Bei den Grand Finals in Zhengzhou kommt der Videobeweis zum Einsatz (©Roscher)
11.12.2019 - Groß war der Aufschrei im Februar 2017 gewesen, als Liang Jingkun bei den Qatar Open einen spielentscheidenen Punkt im Erstrundenspiel gegen Kenta Matsudaira zugesprochen bekam. Denn ein Großteil der Tischtennisszene sah den Ball anders als der Schiedsrichter des Spiels an der Außenkante des Tisches. Damals kündigte die ITTF an, dass der Videobeweis kommen werde. Bei den Grand Finals in Zhengzhou ab Donnerstag ist es so weit.
Der Videobeweis feiert damit nun auch bei einem offiziellen ITTF-Turnier seine Premiere, nachdem er in ähnlicher Form u. a. schon beim T2-Diamond-Turnier in Malaysia im Juli angewandt und beim World Cup der Herren Ende November hinter den Kulissen getestet geworden war. Den Videobeweis nennt der Weltverband "Table Tennis Review", abgekürzt TTR (natürlich nicht zu verwechseln mit dem TTR-Wert, also dem Tischtennis-Rating-Wert).
Beim Table Tennis Review wird die Technologie der chinesischen Firma Rigour Tech eingesetzt. Diese behauptete sich in einem Auswahlprozess im August 2019 gegen ihre Konkurrenz. Mit Hilfe der neuen Technik lässt sich ein gespielter Ballwechsel im Video noch einmal betrachten, sodass die ursprüngliche Entscheidung des Schiedsrichters ggfs. revidiert werden kann.
Verschiedene Schiedsrichterentscheidungen anfechtbar
Insgesamt wird der Videobeweis bei zwölf verschiedenen Schiedsrichterentscheidungen zum Einsatz kommen können, angefangen von Kantenbällen über sämtliche Vergehen bei Aufschlägen bis hin zu Körperberührungen bei Schlägen. Allerdings sollen in der Anfangsphase nur Entscheidungen angefochten werden können, die als Fehler oder Punkt gegen einen Spieler gewertet wurden ("[...] which directly affect the player with a fault or awarded point against", so der Wortlaut der ITTF, Anm. d. Red.). Als (Gegen-)Beispiel führt die ITTF an, dass ein Spieler z. B. nicht überprüfen lassen kann, ob der Gegner einen falschen Aufschlag gemacht hat. Sehr wohl dürfte es also einem Spieler, dessen Aufschlag aus irgendeinem Grund 'abgezählt' wurde, im Umkehrschluss möglich sein, diese Entscheidung anzufechten.
Auch Zuschauer können den zuletzt gespielten Punkt noch einmal mitverfolgen
Zweimal soll es einzelnen Spielern bzw. Doppelpaarungen pro Match möglich sein, den Videobeweis einzusetzen. Bei erfolgloser Anfechtung der Schiedsrichterentscheidung hat man einen Versuch verbraucht. Stellt sich heraus, dass die Entscheidung zu Recht angefochten wurde, bleibt die Anzahl der Versuche gleich. Das Table-Tennis-Review-Prozedere sieht vor, dass Spieler vor dem entsprechenden Match darüber informiert werden, dass der Videobeweis im Einsatz ist.
Fordert ein Spieler bzw. ein Doppelpaar den Videobeweis, so schaut sich der Schiedsrichter den gerade gespielten Ballwechsel in einem speziellen Raum noch einmal an, während die Zuschauer ihn über die Monitore noch einmal verfolgen können. Zum Einsatz kommen werden beim Videobeweis Ballverfolgungssysteme, HD-Slowmotion-Kameras und auch Virtual-Reality-Animationen.
Im Erfolgsfall auch bei ausgewählten Turnieren 2020 im Einsatz
ITTF-Wettbewerbsdirektor Vicky Eleftheriade zeigt sich optimistisch: "Wenn wir menschliche Fehler oder Unsicherheiten, die natürlich in allen Sportarten auftreten können, durch ein faires, transparentes und effektives System ersetzen können, glauben wir, dass davon Spieler, Fans und Offizielle profitieren können – so wie es bereits in anderen Sportarten der Fall ist. Wir glauben nicht, dass das im Tischtennis nicht auch klappen kann."
Sollte der Videobeweis bei den Grand Finals ein Erfolg sein, so heißt es in der Pressemitteilung der ITTF, so werde er auch bei hochdotierten ITTF-Veranstaltungen im Jahr 2020 zum Einsatz kommen.
Zum ITTF-Infodokument über den Videobeweis
(DK)
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