Olympia 2024

Olympia-Debüt mit 44 und 58: Zwei 'Oldies' in Paris

Ivana Malobabic (l.) und Zhiying Zeng erfüllten sich ihren Olympia-Traum im höheren Sportleralter (©ITTF)

23.07.2024 - Eine Teilnahme an den Olympischen Spielen ist wohl für jeden Leistungssportler ein großer Traum. Wer sich diesen erfüllen kann, tut dies meist in jungen Jahren. Ein Olympia-Debüt jenseits der 40 zu feiern, ist dagegen höchst ungewöhnlich. In Paris wird diese Ehre zwei Tischtennisspielerinnen zuteil: Die Chilenin Zhiying Zeng und Ivana Malobabic aus Kroatien haben sich ihren ersten Olympia-Startplatz mit 58 bzw. 44 Jahren erspielt.

Eigentlich hatten Zhiying Zeng und Ivana Malobabic ihren Olympia-Traum längst abgehakt. Die eine hatte ihre Tischtenniskarriere schon im Jahr 1986 beendet und ist inzwischen Besitzerin einer Möbelfirma in Nord-Chile, die andere hatte sich eine zehnjährige Pause vom internationalen Wettkampfsport gegönnt, aber zumindest weiterhin trainiert und auf Vereinsebene gespielt. Dass die zwei Abwehrspielerinnen im Alter von 58 bzw. 44 Jahren ihr Olympia-Debüt feiern dürfen, hätten sie sich beide nicht träumen lassen. In Paris wird dieser Traum jedoch wahr: Zeng und Malobabic haben sich beide für den olympischen Einzelwettbewerb qualifiziert.

Olympia-Ticket 38 Jahre nach Karriereende

Die Chilenin wird hier - hinter der Luxemburgerin Xia Lian Ni (61 Jahre) - die zweitälteste Spielerin im Wettbewerb sein. Wie Ni stammt auch Zeng aus China, wo sie 1983 auch in die chinesische Nationalmannschaft berufen wurde. Doch die Einführung der „Zwei-Farben-Regel“ im Jahr 1984 ließ ihren Olympia-Traum früh platzen. „Die Regel ruinierte mein Spiel“, erklärte Zeng, die seit ihrer Kindheit mit einfarbigen Schlägern gespielt hatte, gegenüber der britischen Zeitung „The Guardian“. „Ich fühlte mich schwach, psychisch und technisch.“ So beendete sie ihre Karriere 1986 mit 20 Jahren und ging drei Jahre später nach Chile, wo sie inzwischen Besitzerin einer Möbelfirma ist. Die Liebe zum Tischtennis kam während der Covid-19-Pandemie zurück, als sie sich im Lockdown einen Tischtennistisch kaufte und anfing, wieder zu spielen. Nach der Pandemie nahm sie spaßeshalber an ein paar lokalen Turnieren teil - und gewann sie allesamt mühelos. 

So empfahl sie sich für die chilenische Nationalmannschaft, für die sie 2023 ihr erstes Spiel bestritt. Diese Option hatte sie zuvor nie in Erwägung gezogen, „ich hatte keine Ahnung, dass das überhaupt möglich ist“, wie sie dem „Guardian“ versicherte. Bei den Südamerikameisterschaften 2023 holte sie Gold mit der chilenischen Mannschaft, ein Jahr später sicherte sie sich beim kontinentalen Olympia-Qualifikationsturnier das Ticket für Paris - 38 Jahre nach ihrem eigentlichen Karriereende. Für ihren Start im Einzelwettbewerb ackert die 58-Jährige nun drei Stunden am Tag. Gerne würde sie noch mehr trainieren, doch ihr Körper lässt es nicht zu. „Wenn man jung ist, tut einem nichts weh“, sagte sie lächelnd. „Wenn ich jetzt zu viel spiele, bekomme ich Schulterschmerzen.“

„Hätte ich nie gedacht“

Ivana Malobabic dagegen hatte den Tischtennisschläger auch während ihrer längeren Pause nicht aus der Hand gelegt. 2007 hatte sie bei den Croatian Open zwar ihr vorerst letztes internationales Match absolviert, aber weiterhin für ihre Mannschaft in der Liga gespielt. „2017 lud mich die kroatische Nationalmannschaft ein, ihr in der Qualifikation für die EM zu helfen. Und so begann langsam meine zweite Karriere“, berichtete die 44-Jährige lachend der ETTU. Wie Zeng begann sie erst nach der Pandemie, auch im Einzel ernsthaft durchzustarten. 2018 war sie in der Weltrangliste auf Platz 793 wieder eingestiegen, die Top 100 knackte sie erstmals im Juli 2023, jetzt ist sie 73. der Welt. Über das Ranking qualifizierte sie sich auch für Paris. Beim Olympia-Qualifikationsturnier in Sarajevo war sie mit Fieber aufgewacht und verpasste den Startplatz. Doch nach ihrem Viertelfinaleinzug beim WTT Contender in Mendoza (Argentinien) Anfang Juni schaffte sie es auch über die Weltrangliste nach Paris. 

„Ich habe immer davon geträumt, mich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, das ist der Traum eines jeden Sportlers“, wird sie auf der Webseite des kroatischen Tischtennisverbands zitiert. „Und für mich wurde dieser Traum im Alter von 44 Jahren wahr. Ehrlich gesagt, hätte ich nie gedacht, dass mir so etwas passieren würde.“ Die Kroatin, die mit der österreichischen Mannschaft Linz AG Froschberg in diesem Jahr sowohl den Pokal als auch die Meisterschaft gewann, ist die sechstälteste Spielerin im Teilnehmerfeld von Paris. Vielleicht kann sie - genau wie Zhiying Zeng - die junge Konkurrenz dort ja sogar ein wenig mit ihrem defensiven Spielstil ärgern. „Ich werde mein Bestes geben“, bekräftigte Malobabic. „Denn man fährt nicht jeden Tag zu den Olympischen Spielen.“

(JS)

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