Buntes

Bundestrainer Ziegler: "Wird schwieriger als in Tokio"

Bundestrainer Volker Ziegler steht Sandra Mikolaschek und seinen anderen Schützlingen auch in Paris zur Seite (©Doesseler/DBS)

20.08.2024 - Die Olympischen Spiele in Paris sind vorbei - die Paralympics stehen dagegen bereits in den Startlöchern. Bevor das Event am 28. August beginnt, sprachen wir noch mit dem deutschen Bundestrainer Volker Ziegler, der berichtet, was für Lehren er aus dem „Test-Event“ vor zwei Wochen ziehen konnte und warum es diesmal für die deutsche Mannschaft deutlich schwieriger werden wird als bei den Paralympics 2021 in Tokio, als man fünf Medaillen gewann.

myTischtennis.deDie letzten Paralympics in Tokio waren wegen der Corona-Auflagen und fehlenden Zuschauer speziell. Worauf freust du dich nach dieser Erfahrung nun in Paris?

Volker Ziegler: Ich freue mich natürlich zunächst einmal auf die Wettkämpfe und dass es nun endlich losgeht, nachdem wir uns so lange darauf vorbereitet haben. Ich freue mich aber auch auf die Stimmung, die man bei den Olympischen Spielen schon beobachten konnte. Das werden bestimmt ganz besondere Spiele.

myTischtennis.deWegen der außergewöhnlich guten Stimmung werden sie besonders? Oder warum?

Volker Ziegler: Wegen der räumlichen Nähe und der besonderen Herausforderungen, die diese unter anderem mit sich bringt. Tokio war in dem Sinn relativ einfach. Da haben wir uns darauf konzentrieren können, die Corona-Auflagen zu erfüllen und Tischtennis zu spielen. Es gab nicht viel Ablenkung. Das wird in Paris anders sein. Es werden jede Menge Freunde und Bekannte vor Ort sein, die - auch wenn sie es nicht unbedingt direkt einfordern - eine gewisse Erwartungshaltung haben, dass man auch mal Zeit für sie hat. Das ist für manche Athleten eine Herausforderung.

myTischtennis.deApropos Ablenkung: Die olympische Mannschaft hat in Paris geschlossen nicht an der Eröffnungsfeier teilgenommen, wird das bei den Para-Spielern anders sein?

Volker Ziegler: Wir haben es noch nicht final entschieden, aber mit Blick auf den Zeitplan, der vorsieht, dass am nächsten Morgen um 10 Uhr die ersten Spiele beginnen, ergibt das wohl keinen Sinn.

myTischtennis.deWir wissen ja schon, dass du nicht gerne über Zielvorgaben sprichst. Aber wenn man dir nun die Bilanz von Tokio, also einmal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze, anbieten würde, würdest du einschlagen?

Volker Ziegler: Ich rede nicht nur nicht gerne über Zielvorgaben, sondern ich rede gar nicht über Zielvorgaben. Was man aber sagen kann, ist, dass es für uns diesmal deutlich schwieriger wird, weil ein paar Dinge anders sein werden als in Tokio. Erstens wird statt des Teamwettbewerbs Doppel und Mixed gespielt, wobei die Klassenzusammenstellung nicht optimal für uns ist. In der Mixed-Klasse XD 17 ist es etwa natürlich gut, mit Athleten aus der Wettkampfklasse 8 und 9 anzutreten. Wir spielen aber zum Beispiel mit einem Spieler aus der WK 7 und einer Spielerin aus der WK 6, was zusammen 13 ergibt. Das macht es in einer 17er-Klasse schon sehr schwierig. Zweitens hat man in den Mixed- und Doppelwettbewerben jetzt nicht mehr nur eine chinesische oder koreanische Mannschaft als Gegner, sondern jeweils zwei Doppel, was es auch schwieriger macht. Und drittens - und das gilt auch für das Einzel - sind die Setzungen seit Corona immer noch durcheinandergewürfelt. So sind viele starke Spieler, auch gerade Asiaten, noch nicht auf dem Setzplatz, auf den sie eigentlich gehören. Die Chinesen haben beispielsweise nicht an der WM 2022 teilgenommen und konnten dort somit keine Punkte sammeln. Das bedeutet, dass man schon sehr früh auf solche Gegner treffen kann. Und wenn man im K.-o.-System dann schon in der ersten Runde gegen jemanden spielt, der eigentlich zu den Top 4 gehört, dann macht es das ebenfalls schwieriger. 

myTischtennis.deIhr habt ja ein sehr gemischtes Team - mit alten Hasen, einem amtierenden Paralympicssieger und einer Debütantin. Wie ist da gerade die Stimmung und Aufregung in der Mannschaft? Wird Jana Spegel vor ihrem Debüt ein bisschen unter die Fittiche der Erfahrenen genommen?

Volker Ziegler: Man spürt die Aufregung eindeutig, jetzt soll es losgehen. Jana ist so schon eine sehr aufgeräumte junge Frau. Aber natürlich bekommt sie jede Unterstützung vom Betreuerstab, von den anderen Spielern und kann zum Beispiel immer von ihrer Doppelpartnerin Sandra Mikolaschek oder von ihrem Mixed-Partner Valentin Baus Tipps bekommen.

myTischtennis.deDu tauschst dich vor den Paralympics ja gerne mit dem DTTB-Sportdirektor Richard Prause, der bei den Olympischen Spielen schon Erfahrungen vor Ort sammeln konnte, bezüglich der Bedingungen aus. Welche Tipps hat er dir diesmal mitgegeben?

Volker Ziegler: Ich bin natürlich mit Richie in Kontakt, aber auch mit der Damen-Bundestrainerin Tamara Boros und Lars Hielscher. Und die Olympia- und Paralympicsmannschaften haben außerdem denselben Teamarzt, Toni Kass. Da haben wir natürlich eine Menge Infos dazu bekommen, wie unser „Test-Event“, wie ich die Olympischen Spiele gerne scherzhaft nenne, so lief. Wir können in vielen Bereichen, wo es am Anfang noch etwas „geruckelt“ hat, wie zum Beispiel in Sachen Transport, unsere Schlüsse draus ziehen und Strategien überlegen, wie wir es für die Sportler möglichst optimal gestalten. Die Tipps, die wir von den Kollegen bekommen haben, waren dafür unglaublich wertvoll. 

myTischtennis.deIhr habt zuletzt noch einmal einen Lehrgang in Düsseldorf absolviert. Wie sehen jetzt die letzten Tage vor der Abreise am Freitag aus?

Volker Ziegler: Vor allem sollen die Spieler den Kopf frei kriegen. Wenig trainieren und teils auch gar nichts mehr machen. Das Wichtigste ist, dass wir dort hungrig aufschlagen. Die ganze Vorbereitung dient vor allem diesem Zweck - neben der körperlichen Fitness natürlich. Es bringt alles nichts, wenn du überspielt oder nicht richtig da bist, keine richtige Lust drauf hast. Aber wenn ich mit meinen Athleten spreche, merke ich: Alle stehen in den Startlöchern, wollen, dass es jetzt losgeht. Das ist genau die richtige Einstellung.

Zum Interview mit Paralympics-Sieger Valentin Baus

(JS)

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