Buntes

Luka Mladenovic: Anti-Pionier und Fairplay-Held

Eine Seltenheit auf der internationalen Bühne: Luka Mladenovic und sein Anti-Belag. (©WTT)

19.02.2025 - Die Anreise aus seiner Heimat Luxemburg war besonders kurz. Ein WTT Feeder in Düsseldorf spielt Luka Mladenovic nicht nur deshalb, sondern auch wegen der starken Besetzung, besonders gerne. Vergangene Woche kämpfte sich der 26-Jährige im DTTZ bis ins Einzel-Achtelfinale. Wir haben den besten Anti-Spieler der Welt getroffen und mit ihm über den Weg zu seinem besonderen Spielstil, sein Olympia-Debüt in Paris und seine kürzliche Vertragsverlängerung beim TTC Zugbrücke Grenzau gesprochen.

Das schwarze Bandana sitzt auf seinen langen Haaren, die Tattoos auf seinem linken Bein lugen unter der kurzen Sporthose hervor, die rechte Hand greift um seinen Anti-Schläger: Luka Mladenovic ist bereit für den Wettkampf. Auf der internationalen Bühne sollte das WTT Feeder in Düsseldorf Mitte Februar für ein paar Wochen das vorerst letzte gewesen sein. Denn bevor es ab April auf der Tour wieder rund geht, hat der Luxemburger mit dem TTC Zugbrücke Grenzau in der TTBL bis Ende März ein straffes Programm abzuspulen. Fünf Spiele stehen noch aus - besonders bitter: Der in 2025 noch punktlose Tabellenletzte kassierte vier seiner sechs Niederlagen im Doppel, muss sich aber trotz vier Zählern Rückstand auf die Konkurrenz aus Mühlhausen und Bad Homburg voraussichtlich keine Sorgen um den Klassenerhalt machen. 

Vertragsverlängerung und Fairplay-Geste in Grenzau

Ernsthafte Bewerber um den Aufstieg aus dem Unterhaus gibt es wohl nicht, zudem hat neben Mladenovic mit Samuel Walker jüngst ein weiterer Leistungsträger seinen Vertrag im Westerwald verlängert. „Wir wussten, dass es mit den starken Aufsteigern schwer wird, hatten aber auch personell viel Pech. Aber es bringt nichts zu jammern“, sagt Mladenovic, der selbst in den schwierigen ersten Monaten nach seiner Olympia-Premiere in Paris nur drei von elf Einzeln gewinnen konnte. „Es hat ein bisschen gedauert, bis man frei von allen Strapazen war. Aber jetzt geht es langsam bergauf. Der Wechsel aus Mainz war auf jeden Fall der richtige Schritt.“ Mladenovic fühlt sich wohl im Trikot des Traditionsvereins aus Rheinland-Pfalz. 

Am 3. Januar kam es in der Zugbrückenhalle zu einem Vorfall, den der Profi und die Fans so schnell nicht vergessen werden, als ein strittiger Kantenball von Tiago Apolonia den Spielverlauf gegen den ASC Grünwettersbach beim Stand von 0:1 komplett auf den Kopf stellte. Was war passiert? Mladenovic meldete sich nach einem 0:2-Rückstand stark zurück, hatte bei 10:9 im fünften Satz die Chance zum Ausgleich und jubelte schon leise, nachdem der Portugiese den nächsten Ball vermeintlich über den Tisch gespielt hatte. Die Schiedsrichter werteten den Punkt für den Grenzauer. Apolonia reklamierte, Mladenovic erwies sich als fairer Sportsmann und gab zu, dass er einen Kantenball gehört habe. Sein Gegner tütete beim Stand von 10:10 die letzten beiden Punkte ein und durfte sich am Ende über den Gesamtsieg freuen. Auf das Video dieser im Profisport nicht alltäglichen, ehrlichen Geste wurde sogar das ZDF-Sportstudio aufmerksam. 

Training in Luxemburg: „Mit das beste in Europa“

Auch wenn die TTC-Fans im ersten Moment nicht begeistert waren, Mladenovic würde immer wieder so entscheiden. „Es war ein emotionales Spiel, da kann man den Unmut der Leute verstehen. Natürlich war es super unglücklich und bitter. Aber ich habe das Richtige getan und hätte ja trotzdem noch gewinnen können“, sagt Mladenovic über einen Fairplay-Gedanken, von dem sich Aktive aus anderen Sportarten sicherlich eine Scheibe abschneiden könnten. „Hätte ich den Sieg genommen, hätte ich damit umgehen müssen. Es ist eine Typ-Sache. Ich kann nur jeden ermutigen, fair zu sein, kann es aber auch nicht verurteilen, wenn auf dem Level anders gehandelt wird.“

Wenn sich Mladenovic gerade nicht in Grenzau auf die nächsten TTBL-Spieltage vorbereitet, findet man ihn unter der Woche am häufigsten in seiner Heimat Luxemburg. Die Trainingsbedingungen dort beschreibt der Sohn serbischer Eltern als „mit das Beste, was Tischtennis in Europa zu bieten hat“. 
Der Ort, wo er mit seiner Freundin im Nordosten des Landes, unweit von der deutschen Grenze bei Bitburg, wohnt, liegt genau zwischen Grenzau und dem Zentrum in der knapp eine Autostunde entfernten Hauptstadt. „Alles ist extrem personalisiert und genau auf meine Bedürfnisse abgestimmt“, erklärt der Sportsoldat. Die Grundausbildung beim Militär habe ihm den Weg zum Profi überhaupt erst ermöglicht.

Anti-Spieler seit 2015, Olympia-Traum ging neun Jahre später in Erfüllung

Der größte Höhepunkt in Mladenovics Laufbahn liegt noch gar nicht so lange zurück. So sehr sich der 26-Jährige auf seine erste Olympia-Teilnahme in Paris auch gefreut hatte, so schnell war das Abenteuer im Juli 2024 nach der Erstrundenniederlage gegen Jonathan Groth schon wieder vorbei. „Es ist so, als würde man einmal mit dem Finger schnipsen. Du kämpfst mehrere Jahre für den Traum und saugst in den zehn Tagen einfach alles auf. Ich konnte den Ball in der Halle nicht hören, war so aufgeregt wie nie zuvor und habe die größten Tennisstars im Dorf getroffen. Die einmaligen Impressionen bleiben für immer“, schwärmt Mladenovic rückblickend.

Dass es der Bundesligaspieler, der neben Luxemburgisch und Serbisch auch fließend Deutsch, Englisch und Französisch spricht, einmal zum wichtigsten Turnier überhaupt schaffen würde, war noch vor einigen Jahren nicht zu erwarten. Umso beachtlicher ist sein steiler Aufstieg Richtung Weltspitze zu bewerten, wenn man weiß, dass Mladenovic erst 2015 den Weg zu seinem heutigen Spiel gefunden hat. Bis er 15 Jahre alt war, setzte der Rechtshänder noch auf zwei glatte Beläge. Der erhoffte internationale Durchbruch blieb aus, sogar Gedanken ans Aufhören kamen auf. Mladenovic erinnert sich noch genau an den Moment zurück, als er bei seiner letzten EM als Schüler nach einer Niederlage in der Umkleidekabine seine Mitspieler erstmals an seinen Überlegungen teilhaben ließ, das Material zu wechseln.

Mentor Hermann Mühlbach startete das Experiment mit einer langen Noppe

Einen großen Anteil am Wendepunkt in Mladenovics Karriere hatte Hermann Mühlbach. Der damalige luxemburgische Nationaltrainer brachte eines Tages einen langen Noppenbelag ohne Schwamm mit in die Halle. Niemand wollte ihn testen, Mladenovic schon und er fand sofort Gefallen daran. „Mein Rückhand-Topspin war immer gut, deswegen ist es so verrückt. Ich hatte direkt ein gutes Gefühl“, erinnert sich der Bundesligaspieler. Die Freude hielt nicht lange an. Denn die alte Noppe machte Probleme, unter anderem bei Schlägerkontrollen. Bei einem Turnier in Spanien startete Mentor Mühlbach den nächsten Versuch und drückte seinem Schützling einen Anti-Belag in die Hand.

„Ich habe zwar kein Spiel gewonnen, hatte aber so viel Spaß wie lange zuvor nicht mehr.“ Einziges Problem: Die Technik musste durch den radikalen Umstieg komplett neu erlernt werden. Acht Monate "Trial & Error" zeigten Wirkung. Mladenovic fand die Motivation wieder, nahm das Projekt an und fing an, so professionell zu trainieren wie nie zuvor. Mit Erfolg: Der Exot brachte sich mit dem im Spitzentischtennis immer noch ungewöhnlichen Spielstil auf ein immer höheres Level. „Man braucht auf jeden Fall eine hohe Frustrationstoleranz und gerade am Anfang sehr viel Geduld im Training. Das Spiel ist einfach extrem komplex und anspruchsvoll. Inzwischen habe ich das meiste verstanden.“

Mladenovic war „nie der Schnellste“ und ermutigt andere Top-Spieler

Noch sind Spieler wie Luka Mladenovic die Ausnahme in den Top 100 der Weltrangliste. Der Versuch von Sabine Winter, sich künftig ebenfalls als Störspielerin mit Anti zu versuchen, kann Mladenovic nur gutheißen. „Ich bewundere es bei ihr total. Man muss einfach daran glauben und sollte den Mut haben. Sie hat eine nicht so gute Rückhand. Da passt es. Aber das darf man nicht verallgemeinern“, meint Mladenovic. Auch mit dem Klischee, Topspieler müssten glatte Beläge spielen, geht er entspannt um. „Ich war nie der schnellste Spieler. Material macht unseren Sport aus. Wichtig ist, dass man ehrlich zu sich ist und seinen eigenen Weg findet.“

Mladenovic hat genau das geschafft. Mit seiner Freundin möchte er in naher Zukunft ein Haus kaufen. Nach dem großen TTBL-Block beginnen die Vorbereitungen für die Individual-WM in Katar Ende Mai, wo er auch mit Xia Lian Ni starten wird. Auch wenn seine langjährige Mixed-Partnerin die 60 bereits überschritten hat, haben beide noch ein großes Ziel vor Augen: die gemeinsame Qualifikation für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. 

Zum Instagram-Profil, zur TTR-Historie und zum ITTF-Spielerprofil von Luka Mladenovic.

In unserem Material-Sonderheft 'elfneun' lesen Sie auf drei Seiten ein weiteres Porträt, wo sich auch Hermann Mühlbach über Mladenovic äußert.

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(FKT)

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