09.03.2025 - Sexuelle Übergriffe können in allen gesellschaftlichen Bereichen passieren - so ist auch die Spitze des Tischtennissports nicht davor gefeit. Wie die ITTF auf ihrer Webseite berichtet, wurde der Trainer und ehemalige Spieler Xu Ke der sexuellen Belästigung einer Athletin in den frühen Stunden des Neujahrstags 2021 überführt. Das Urteil wurde im Dezember gefällt, Xu wird zehn Jahre lang von Tischtennisveranstaltungen ausgeschlossen. Der Beschuldigte widerspricht.
Sexuelle Belästigung ist ein Thema, mit dem sich der Tischtennis-Weltverband ITTF glücklicherweise nicht allzu häufig beschäftigen muss. In den vergangenen Jahren jedoch untersuchte die ITTF, beziehungsweise das ihr zugehörige ITTF-Tribunal, einen Vorfall, der in der Silvesternacht vom 31. Dezember 2020 auf den 1. Januar 2021 in einem von der ITTF und einem Nationalverband organisierten Trainingscamp vorgefallen sein soll. Auch wenn die Angelegenheit schon ein paar Jahre zurückliegt, dauerte es bis zum Dezember 2024, dass ein Urteil gefällt wurde - und erst jetzt berichtet die ITTF auf ihrer Homepage von dem Vorgang.
Übergriff im Spitzenbereich
Dem Tischtennistrainer und ehemaligen Spieler Xu Ke, der in jungen Jahren auf internationalem Niveau unterwegs war, danach vor allem in der Chinese Super League in Erscheinung trat, wurden unerwünschte sexuelle Handlungen an einer Camp-Teilnehmerin zur Last gelegt. Das Tribunal sieht die Schuld des inzwischen 32-Jährigen nach Prüfung der Beweise und Aussagen als erwiesen an und sperrt ihn für zehn Jahre von allen Tischtennis-Aktivitäten aus, die in irgendeiner Form mit der ITTF oder ihren Mitgliedsverbänden zusammenhängen. Zudem muss er auf eigene Kosten an einem anerkannten Schulungsprogramm zum Thema „Sicherer Sport und sexuelle Einwilligung“ teilnehmen.
Einzelheiten zur Identität des Opfers und der sonstigen Beteiligten werden von der ITTF nicht genannt, allerdings geht aus der ausführlichen Urteilsbegründung hervor, dass die Tat im Spitzenbereich des Tischtennissports anzusiedeln ist, da Xu Ke zu dem Zeitpunkt der Trainer einer Athletin war, die ebenfalls an besagtem Camp teilnahm und zuvor von ihm beim World Cup der Damen in Weihai betreut wurde. Chinesische Medien weisen ihn als Coach und Ehemann der bis vor Kurzem zur koreanischen Nationalmannschaft gehörenden Topspielerin Jeon Jihee aus. Hinweise in der Urteilsbegründung lassen zudem darauf schließen, dass es sich bei dem erwähnten Camp um ein Trainingslager in China handelt, das Ende 2020 mitten in der Corona-Pandemie nach einem WTT-Turnier in Macao stattfand. Eine Handvoll internationaler Spieler blieb damals in dieser ‚Bubble‘ und trainierte gemeinsam mit dem chinesischen Nationalteam, um dann auch in der Chinese Super League mitzuspielen.
Unerwünschte Handlungen in Silvesternacht
Die Tat selbst wird in der Urteilsbegründung dagegen explizit beschrieben. Xu Ke habe vier Personen nach den Silvesterfeierlichkeiten für ein paar Getränke in sein Hotelzimmer eingeladen, unter anderem das Opfer. Als die Athletin trotz Protests des Gastgebers ihr eigenes Zimmer ansteuerte, habe der Verurteilte per WeChat noch einmal Kontakt zu ihr aufgenommen, die Nummer ihres Zimmers erfragt und dieses aufgesucht. Das Opfer habe ihm zwar mitgeteilt, dass es müde sei und schlafen gehen wolle. Doch Xu habe sich Zutritt zum Zimmer verschafft und gewaltsame, nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen begangen, obwohl das Opfer wiederholt „nein“ gesagt habe.
Das Gremium sieht das Verhalten als schwerwiegendste Form sexueller Belästigung, abgesehen von Vergewaltigung, an. Die Darstellung des Tathergangs folgt den Aussagen des Opfers und der Zeugen, der Angeklagte selbst äußerte sich laut ITTF auch nach mehrmaliger Aufforderung des Tribunals nicht dazu. Er sei aber kurz nach den Vorfällen des Trainingscamps verwiesen worden. Die ITTF wurde eingeschaltet, weil sich das Vergehen im Rahmen einer von ihr mitorganisierten Veranstaltung zutrug. Xus Verhalten verstoße gegen die ITTF-Richtlinien, an die dieser sich durch seine Unterschrift gebunden hatte. Drum stehe es in der Macht des ITTF-Tribunals, die zehnjährige Sperre auszusprechen. Strafanzeige habe das Opfer laut Urteilsbegründung aus Bedenken wegen kultureller Unterschiede nicht gestellt.
Xu Ke veröffentlicht Gegendarstellung
Xu Ke hat sich laut chinesischen Medien ein paar Tage nach der Veröffentlichung des Urteils mit einer Gegendarstellung gemeldet. Hierin erkläre er, dass die ITTF die Tatsachen stark verdrehe. Unter anderem habe er in den ersten Jahren nach dem Vorfall sehr wohl im Austausch zu dieser Sache mit der ITTF gestanden, zudem stelle er die Geschehnisse in jener Nacht anders dar. Xu fühle sich verleumdet, kritisiere den Prozess der Urteilsfindung und kündige an, er werde alle rechtlichen Mittel nutzen, um seine Rechte und Interessen zu schützen.
(JS)
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