Buntes

ITTF hat neues Mittel im Kampf gegen Tuning

Beläge, die in der Kontrolle vor dem Spiel verdächtig erschienen, können nach dem Spiel vom Holz gezogen werden (©ITTF)

03.02.2025 - Im Jahr 2008 verbot der Weltverband nicht nur das Frischkleben, sondern auch jegliche Nachbehandlung von Belägen. Das Problem dabei: Der ITTF stand kein Prüfverfahren zur Verfügung, mit dem getunte Beläge sicher hätten überführt werden können. 16 Jahre nach Einführung der Regel kann ihre Einhaltung nun besser überprüft werden. Ab 2025 werden verdächtige Schläger im Spitzenbereich nach dem Spiel untersucht, indem die Beläge vom Holz abgezogen werden.

Es war ein langer, beschwerlicher Weg, aber nun hat der Tischtennis-Weltverband sein Ziel erreicht. Nachdem das Verfahren, verdächtige Schläger nach dem Spiel durch ein Abziehen der Beläge untersuchen zu dürfen, vom ITTF Council im Februar 2024 genehmigt worden war, soll es nun ab 2025 schrittweise umgesetzt werden. Auch wenn diese Kontrolle erst einmal nur für den internationalen Spitzensport gilt, bedeutet sie einen Meilenstein für die ITTF im Kampf gegen einen hässlichen Fleck auf der ansonsten recht weißen Weste im als fair geltenden Tischtennissport. Mit dieser Methode hat der Verband einen verbesserten Weg gefunden, nachbehandelte Beläge und ihre Besitzer, die sich dadurch einen Vorteil verschaffen wollen, zu überführen.

Verschiedene Indizien für Nachbehandlung

Der Anfang der Geschichte geht bis ins Jahr 2008 zurück, als der Weltverband das Frischkleben und die Nachbehandlung von Belägen verbot. Schon damals wurde in der Szene kritisiert, dass die Mehrheit der Spitzenspieler tune, der Verband jedoch keine adäquaten Mittel hätte, diese zu überführen. Zwar wurde der Schläger - wie heute noch - vor dem Spiel kontrolliert, ein ‚Tuner‘ weiß jedoch, wie er trotzdem auf unauffällige Messwerte kommen kann. Im Jahr 2016 erhielt das Thema besondere Aufmerksamkeit, als Timo Boll der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nach mehrfachen Beschwerden beim Weltverband ein Interview gab, in dem er das Problem anprangerte und den Anteil der Tuner im Spitzensport auf etwa 80 Prozent schätzte. Nachdem sich viele Vorschläge, wie der Nachbehandlung am besten auf die Spur zu kommen ist, als unpraktikabel oder zu teuer herausgestellt hatten, gelang dem ITTF Equipment Department im vergangenen Jahr der Durchbruch. Der ITTF Council genehmigte ein Prüfverfahren, das keine besonderen Hilfsmittel benötigt und ab diesem Jahr offiziell angewandt wird: Beläge, die bei der üblichen Kontrolle vor dem Match verdächtig erscheinen, werden nach der Partie vom Holz abgezogen und genauer überprüft.

Als Hilfsmittel dienen hierbei Messgeräte zur Bestimmung der Dicke und Ebenheit, die bereits zum Repertoire des ITTF Equipment Departments gehörten. Gemessen wird dabei nicht nur die Dicke des abgezogenen Belags, sondern auch die Beschaffenheit des Schlägerblatts darunter. Der Hintergrund für diese Vorgehensweise sind die Auswirkungen, die die Nachbehandlung auf den Belag hat. Durch das Auftragen von Weichmachern dehnt sich der Belag beim Tunen aus und wird dicker. Der erhöhte Katapulteffekt, der sich positiv auf Rotation und Geschwindigkeit auswirkt, ist die erwünschte Konsequenz. Die Belagdicke, die durch die Behandlung oftmals die erlaubte Spanne von vier Millimetern übertrifft, gilt es dagegen zu kaschieren, was zum Beispiel durch Abschmirgeln des Holzes darunter erreicht wird. Durch das Abziehen der Beläge kommt das Schlägerblatt zum Vorschein und kann etwa auf seine Ebenheit hin untersucht werden. Und diese ist - wie auch die Belagdicke - im Regelwerk verankert.

Vier Kontrolleure für den Anfang

Als ersten Schritt hat der Weltverband im vergangenen Jahr vier Kontrolleure ausgebildet, die diese Prüfung durchführen können. Entscheidend ist dabei erst einmal der Test vor dem Spiel, der bei größeren Turnieren bis zum Viertelfinale stichprobenartig, ab der Runde der besten Acht bei jedem Schläger vorgenommen wird. Hierbei könnten die gemessenen Werte, aber auch eine Delle im Belag oder auffällig viel Lack neben dem Griff Verdacht erregen. Der Spieler erhält dann die Möglichkeit, für sein Match auf einen zweiten Schläger umzusteigen. Das verdächtige Racket wird jedoch so oder so nach der Partie der genaueren Überprüfung unterzogen. Wenn es durchfällt, kann das zuständige Oberschiedsgericht unterschiedliche Sanktionen aussprechen, je nach dem, ob sich der Spieler dazu entschlossen hatte, trotz der Warnung damit zu spielen oder nicht. Dabei kann auch der bloße Versuch, mit dem ersten Schläger durch die Kontrolle zu kommen, einen Eintrag in der sogenannten „Infraction List“ der ITTF nach sich ziehen, in der Material-Verstöße mit einem Verfallsdatum von vier Jahren gesammelt werden und zu einer Sperre führen können. Bestätigt sich der Verdacht nach dem Abziehen der Beläge nicht, hat der Spieler dagegen natürlich nichts zu befürchten.

Bis auf Weiteres kann diese Prozedur nur dann vollzogen werden, wenn einer der ausgebildeten vier Schlägertester bei einem Turnier vor Ort ist. Das klare Ziel der ITTF ist dabei natürlich, peu à peu weitere Kontrolleure mit dem Testverfahren vertraut zu machen, damit diese Kontrolle irgendwann zum Normalfall wird. Ab sofort wird sie bei ausgewählten WTT- und ITTF-Veranstaltungen durchgeführt. Bei welchen genau, wird dabei nicht verraten. Im Oktober wurde das Verfahren jedoch bereits bei den Asien- und Europameisterschaften testweise angewandt. Und trotz vorheriger Ankündigung waren laut ITTF Equipment Department Schläger dabei, die durchgefallen wären. Bei diesen Turnieren zog der Regelverstoß zwar noch keine Konsequenzen nach sich, ab jetzt könnten die betroffenen Spieler jedoch nach Ermessen des Oberschiedsrichters zum Beispiel mit Disqualifikation oder einem Eintrag in der „Infraction List“ bestraft werden. Demnach kann es künftig nach dem Finale eines Turniers, bei dem ein für die Nachkontrolle ausgebildeter Tester anwesend ist, ein paar Minuten dauern, bis der Sieger eindeutig verkündet werden kann. Die Rückmeldungen der Spieler waren laut ITTF Equipment Department bislang größtenteils positiv. Die Möglichkeit, dass andere illegale Methoden gefunden werden, um sich einen Vorteil zu verschaffen, besteht natürlich weiterhin. Die Hoffnung, für regelkonforme Voraussetzungen in Sachen Material sorgen zu können, ist durch dieses Verfahren nun jedoch deutlich größer geworden.
 

In diesem Video erklärt die ITTF das Prozedere noch einmal ausführlich:

(JS)

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