendig aus den unglaublich vielen gemeinsamen Trainingsstunden in Höchst und Düsseldorf“, verrät Franziska. „Wir sind auf jeden Fall heiß auf unsere erste gemeinsame EM im Doppel!“ Aber auch das zweite Duo, Benedikt Duda und Dang Qiu, zählt zum Favoritenkreis und weiß laut Letzterem, „dass wir an einem guten Tag jedes Doppel bei dieser EM bezwingen können“. Auch bei den Damen kommt mit Shan Xiaona und Petrissa Solja eine Kombination zum Einsatz, die Deutschland auch in Tokio brauchen wird. Das zweite Duo, Nina Mittelham und Sabine Winter, konnte in anderer Konstellation bereits Doppel-Europameister werden und versucht nun gemeinsam sein Glück.

Dreifach-Belastung für Solja und Franziska

Die WM-Dritten und Medaillenkandidaten in Tokio, Solja und Franziska, starten in Warschau als Titelaspiranten in den Mixed-Wettbewerb. Die beiden werden sich ihre Kräfte allerdings gut einteilen müssen, da sie bei der EM in allen drei Konkurrenzen um die Medaillen mitspielen wollen. „Es wird wohl ganz schön anstrengend werden“, glaubt Solja, je nach dem, wie weit sie kommt. „Patrick und ich bilden ein starkes Duo. Im gemischten Doppel passieren allerdings auch die größten Überraschungen.“ Vielleicht ja diesmal durch ihre Teamkameraden Mittelham und Qiu, die „einfach mal munter drauf los spielen und schauen, was am Ende dabei herauskommt“, wie die Berliner Bundesligaspielerin sagt. Wenn es nach den Bundestrainern geht, sollen am Ende schon Medaillen herauskommen - am liebsten in allen Konkurrenzen. Wichtig ist neben dem funkelnden Halsschmuck aber natürlich auch eines: Erkenntnisse über den Leistungsstand der Athleten gewinnen, um in der letzten Phase der Olympiavorbereitung noch einmal an der einen oder anderen Stellschraube drehen zu können.
 

Das Aufgebot der Deutschen:

Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll, Patrick Franziska, Ruwen Filus, Benedikt Duda
Damen-Einzel: Petrissa Solja, Han Ying, Nina Mittelham, Shan Xiaona, Sabine Winter
Herren-Doppel: Boll/Franziska, Duda/Dang Qiu
Damen-Doppel: Solja/Shan, Mittelham/Winter
Mixed: Franziska/Solja, Qiu/Mittelham

Die Auslosung findet am Sonntagnachmittag statt.

(JS, Quelle: DTTB)

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