Genauso konzentriert richtet Valentin Baus den Blick auf die Paralympics in Tokio (©ITTF)
10.10.2019 - Valentin Baus war bereits früh einer der talentiertesten deutschen Tischtennisspieler mit Handicap. In den vergangenen zwei Jahren durchlebte der 23-Jährige allerdings eine größere Durststrecke. Spätestens seit dem 18. September ist diese Krise vergessen. Baus krönte sich im schwedischen Helsingborg erstmals zum Einzel-Europameister in der Wettkampfklasse 5 und sicherte sich damit das heißbegehrte Ticket für die Paralympics 2020 in Tokio.
Sieben Jahre ist es her, als sich der Bochumer seine erste Trophäe bei deutschen Meisterschaften sicherte. Von diesem Moment an ging es stetig bergauf in der Karriere des damals 17-Jährigen, der seit 2008 durch die erblich bedingte Glasknochenkrankheit auf seinen Rollstuhl angewiesen ist. Seine bisher größten Triumphe: der Weltmeistertitel 2014 sowie die Silbermedaille bei den Paralympics in Rio de Janeiro 2016. Seine Leistungen fanden sehr viel Wertschätzung. Bochums Jugendsportler des Jahres 2014 bekam vom ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck das Silberne Lorbeerblatt verliehen.
Aus dem Tief zum EM-Titel
Doch nach dieser erfolgreichen Zeit zeigte die Formkurve für lange Zeit nach unten. „Die Gegner haben sich besser auf mich eingestellt. Ich habe zudem versucht, mein Spiel etwas umzustellen, was nicht auf Anhieb funktionierte und erst später Früchte getragen hat“, sagt Baus über die schwierigste Zeit in seiner jungen Sportlerkarriere. Mit viel harter Arbeit fand der Student schließlich zu seiner alten Stärke zurück. Die langen Trainingstage haben sich ausgezahlt.
„Mega glücklich“ war Baus nach seinem EM-Sieg. „Es lief von Anfang an gut zusammen. Ich konnte mein Niveau bis zum Ende halten“, freute sich der Para-Sportler über sein gelungenes Comeback auf der ganz großen Bühne. Gemeinsam mit seinem Kumpel Thomas Schmidberger, der sich in seiner Wettkampfklasse ebenfalls als Europameister für Tokio qualifizieren konnte, wird Baus die Vorbereitungen auf das große Abenteuer in der japanischen Metropole frühzeitig angehen.
Viel Kontakt zu anderen Sportlern im olympischen Dorf
Die beiden harmonieren zudem mit Sandra Mikolaschek in der Rollstuhltischtennis-Bundesliga bei Borussia Düsseldorf. „Wir verstehen uns sehr gut und können gegenseitig voneinander profitieren“, sagt Baus, der nebenbei auch weiterhin bei seinem Heimatverein TTG Weitmar in der Bezirksklasse gegen Sportler ohne Behinderung antritt. Da der 23-Jährige noch weit davon entfernt ist, mit dem Sport alleine finanziell aussorgen zu können, absolviert er aktuell noch das Bachelor-Studium Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Bochum. Für andere Hobbies bleibt kaum Zeit.
In zehn Monaten ist es dann so weit, wenn die Para-Sportler aus aller Welt zur Eröffnungszeremonie ins Olympiastadion in Tokio einlaufen. Die Vorfreude ist groß. Der Europameister kennt die Abläufe allzu gut. „Es ist ein Riesenerlebnis. Im olympischen Dorf ist der Austausch mit Teilnehmern aus anderen Sportarten sehr groß“, erzählt Baus. In Rio lernte der Bochumer im deutschen Haus auch die bekannten Leichtathleten Markus Rehm und Heinrich Popov persönlich kennen.
Fehlende Aufmerksamkeit für den Para-Sport? „Das ist schade.“
Spätestens dann wird auch das öffentliche Interesse wieder sehr groß sein. Abseits der großen Turniere findet der Para-Sport aber sonst nur wenig Aufmerksamkeit in der medialen Berichterstattung. „Das ist ein bisschen schade. Im Gegensatz zum Fußball kämpfen viele Sportarten mit diesem Problem. Bei uns im Para-Sport ist es vielleicht noch etwas extremer“, empfindet Valentin Baus. Gut eine Woche vor dem offiziellen Beginn wird er mit den anderen deutschen TT-Spielern die zwölfstündige Reise antreten.
Das Flair der zuvor ausgetragenen Sommerspiele wird auch zwei Wochen danach noch in Tokio zu spüren sein. Die olympischen Ringe dürfen dann aber nirgendwo mehr hängen. Baus erklärt: „Alles wird mit dem paralympischen Agitos-Symbol versehen sein.“ Nach dem zweiten Platz vor drei Jahren an der Copa Cabana wird der 23-Jährige künftig alles dafür geben, um am Ende mit der Goldmedaille in der Hand ganz oben auf dem Treppchen in seiner Wettkampfklasse zu stehen.
(FKT)
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