Buntes

Andreas Preuß: "Ein völlig verrücktes Gefühl"

Andreas Preuß ist mit dem Champions-League-Turnier in Düsseldorf durchweg zufrieden (©Fabig)

18.12.2020 - Ganz Deutschland macht dicht, aber im Düsseldorfer ARAG CenterCourt wird weiterhin Champions-League-Tischtennis mit 15 europäischen Mannschaften gespielt. Borussia Düsseldorfs Manager Andreas Preuß spricht mit uns über diesen krassen Kontrast, verrät uns, wie zufrieden er mit der Durchführung des Bubble-Turniers ist, und was er sich in Sachen Vermarktung noch gewünscht hätte.

myTischtennis.deGanz Deutschland ist im Lockdown, aber in Düsseldorf spielen Mannschaften aus ganz Europa weiter Tischtennis. Wie fühlt sich das an, solch einen Sonderstatus zu haben?

Andreas Preuß: Skurril, ein völlig verrücktes Gefühl. Als wir Anfang September überlegt haben, das Champions-League-Turnier in Frankreich stattfinden zu lassen, habe ich noch gesagt: Na, aber in drei Wochen seid ihr im Lockdown. Damals sah alles danach aus, dass wir im Dezember in Österreich und Deutschland noch die besten Verhältnisse bezüglich des Infektionsgeschehens haben würden. Da musste ich die Tage dran denken: Frankreich ist jetzt wieder raus aus dem Lockdown und wir sind gerade eingestiegen. Und wenn wir hier fertig sind, feiern wir wahrscheinlich bis Mitte Februar Weihnachten. Denn dann geht es ja auch für uns in den Lockdown. Noch können wir uns hier in unserem ‚Wohnzimmer‘ über eine gefühlte Normalität freuen. Und das, während draußen alle Geschäfte zumachen und Kinder nicht mehr zur Schule gehen. Es ist ein krasser Gegensatz. Und doch fühlt es sich irgendwie schön an, diese große Chance bekommen zu haben, das hier machen zu können. Da sind wir unheimlich dankbar für. Auch dass alles so gut geklappt hat und sich Stand jetzt niemand infiziert hat. 

myTischtennis.deAlso hast du den Eindruck, dass eure vielen Vorsichtsmaßnahmen gefruchtet haben? Ist die Blase so sicher, wie ihr sie euch vorgestellt habt?

Andreas Preuß: Wir haben viel Lob von den Vereinen bekommen, dass sie sich hier sicher gefühlt haben. Aber eine wirkliche Sicherheit hat man natürlich nicht. Denn dann müsstest du wirklich alle einschließen. Auf dieses Niveau konnten wir nicht gehen, aber wir haben mit Hygiene, Distanz, Masken und Testungen ein gutes Level erreicht. Das hat eine Menge Disziplin erfordert und da muss man das Kompliment an die Vereine zurückgeben, die die Regeln toll eingehalten haben. Am Anfang musste man hier und da vielleicht ein paar Mal ermahnen, aber es gab ansonsten keinen einzigen Zwischenfall, dass einer gesagt hätte: Das ist alles Schwachsinn, die Maske trage ich nicht. Man merkte allen an, wie wichtig es ihnen ist und dass sie sich freuen. Die Sportler, weil sie wieder einen Wettkampf und die Möglichkeit zu spielen haben, und die Vereine, weil sie die Chance zur Vermarktung bekommen. In vielen Ländern ist schon seit Monaten kein Spielbetrieb mehr. Es waren alle froh, dass wir hier zusammenkommen konnten.

myTischtennis.deIhr habt an eine ganze Menge denken müssen, aber ihr konntet sicher nicht an alles denken. Gab es Schwierigkeiten, die sich erst zu Beginn des Turnier aufgetan haben?

Andreas Preuß: Wir haben wahrscheinlich an so ziemlich alles gedacht, aber wenn es dann losgeht, passiert dann doch meist noch Unerwartetes. So konnte eine Mannschaft, Walter Wels, nicht anreisen und ist stattdessen mit ein paar Kindern gekommen. Und es gab ein paar Fälle, in denen anfangs der Verdacht einer Infektion bestand. Die haben sich am Ende als unbegründet herausgestellt. Das hat anfangs aber im Hintergrund für viel Unruhe gesorgt. Ansonsten hatten wir vorher für jede Mannschaft einen genauen Plan geschrieben, wer wann wo was macht. Dass das so nicht genau eingehalten werden konnte, war klar, denn als die Mannschaften hier waren, hatten sie dann auch besondere Bedürfnisse. Aber wir haben versucht, das möglich zu machen. Ich sag mal, ab Samstag lief alles ziemlich rund.

myTischtennis.deWie viele helfende Hände waren hier jetzt am Ende im Einsatz, dass alles so rund laufen konnte?

Andreas Preuß: Wir hätten gut noch weitere brauchen können, aber wir haben versucht, die Anzahl an Helfern auf ein absolutes Minimum zu beschränken. Und trotzdem hatten wir alleine vier Leute im Einsatz, die sich nur um die Mannschaften gekümmert haben, dann Alex und ich als Orga-Team, die Leute, die die Übertragung gemacht haben, die Techniker, die Küchencrew - und natürlich diejenigen, die die Tische und Bälle in der Spiel- und Trainingshalle regelmäßig desinfiziert, die Umkleidekabinen gereinigt und sich um den Fahrdienst gekümmert haben. Da ist man schnell bei 50 Leuten. Aber trotzdem durften in die Halle maximal 75 Personen - und so haben sich auch nur die hier drin aufgehalten, die wirklich nötig waren.

myTischtennis.deIhr musstet dieses Turnier mit 15 Mannschaften innerhalb kürzester Zeit auf die Beine stellen. Eine organisatorische Mammutaufgabe. Wie zufrieden bist du jetzt, wo das Gröbste vorbei ist, mit dem Turnier? Konntet ihr eure Visitenkarte abgeben?

Andreas Preuß: Wir sind total zufrieden. Wir wussten, dass wir das können. Wir haben Erfahrung mit der Organisation von Spielen, haben die Grundorganisationsstrukturen und durch das Düsseldorf Masters auch schon Übung mit dem Coronavirus. Da war schon eine Menge Know-How vorhanden. Und dazu haben wir noch aus dem Verein mit Thomas Jax und Renate Mellin hervorragende medizinische Unterstützung bekommen. Da sind wir schon stolz auf uns. Wahrscheinlich gab es aber auch nur diese beiden Vereine, Linz und uns, die das überhaupt hätten stemmen können.

myTischtennis.deHattest du dir mehr vom Fernsehen erhofft? Ich konnte zumindest keine Live-Übertragungen finden.

Andreas Preuß: Vor dem Turnier hatten wir zumindest RTL und ARD zu Gast, die Beiträge gemacht haben. Aber wir können da in Sachen Übertragungen nichts selbst entscheiden, sondern müssen für jeden kleinen Clip Sportradar (Anm. d. Red.: ein Schweizer Dienstleister für Sportmedien) fragen. Denn die haben alle Rechte und entscheiden letztlich, wer was überträgt. Wir sind darüber enttäuscht, aber sind das auch schon seit Jahren. Jeder muss dafür bezahlen, um etwas übertragen zu dürfen. Aber es passiert zu wenig, um etwas zu entwickeln. Vielleicht muss man sogar mal Geld in die Hand nehmen, um Eurosport hier hereinzukriegen, oder die Öffentlich-Rechtlichen ohne Honorar übertragen lassen, damit sie kommen. Man kann es ja dann trotzdem noch vermarkten. Der WDR ist uns generell sehr wohl gesonnen.

myTischtennis.deDu bist hier ja nicht nur als Organisator der Champions-League-Bubble unterwegs, sondern auch als Manager einer der Teilnehmer, von Borussia Düsseldorf. Wie zufrieden bist du mit dem bisherigen Abschneiden deines Teams?

Andreas Preuß: Wir sind im Finale und damit haben wir unsere Erwartungen übertroffen. Timo und Kristian waren im Sommer lange verletzt, Timo spielt erst seit anderthalb Monaten wieder Wettkämpfe, daher sind wir zufrieden. Wenn man aber im Finale ist, will man immer gewinnen. 

myTischtennis.deWenn heute Abend alles vorbei ist, würde man ja am liebsten mit allen Beteiligten in die Kneipe gehen, um sich bei den Helfern zu bedanken und das gute Gelingen zu feiern. Das geht aber nun gerade nicht. Habt ihr trotzdem irgendwas geplant, um einen schönen Abschluss für dieses Turnier zu finden?

Andreas Preuß: Nein, egal, was passiert, wir werden nicht feiern können. Das geht diesmal einfach nicht. Wir werden uns genauso an alle Verordnungen halten, wie wir das bisher auch getan haben. Von daher wird es höchstens ein stilles Abstandsbier vor der Tür geben.

(JS)

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