Buntes

Der große Spin-Vergleich: Amateure vs. Profis

In drei von sechs getesteten Bereichen führt Hugo Calderano das interne Spinsight-Ranking an (©ITTF)

18.07.2022 - Die Rotation ist eines der großen Markenzeichen des Tischtennissports, allerdings war sie bisher auch eine mehr oder weniger unbekannte Variable. Oder können Sie sagen, wie viel Spin in Ihren Schlägen ist? Die neue Technologie der Spinsight ESN Digital GmbH lüftet diesen Schleier und macht es möglich, Rotation von verschiedenen Schlägen, Spielern oder Flugphasen des Balles zu messen und zu vergleichen. Das Start-up gewährt uns exklusive und äußerst interessante Einblicke.

Mit wie viel Spin dreht sich der Ball beim eigenen Topspin? Bei dieser Frage kommen nicht nur Amateurspieler, sondern auch Profis und Nationaltrainer ins Grübeln. Gibt man ihnen dann den Anhaltspunkt, dass sich die Reifen eines Sportwagens, der mit 300 km/h über die Straße fegt, etwa 50-mal in der Sekunde um die eigene Achse drehen, schätzen viele ihren Spin bei 30, vielleicht auch nur bei 15 Umdrehungen ein. „Aber ein Tischtennisball schafft viel mehr“, weiß Hermann Mühlbach. „Schon ein kleiner Konter oder Block liegt bei 50 Umdrehungen, beim Topspin können bis zu 200 erreicht werden.“ Mühlbach ist Senior Experte Digitales Training beim Start-up Spinsight, das eine neue Technologie entwickelt hat, mit deren Hilfe erstmals alle Bewegungen im Spiel - die des Balles, des Schlägers und des Spielers - in Echtzeit, direkt und präzise gemessen sowie ausgewertet werden können. Je 50 Profis, junge Talente und Amateurspieler wurden bereits ‚vermessen‘. Anhand dieser Daten lassen sich nun gesicherte Aussagen darüber treffen, wie sich die getesteten Frauen und Männer, Profis und Amateure oder Junge und Alte in tischtennisrelevanten Fähigkeiten, wie zum Beispiel der Erzeugung von Rotation, unterscheiden. 

Profis bei bis zu 200 Umdrehungen pro Sekunde

Am meisten Rotation wird normalerweise beim Topspin produziert, bei dem oft über 100 rps (Umdrehungen pro Sekunde) erreicht werden. Aber auch bei einer „Banane“ oder einem Kick kommen Profis durchaus auf Werte über 100 rps, während ein einfacher Schupf etwa 30 rps, ein stark angeschnittener Schupf 60 rps und ein guter Abwehrball 90 rps haben können. Beim Vorhand-Topspin reichte die maximale Rotation bei den von Spinsight getesteten Amateurspielern von 50 bis 150 rps. 20 % der Spieler blieben im Maximum unter 80 rps, 50 % unter 100 rps und 90 % unter 120 rps. Die jüngsten und ältesten Testpersonen erreichten oft sogar nur 50 rps. Männliche Profispieler liegen dagegen allesamt über 120 rps und im Schnitt bei 150 rps. Bei ein paar Ausnahmen wurden sogar fast 200 rps gemessen. Dies war für die getesteten Amateurspieler zwar nicht zu erreichen, so mancher schaffte allerdings auch bis zu 140 rps und konnte sich in diesem Bereich mit den Profis messen. „Spin ist aber nicht das Einzige“, weiß Mühlbach. „Auch eine gute Beinarbeit, Schnelligkeit, Reaktion und auch Taktik sowie mentale Stärke sind essenziell wichtig. Ein guter Spieler ist in allen Bereichen gut. Ein Amateur kann vielleicht in einem Bereich mithalten, aber dann fehlt es ihm woanders.“

Wie zum Beispiel in der Präzision und Konstanz der Schläge. Denn laut den Daten, die ‚Spinsight elite‘, wie das Trainingstool offiziell heißt, während der bisherigen Messungen erfasst hat, sind Profis auch hier überlegen. Die Schwankungen bei wiederholter Schlagausführung sind bei Topspielern kleiner, zudem zeigen die Messwerte der Flughöhe und Platzierung auf dem Tisch, dass sie ihre Bälle unheimlich präzise spielen. Eine Schwäche lässt sich bei den Profis in den verschiedenen getesteten Bereichen oft nicht ausmachen. Während bei Amateuren zum Beispiel oft große Unterschiede zwischen Rückhand und Vorhand oder gegen Unter- und Oberschnitt zu beobachten sind, erreichen Profis in allen Lagen sehr hohe Werte. „In der Spitze kann man sich wohl einfach keine Schwäche mehr leisten oder nur noch sehr schwer mit einer besonderen Stärke ausgleichen“, beobachtet Mühlbach, der auch verrät, wer das interne ‚Spinsight-Ranking‘ anführt. „Hugo Calderano und Truls Moregardh sind die zwei stärksten Spieler, die wir bisher getestet haben - und so ist es wohl auch kein Zufall, dass sie sich bisher die Rekorde in den einzelnen Kategorien teilen. Bei unseren sechs Tests führt jeder der beiden jeweils drei Bestenlisten an.“

Neue physikalische Erkenntnisse

Rekorde und Bestwerte sind allerdings nicht das Einzige, das bei den Messungen von ‚Spinsight elite‘ bisher herausgekommen ist. Auch interessante Erkenntnisse zum Verhalten des Balles wurden gewonnen, was wiederum für jeden Tischtennisspieler von Interesse ist. „Der Ball verliert Energie zum Beispiel durch den Luftwiderstand im Flug und durch die Reibung auf dem Tisch sowie auf dem Belag“, erklärt Experte Mühlbach. „Während der Spin in der Luft aber nur wenige Umdrehungen verliert, ist der Ball häufig nur noch halb so schnell, bis er beim Gegner ist.“ Ein starker Schmetterball kann so über 100 km/h erreichen, wenn er den Schläger verlässt. Über dem Netz gemessen hat ein Topspin aber im Schnitt weniger als 50 km/h. 

Auch interessant ist die Erkenntnis, wie stark sich die Rotation zwischen zwei Schlägen unterscheiden muss, damit der Gegner einen Fehler macht, wenn er seine Bewegungen nicht anpasst: Spinsight hat herausgefunden, dass 30 rps in der Regel ausreichen, dass der Ball ohne Anpassungen des Rückschlags nicht retourniert werden kann. „Die Kunst besteht also darin, mit möglichst ähnlichen Bewegungen ganz unterschiedliche Schlagqualitäten zu erzeugen“, betont Mühlbach die Bedeutung der Variation. „Das geht besonders gut beim Aufschlag, gute Spieler können aber auch alle anderen Schläge variabel spielen.“ Ein weiteres Beispiel sind Noppen-außen-Beläge. Sie glauben, dass kurze Noppen beim Konter Unterschnitt erzeugen? Falsch! Es fühlt sich nur so an, weil die Bälle ‚ins Netz fallen‘, wenn man sich nicht anpasst. In Wahrheit haben sie Oberschnitt - allerdings nur ca. 25 rps, was deutlich weniger ist, als man bei der Schlagbewegung erwarten würde, bzw. von Noppen-innen-Belägen gewöhnt ist. „Hinter all dem steckt teilweise komplizierte Physik, deren Auswirkungen jetzt aber durch einfaches Ausprobieren mit der Spinsight-Messung veranschaulicht und erklärt werden können“, erläutert Hermann Mühlbach. „Und anhand der eigenen Daten sehen die Spieler, wo sie aktuell stehen, und können sich vergleichen. Das alles macht einen noch nicht zum besseren Spieler. Aber mit diesem Wissen hat man bessere Voraussetzungen, um an sich zu arbeiten.“

Mehr Infos zu Spinsight finden Sie auf dieser Webseite und diesem Instagramkanal.

(JS/Spinsight)

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