31.10.2024 - Benedikt Duda reitet aktuell auf der Erfolgswelle: Nach seiner EM-Einzelmedaille zog er vorige Woche auch noch ins Halbfinale des WTT Champions Montpellier ein und besiegte unterwegs zwei Topchinesen. Im Interview erzählt der Bergneustädter, wie er sich selbst sein Leistungshoch erklärt, ob er daran gezweifelt hat, dass er mal in diese Sphären vorstößt und welche klare Ansage er Bundestrainer Jörg Roßkopf und Lars Hielscher gemacht hat.
myTischtennis.de: Es liegen zwei turbulente Wochen hinter dir: erst der Finaleinzug bei der EM in Linz, dann zwei Siege gegen Topchinesen und das Erreichen des Halbfinals beim WTT Champions Montpellier. Beschreibe mal, was dieser Höhenflug emotional mit dir gemacht hat.
Benedikt Duda: Ich bin einfach super happy. Die ganze harte Arbeit der letzten Jahre hat sich nun echt ausgezahlt. Da fällt einem einiges leichter.
myTischtennis.de: Du hast Felix Lebrun nach einem 1:3-Rückstand geschlagen, Dimitrij Ovtcharov zum ersten Mal besiegt, erstmals gegen Topchinesen gewonnen. Welcher Sieg war der süßeste?
Benedikt Duda: Der Sieg gegen Felix Lebrun war der süßeste, weil ich dadurch meine erste EM-Einzelmedaille sicher hatte. Aber es war mental auch der schwerste. Sechs Sätze lang bin ich fast immer Rückständen hinterhergerannt - und erst den siebten konnte ich von Beginn an dominieren. Während dieses Spiels habe ich gemerkt, dass ich bis an mein Optimum komme. Und das hat sich dann auf die nächsten Spiele übertragen. Gegen Dima habe ich dann ja direkt losgelegt wie die Feuerwehr und schnell mit 3:0 geführt. Und das fing alles im Spiel gegen Felix Lebrun an.
myTischtennis.de: Andere haben nach der EM erst mal eine Pause eingelegt, du bist sofort nach Montpellier weitergereist und hast dort noch einen draufgesetzt. Und jetzt geht es auch schon weiter mit der TTBL und dem WTT Champions Frankfurt. Auf welchem Stand ist gerade dein Akku?
Benedikt Duda: Mein Akku ist schon ziemlich leer und könnte mal aufgeladen werden. Darum werde ich die Tage rund um das TTBL-Spiel und bis zum Champions-Turnier in Frankfurt auch weniger trainieren, mich ein wenig erholen, damit ich im Wettkampf wieder voll da bin. Zum Ende des Jahres hin will ich die letzten Wochen dann einfach genießen.
myTischtennis.de: Wie schafft man es, diesen zeitlich herausfordernden Mix aus WTT-Turnieren, anderen internationalen Events und Ligaspielen zu meistern?
Benedikt Duda: Das fällt mir eigentlich nicht schwer. Es ist natürlich viel Reiserei, aber ich habe mir den Weg als Profi ausgesucht und bin froh, dass ich mir meinen Unterhalt so verdienen kann. Es ist stressig - aber wenn ich Zeit für mich habe, versuche ich, ein bisschen runterzukommen, zum Physiotherapeuten zu gehen, viel zu schlafen, und lasse dann auch mal die eine oder andere Trainingseinheit weg. Denn wenn ich gut spiele, ist die Form ja da. Dann ist es wichtiger, dass ich im Wettkampf frisch am Tisch stehe.
myTischtennis.de: Schon im Juni lief es sehr gut für dich, als du beim WTT Contender in Mendoza deinen ersten WTT-Einzeltitel gewonnen hast. Dann hat dich eine Knorpelverletzung im Knie zur Pause gezwungen - und jetzt dieser Leistungssprung. Wie erklärst du dir selbst, was gerade passiert?
Benedikt Duda: Nachdem ich acht Wochen pausiert hatte und kurz vor dem TTBL-Start wieder ins Training eingestiegen war, hat es mich selbst überrascht, wie gut es schon wieder lief. Aber dann hat mich die Realität eingeholt und ich habe viele Spiele verloren. Das beste Beispiel war die Niederlage gegen Lin Shidong mit 1:11, 2:11 und 3:11 beim WTT Champions in Macao. Beim China Smash habe ich gegen Omar Assar verloren, obwohl ich im fünften Satz schon mit 9:6 geführt hatte. Da habe ich gemerkt, dass mir die körperliche Fitness einfach noch fehlte. Ich habe viel mit den Trainern gesprochen, weil ich mir dachte: Es kann doch nicht sein, dass ich im Training so gut bin, aber das Niveau im Wettkampf nicht abrufen kann. Rossi und Lars haben immer wieder betont, dass ich ruhig weiterarbeiten soll und die Leistung dann automatisch kommen wird. Und damit haben sie am Ende auch Recht behalten.
myTischtennis.de: Welchen Anteil hat auch dein Material am aktuellen Erfolg? Den VICTAS V15 Sticky, der erst am 22. November offiziell in Deutschland rauskommt, spielst du ja schon was länger.
Benedikt Duda: Ja, den spiele ich schon seit einer Weile und ich bin sehr, sehr zufrieden damit. Mein Material ist so perfekt auf mich ausgerichtet, dass ich optimal in meinem Power-Tischtennis agieren kann.
myTischtennis.de: Wenn du sagst, dass das Material perfekt auf dich ausgerichtet ist, heißt das, dass du auch Einfluss auf die Entwicklung deiner Beläge und Hölzer hast?
Benedikt Duda: Ein wenig Einfluss habe ich tatsächlich. Denn das Material wird ja an den Profis getestet und die Marken möchten natürlich auch, dass es dann von uns gespielt wird. Da habe ich dann mal nachgefragt, ob ich ein bisschen mithelfen könnte. Dadurch kam auch der V15 Sticky zustande, der ein bisschen klebriger ist. Durch diese klebrige Oberfläche macht der Ball von selbst einen Bogen, so dass ich gar nicht mehr darüber nachdenken muss, ob ich den Ball mehr nach oben ziehe. Die Bewegung kann einfach gerade nach vorne beschleunigt werden. Und das hilft mir wirklich ungemein.
myTischtennis.de: Der Knoten ist jetzt auf alle Fälle geplatzt, wie man so schön sagt. Wie groß ist die Sorge, dass er wieder zugeht?
Benedikt Duda: Die Sorge habe ich erst mal nicht. Ich bin froh darüber, was ich in den letzten zwei Wochen geleistet habe, weil ich schon sehr frustriert war, dass ich das Niveau im Wettkampf zuletzt nicht abrufen konnte. Da haben mich die letzten zwei Wochen wirklich aufgebaut. Und jetzt ist es mein Job, genauso weiterzumachen, meine Hausaufgaben zu erledigen, mein Spiel im Training zu verbessern. Und ich denke, wenn ich daran kontinuierlich weiter arbeite, bleibt der Knoten noch was länger offen.
myTischtennis.de: Nach den überraschenden Resultaten in Linz und Montpellier könnten die Zuschauer beim WTT Champions in Frankfurt von dir erwarten, dass du dort wieder ‚einen raushaust‘. Inwiefern verspürst du aus der Richtung Druck?
Benedikt Duda: Überhaupt nicht. Ich erwarte so viel mehr von mir selbst, als andere das tun können, von daher ändert sich da erst mal nichts. Ich habe den Anspruch, jeden Tag besser zu werden, und bin eher enttäuscht, wenn ich meine eigenen Erwartungen nicht erfülle - und nicht die der anderen. Ich bin immer mein härtester Kritiker.
myTischtennis.de: Schon seit einer Weile sieht man häufig Lars Hielscher bei dir auf der Bank, so auch in den entscheidenden Spielen bei der EM und in Montpellier. Warum arbeitest du gerade vor allem mit ihm?
Benedikt Duda: Das hat sich einfach so ergeben, weil ich oft mit Patrick, Dima oder Dang parallel gespielt habe und Rossi die Top 3 betreut hat - und Lars hat sich dann um mich gekümmert. Aber Rossi hat mich zum Beispiel auch in der ersten Runde der EM gecoacht, so dass auf jeden Fall beide Einfluss auf mich haben. Ich schätze an Lars, dass er voll im Spiel dabei ist und mitfiebert. Er strahlt eine Menge Energie von der Bank aus, gibt viel Rückenwind, was mir enorm hilft. Außerdem hat er einen guten Überblick über das Spiel, sieht, was ich verändern müsste, liest das Spiel und gibt gute Ratschläge. So hatte ich in Montpellier gegen Liang Jingkun in Satz zwei schon mit 10:7 geführt, als er auf 10:9 herankam. Lars sagte mir im Timeout, dass ich den Aufschlag ändern müsse, weg von der 1. Phase, hin zum geraden Aufschlag. Und das ist direkt aufgegangen und ich habe mit 11:9 gewonnen.
myTischtennis.de: Du hattest jetzt lange Zeit eine Reihe Spieler im Team, die vor dir standen. Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov bildeten lange die Spitze, Dang Qiu und Patrick Franziska haben sich nacheinander nach vorne katapultieren können. Hast du zwischendurch daran gezweifelt, dass du das auch schaffen kannst?
Benedikt Duda: Ja, ich habe gezweifelt. Ich habe gesehen, dass es bei den anderen nach vorne ging, und mich selbst gefragt, ob ich irgendwann auch mal einen Topchinesen schlagen kann. Auf der anderen Seite haben mich die Erfolge von Patrick und Dang auch motiviert, so dass ich mir gesagt habe: Wenn sie es geschafft haben, kommt bei mir vielleicht irgendwann auch der Moment, an dem ich das erreichen kann. Und dann habe ich einfach weiter an mir gearbeitet - inzwischen auch mit einem Privattrainer, Julian Peters, der auch seinen Anteil daran hat, dass es nun funktioniert hat.
myTischtennis.de: Blicken wir mal voraus zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles. Mit Timo Bolls Karriereende ist ein Konkurrent auf einen Startplatz weggefallen, aber Stand jetzt sind es immer noch drei Kollegen, die dir diesen streitig machen können. Wie siehst du selbst deine Chancen?
Benedikt Duda: Ich habe Rossi und Lars eine klare Ansage gemacht: In den nächsten vier Jahren werde ich die drei da vorne richtig attackieren. Ich möchte nicht die Nummer vier bei Olympia sein, sondern im Einzel starten. Und das ist jetzt die Marschrichtung. Ob es am Ende reicht, das sieht man dann. Aber das Ziel ist nun gesetzt.
(JS)
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