Interview

Waldner/Appelgren: „Wo war Patrick Franziska?“

Auch am Tisch nicht viel verlernt: Jan-Ove Waldner und Mikael Appelgren. (©Küper)

27.09.2024 - Über die schwedische Nationalmannschaft, den Aufstieg von Truls Moregardh und Felix Lebrun haben Jan-Ove Waldner und Mikael Appelgren schon in den ersten beiden Teilen unserer Interviewreihe gesprochen. Die Tischtennisszene in Deutschland verfolgen die früheren Bundesligaspieler noch heute und nehmen zum Abschluss noch mal die Situation der deutschen Herren unter die Lupe. Zudem erfahren Sie, wie es mit dem Waldner Cup weitergeht.

myTischtennis.de: Zum ersten Mal seit 2004 ist der DTTB ohne Medaille von den Olympischen Spielen zurückgekehrt. Dimitrij Ovtcharov war im Einzel noch der erfolgreichste Deutsche…  

Appelgren: Die Auslosung war nicht einfach. Dima fehlte gegen Lebrun nicht viel zur kompletten Aufholjagd. Er hat vor Olympia nicht gut gespielt, aber ist einfach ein Turnierspieler.

Waldner: Er war nicht umsonst zweimal Bronzemedaillengewinner im Einzel.

myTischtennis.de: Die Diskussionen über die Nominierung in Deutschland war groß.  

Waldner: Wo war Patrick Franziska? (lacht). Das war natürlich sehr hart für ihn, weil er der Mann war, der die Top-Chinesen zuletzt geschlagen hat. Ich hatte das Gefühl, dass Deutschland im Team nicht so stark war. Das war nicht das, was man von ihnen kennt. Timo hatte nicht seine beste Form. Und im Doppel… Ich weiß nicht, was sie da gespielt haben. Das war weit weg von perfekt. Das war keine gute Kombination. Boll und Franziska haben vorher viel gespielt. Eine eingespielte Links-rechts-Kombination ist immer von Vorteil.

myTischtennis.de: Ovtcharov konnte man wohl, wie ihr sagt, wegen seiner Olympia-Erfolge nicht zuhause lassen, für Boll sollte es der internationale Abschied sein und Qiu war lange Zeit im Vorfeld der beste Deutsche in der Weltrangliste.

Waldner: Trotzdem hat Franziska am besten gegen die Chinesen gespielt und er ist ein guter Mannschaftsspieler. Aber es ist natürlich sehr schwierig, wenn du vier Spieler auf demselben Niveau hast. Sein Level ist trotzdem zu hoch, um ihn komplett zuhause zu lassen bzw. nur als Ersatzmann mitzunehmen.

Appelgren: Mit Timo hat man sich sicher im Doppel mehr erhofft. Er war ein bisschen langsamer als noch zwei Jahre zuvor.

Waldner: Und er hat viele einfache Fehler gemacht, zum Beispiel im kurzen Vorhandspiel. Vielleicht hat er mit etwas zu viel Stress gespielt.

Appelgren: Das ist das Erste, woran du merkst, dass du älter wirst – diese Explosivität fehlt dann.

Waldner: Ich habe ja 2004 bei den Olympischen Spielen als „alter Waldner“ mit 38 noch mal gegen ihn gespielt in Athen und gewonnen. 

myTischtennis.de: Und was war der Grund bei Dang Qiu? Es wirkte im Doppel oft so, als würde er keine Fehler machen wollen, statt Punkte zu erzwingen?

Appelgren: Er hat Timo nicht so viel geholfen. Dang Qiu ist nicht so gut im ekligen Spiel. Er möchte eröffnen, da fehlt im manchmal das Gefühl, auch wenn er natürlich auch ein sehr guter Spieler ist. 

Waldner: Man muss auch dazu sagen, dass Kristian zu den drei oder vier besten Doppelspielern der Welt gehört. Er und Falck wurden Weltmeister und er ist auch im Einzel da, wenn man ihn braucht. Wenn ich an die Heim-EM in Malmö zurückdenke, wo er gegen Ungarn noch Matchbälle abwehrte. Er hat gekämpft wie ein Schwein.

myTischtennis.de: Ein Generationenwechsel scheint unausweichlich. Sind die großen Zeit von Deutschland endgültig vorbei?

Appelgren: Ich denke nicht, aber selbst Franziska ist auch schon 32.

Waldner: Dima ist mit Blick aufs Alter auch auf dem Weg Richtung Ende. Aber genau das ist das Problem. Danach hast du nicht mehr so viel. Kay Stumper fehlt noch einiges, Duda ist auch schon 30. Wir haben das gleiche Problem, wenn Kristian und Falck irgendwann aufhören... Bei den nächsten Olympischen Spielen müssen sie fast noch einmal ran, weil wir sonst keine gute Nummer drei hätten. Da blieben nur Pär Gerell oder Jens Lundquist und die beiden sind 42 und 45.

Appelgren: Anton und Truls sind jung und können noch lange spielen.

myTischtennis.de: Und was denkt ihr, wie seid ihr in Schweden im Nachwuchsbereich aufgestellt? Stichwort Talent- und Vereinsförderung?

Waldner: Die Spielerinnen und Spieler, die jetzt zwischen zehn und zwölf Jahre alt sind, werden wegen Truls jetzt spielen wie verrückt. In der Altersklasse zwischen 15 und 18 sind wir leider nicht so gut.

Appelgren: Wir haben nur eine Medaille bei der Jugend-EM geholt. Da ist noch Luft nach oben. Siri Benjegard spielt sehr gut und sie ist erst zwölf Jahre alt. Sie wurde Zweite bei den U15-Mädchen. 

Waldner: Da sind uns Frankreich, England oder Deutschland aber sicher voraus. Viele Nationen arbeiten gut. Aber wenn sie in der Jugend gut sind, heißt es nicht, dass sie es auch bei den Erwachsenen bis nach ganz vorne schaffen. 

Appelgren: Man weiß nie, manchmal hast du einen Spieler, der dann plötzlich noch spät durchstartet. Das Beste, was du tun kannst …

Waldner: Wäre es, aufzuhören (lacht). 

Appelgren: Nein, viel zu trainieren. Ich habe auch erst mit zehn oder elf Jahren angefangen und war mit 20 Europameister. Grubba hat noch später angefangen. Er hat Handball mit der linken und Tischtennis mit der rechten Hand gespielt. 

myTischtennis.de: So viel zu den alten Zeiten.Vielen Dank für eure Zeit und alles Gute für die Zukunft.

Im Magazin 'tischtennis' berichten die beiden in Kürze noch von ihren Spielen des Lebens. Seien Sie gespannt! Lesen Sie zudem die Teile 1 und 2 der Interviewreihe sowie das Update zum Waldner-Cup 2024.

(FKT)

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