Olympia 2024

Chelsea Edghill: Über Langweid nach Paris

Konnte das frühe Aus gut verschmerzen: Chelsea Edghill (© ITTF)

28.07.2024 - Nur sechs Spielerinnen mussten am ersten Wettkampftag in Paris in der Qualifikation antreten. Eine von ihnen war Chelsea Edghill aus Guyana. Die 27-Jährige, die in der Hinrunde der vergangenen Saison noch für den TTC Langweid aufschlug, hatte eine Wildcard für die Olympischen Spiele erhalten - und das nach 2021 bereits zum zweiten Mal.

Als Chelsea Edghill wenige Minuten nach ihrer Niederlage in der Qualifikation vor die TV-Kamera trat, konnte sie schon wieder lachen. Die Olympischen Spiele waren für sie nach der 1:4-Niederlage gegen Sarah Hanffou schon wieder beendet, aber die 27-Jährige aus Guyana ließ sich die Laune davon nicht verderben. Sie sei froh, in Paris überhaupt dabei zu sein, erklärte Edghill im Gespräch mit mytischtennis „Und ich bin auch stolz darauf, wie ich gespielt“, so die mehrfache Karibikmeisterin, die in der vergangenen Saison ein halbes Jahr für den TTC Langweid aufgeschlagen hat - in der Oberliga und in der 2. Bundesliga.
Ihr Match in der Qualifikationsrunde der Olympischen Spiele, mit der am Samstag die Tischtennis-Wettbewerbe in Paris starteten, wird ihr in Erinnerung bleiben, vor allem angesichts der 6.400 Zuschauer in der ausverkauften Arena, die jeden Aktiven anfeuerten und auch einige Punkte von Edghill mit tosendem Applaus bedachten. „Ich habe noch nie vor so vielen Leuten gespielt. Das war unglaublich und erlaubte es einem, noch besser zu spielen, als man es eigentlich würde“, sagte Edghill mit glänzenden Augen.

Die Nummer 537 der Weltrangliste weiß es zu schätzen, bei diesen Olympischen Spielen überhaupt dabei zu sein – obwohl sie beim amerikanischen Quali-Turnier in Lima weit davon entfernt geblieben war, sich einen Startplatz für Paris zu sichern. Mit einer Wildcard der ITTF rutschte sie dann doch noch ins Teilnehmerfeld – und das, obwohl sie auch 2021 für die Spiele in Tokio schon eine Wildcard erhalten hatte, damals von der Tripartite Commission, die es Sportlern aus kleinen Ländern ermöglicht, sich auf diesem Weg ihren Traum von einem Start bei den Olympischen Spielen zu ermöglichen. „Ich war auch überrascht, dass die ITTF mir diese zweite Chance gegeben hat, dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Edghill. „Vielleicht sehen sie etwas in mir, das andere nicht sehen.“ 

2021 in Tokio war sie die erste Tischtennisspielerin Guyanas überhaupt bei Olympischen Spielen, Edghill schaffte es damals sogar in die 1. Hauptrunde. Was dann folgte, war die schwerste Zeit in ihrem Leben. Nicht nur, dass Edghill in einen schweren Autounfall verwickelt war, sie verlor auch ihren Vater, der an den Folgen an einer Covid-Erkrankung verstarb. Damit hängt auch zusammen, dass sie den TTC Langweid Ende 2023 nach nur einer Halbserie wieder verließ. In der Oberliga hatte sie für den Klub eine 8:0-Bilanz erzielt, in der 2. Bundesliga schaffte sie immerhin eine ausgeglichene Bilanz 4:4, studierte parallel Sportmanagement. Glücklich wurde Edghill in Deutschland trotzdem nicht. „Mir ging es psychisch einfach nicht gut“, sagt sie, „so weit weg von Zuhause war es schwer. Natürlich konnte keiner so wirklich nachvollziehen, was ich gerade durchmache.“ Gemeinsam mit ihrer Mutter habe sie dann entschieden, dass es besser sei, erst mal in ihre Heimat zurückzukehren.

Studienabschlüsse in Chemie und Sportmanagement

Dort hat Edghill, die auch einen Bachelor in Chemie hat, inzwischen eine Beratungsagentur für Sportler gegründet, sie wolle andere Athleten aus ihrer Heimat unterstützen, „in der Weise, in der ich auch Hilfe benötigt hätte", sagt Edghill. Mangels Strukturen in dem südamerikanischen 800.000-Einwohner-Land haben es talentierte Sportler schwer, von dort aus den Weg in den Profisport zu schaffen.

Immerhin fünf Athleten aus Guyana sind in Paris dabei, mit ihnen zusammen genoss Edghill die Eröffnungsfeier auf der Seine. Sie, die auch Vorsitzende der Athletenkommission ihres Landes ist, durfte sogar die Fahne tragen. Unbeschreiblich schön sei das gewesen: „Vom Boot aus die ganzen Menschen zu sehen, den Eiffelturm, das war einfach toll. Da war auch der Regen egal.“ In den kommenden Tagen will sie in Paris ihre Landsleute noch bei deren Wettkämpfen anfeuern, sich ein bisschen die Stadt anschauen. Für die Zeit danach hat Chelsea Edghill sich vorgenommen, mehr internationale Turniere zu spielen, im nächsten Jahr vielleicht nach Europa zurückzukommen, um sich weiter zu verbessern. Damit ihr 2028 vielleicht die Olympia-Qualifikation auf sportlichem Wege gellingt. (sue)

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