Im Vordergrund Schach, im Hintergrund Tischtennis - so sah es beim Duathlon in Hofheim aus (©SV 1920 Hofheim am Taunus)
26.08.2022 - Timo Boll hat Tischtennis einst als „Hochgeschwindigkeitsschach“ bezeichnet – so taktisch geprägt kann der schnellste Rückschlagsport der Welt sein. Wer sowohl am Tisch als auch am Brett eine gute Figur macht, der hatte die Chance auf einen ganz besonderen Turnier-Sieg. In Hofheim am Taunus, zwischen Frankfurt a.M. und Wiesbaden, fand die zweite Auflage eines Schach-Tischtennis-Turniers statt.
Ausrichter des Duathlons war der Schachverein Hofheim am Taunus in Kooperation mit der Tischtennisabteilung des TuS Kriftel. Bereits 2019 hatten Schachspieler des SVs die Idee, beide Sportarten miteinander zu verbinden, und feierten die Premiere des außergewöhnlichen Turniers. In diesem Jahr fand bereits die zweite Auflage in der Sporthalle des TuS Kriftel statt. Wer an dem Wettkampf teilnehmen wollte, musste sich als Duo anmelden, das im besten Fall aus einem Schach- und einem Tischtennisspieler bestand. „Aber es war schon ganz gut, wenn man in der jeweils anderen Sportart kein absoluter Anfänger war“, erklärt Teilnehmer und Tischtennisspieler Hartmut Metz. Er selbst trat mit dem Deutschen Meister im Schach, Jonas Rosner, an. Auch zwei Tischtennisspieler oder zwei Schachspieler konnten theoretisch ein Duo bilden, mussten dann aber einen Spieler in die Kategorie „Schach“ und einen in die Kategorie „Tischtennis“ einordnen.
In vier Disziplinen wurden jeweils fünf Runden gespielt. Das Schach-Doppel machte den Anfang, es folgten die beiden Einzel der Schachspieler und Tischtennisspieler. Das Tischtennis-Doppel bildete den Abschluss. Gespielt wurde im Schweizer System: Wer in den ersten Runden erfolgreich war, bekam Gegner zugelost, die ebenfalls erfolgreich waren – und umgekehrt. So spielten in der letzten der fünf Runden die jeweils erfolgreichsten Spieler gegeneinander.
Deutscher Meister Jonas Rosner wollte den Titel verteidigen
Es ging los mit dem Schach-Doppel. Was im Tischtennis gang und gäbe ist, ist im Schach eine ungewöhnliche Disziplin. Wie im Sport mit dem kleinen Plastikball waren auch im Schach-Doppel die Spieler eines Paares abwechselnd am Zug. Allerdings fand am Schachbrett keine Absprache untereinander statt – die Gegner hätten sofort gewusst, wie sie zu reagieren haben. Die Schwierigkeit bestand somit darin, die gleichen Ideen für die nächsten Spielzüge zu entwickeln. Die Spieler mussten nicht nur die Strategie ihrer Gegner erkennen, sondern auch die ihrer Partner. Denksport hoch zwei. In den beiden Einzeldisziplinen traten die Schach- und Tischtennisspieler jeweils unter sich an. Die Sportler begannen mit der jeweils eigenen Disziplin und spielten fünf Runden abwechselnd Schach und Tischtennis. Zuletzt wurden die Tischtennis-Doppel ausgespielt. Im Tischtennis wurden immer zwei Gewinnsätze ausgetragen, im Schach betrug die Bedenkzeit einer Partie zehn Minuten. Das Spiel musste vor Ablauf der Uhr gewonnen werden. Für die Platzierungen in den einzelnen Disziplinen wurden Punkte verteilt und diese für jedes Paar addiert, um einen Gesamtsieger zu küren.
Einen eindeutigen Sieger gab es in diesem Jahr jedoch nicht. Die Titelverteidiger Jonas Rosner und Hartmut Metz wiesen exakt genauso viele Punkte auf wie das Ehepaar Steffi und Arvid von Rahden. Mit Rosner gastierte der amtierende Deutsche Meister im Schach in der Sporthalle des TuS Kriftel. Für alle Schachspieler eine attraktive Herausforderung, sich mit dem besten Deutschen zu messen. Man stelle sich nur vor, bei der nächsten Auflage würden Nina Mittelham oder Dang Qiu mitspielen. Ohnehin war vor allem bei den Schachspielern ein gewisses Leistungsniveau zu erkennen. Doch auch die Tischtennisspieler waren keine Beginner in ihrer Disziplin. „Es ist sicher kein Turnier für Anfänger“, so die Einschätzung von Harmut Metz. Das gilt für die eigene Sportart, wie auch für die jeweils andere. So sollten die Schachspieler schon mal einen Schläger in der Hand gehalten haben und Tischtennisspieler wissen, dass auf dem Schachbrett keine Pferdchen, sondern Springer stehen.
Gute Schachspieler sind nicht die besseren Tischtennisspieler
In beiden Sportarten reizt der Mix zwischen Individual- und Mannschaftssport. Für das eigene Ergebnis ist jeder Sportler auf sich allein gestellt. Er ist für die eigene Leistung nicht auf Mannschaftskollegen angewiesen. Und doch trägt das eigene Ergebnis zum Gesamtergebnis bei. Ohne die Siege der anderen kein Erfolg als Mannschaft. Doch warum ist ausgerechnet Tischtennis so ein attraktiver Ausgleichssport für Schachspieler? „Schachspieler sind doch eher Stubenhocker und im Tischtennis kriegen sie nichts auf die Knochen“, vermutet Metz. Außerdem ist im Schach wie im Tischtennis eine hohe Konzentration notwendig. Man könnte vermuten, wer ein guter Schachspieler ist, der sei aufgrund seines taktischen Denkens auch ein besserer Tischtennisspieler. Aber dem widerspricht Metz. „Bei allen, die ich kenne, stimmt diese These nicht.“ So kenne er beispielsweise einen Schachspieler, der am Brett hochkonzentriert seine Leistung abruft. Aber sobald er am Tisch steht, sei es vorbei mit der Ruhe. Da rege er sich tierisch auf.
Ein großer Unterschied zwischen den beiden Sportarten besteht vor allem in der Geschwindigkeit. Im Tischtennis bleibt nur der Bruchteil einer Sekunde, um über den nächsten Zug zu entscheiden. Da kann eine Partie Schach schon fast entspannend wirken, auch wenn die Uhr unaufhörlich tickt.
Die nächste Möglichkeit, beide Sportarten in Turnierform miteinander zu verbinden, gibt es im nächsten Jahr. Am 23. Juli soll es die dritte Auflage des ungewöhnlichen Duathlons geben. Zeit genug, sich im Denksport am Brett oder im Hochgeschwindigkeitsschach am Tischtennistisch zu üben.
(AT)
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