Werden sich die drei Verbände nächstes Jahr zur Fusion entschließen? (©TTVWH/myTT)
09.11.2018 - Südbaden, Baden und Württemberg-Hohenzollern - so teilt sich seit jeher der Tischtennissport in Baden-Württemberg auf. Diese Situation geht auf die Aufspaltung Deutschlands in vier Besatzungszonen nach dem 2. Weltkrieg zurück und wurde bis heute so beibehalten. Doch das könnte sich bald ändern: In Baden-Württemberg wird gerade über einen Zusammenschluss der drei Verbände nachgedacht. Fusionsmanager Frank Tartsch klärt uns über Hintergründe und Hürden auf.
Was ist für den Tischtennissport in Baden-Württemberg die bessere Option? Eine Aufteilung in drei kleine Verbände, wie sie aktuell vorherrscht, oder ein Zusammenschluss in einen großen baden-württembergischen Verband, der dann für alle Tischtennisspieler des Bundeslandes zuständig ist? Über diese Frage wird im TTVWH, BaTTV und SbTTV aktuell heiß diskutiert. Denn im Sommer soll auf den jeweiligen Verbandstagen über eine mögliche Fusion abgestimmt werden. Die Idee, dass man gemeinsam mehr erreichen kann, ist dabei nicht neu. Bereits in den 1990er-Jahren war man kurz vor einem Zusammenschluss, konnte aber in Südbaden nicht die erforderliche Mehrheit für die Idee gewinnen. Eine Zusammenarbeit auf sportlicher Ebene - etwa im Jugendbereich, wo man inzwischen sechsmal in Folge den Deutschlandpokal gewinnen konnte, - kam trotzdem zustande und auch die Gespräche über eine mögliche Fusion wurden wieder aufgenommen. Seit 2009 gibt es den Verein Tischtennis Baden-Württemberg e.V., der schon jetzt über den Verbandstellerrand hinausschaut. Der komplette Zusammenschluss könnte Anfang 2020 erfolgen.
Gegenwind aus Baden
„Die Tischtennisspieler in Baden ticken nicht anders als die Tischtennisspieler in Württemberg. Wir wollen alle Tischtennis spielen und den Sport voranbringen“, betont Frank Tartsch die gemeinsame Basis in allen drei Verbänden. Der ehemalige Präsident des TTVWH, der sich 2013 nach 20 Jahren Amtszeit von der Spitze seines Verbandes verabschiedete, fungiert nun als Fusionsmanager. „Eigentlich bin ich nur als Vertretung für Hans-Peter Wörner als Vizepräsident Finanzen des TTBW eingesprungen. In das Amt des Fusionsmanagers bin ich so reingeschlittert“, schmunzelt Tartsch, der selbst keinen Posten im neuen baden-württembergischen Verband anstrebt. „Ich versuche, alles zu koordinieren und aufs Tempo zu drücken, damit wir rechtzeitig fertig werden. Sobald die Fusion geklappt hat, ist meine Mission beendet.“
Ob der Zusammenschluss kommt, steht allerdings noch in den Sternen. Waren es in den 90ern noch die Südbadener, an denen die Fusion scheiterte, weht diesmal aus Baden Gegenwind. So äußerte sich etwa Hans-Peter Gauss, Vizepräsident Sport Baden, im Regionalteil des „tischtennis“-Magazins in diesem Monat kritisch zu den Plänen. Für ihn spricht vor allem der Wegfall der eigenen BaTTV-Geschäftsstelle gegen die Verschmelzung. Im geplanten großen Verband soll es nur noch eine Geschäftsstelle geben, die am alten Sitz des TTVWH in Stuttgart angesiedelt wäre. Tartsch lässt dies nicht als Argument gelten: „In den Geschäftsstellen herrscht schon lange kein Kundenverkehr mehr. Das haben auch die Kritiker zugegeben. Somit muss man auch nicht räumlich vertreten sein.“ Für ihn liegt gerade in der Reduzierung der Räumlichkeiten und Ämter ein großer Vorteil des Zusammenschlusses. Denn statt jedes Amt dreifach besetzen zu müssen, was zumindest im ehrenamtlichen Bereich immer schwieriger wird, bräuchte man pro Amt nur noch einen Verantwortlichen, der im besten Fall sogar hauptamtlich arbeiten könnte. „Mit professionellen, hauptamtlichen Strukturen können wir die Vereine besser unterstützen, zum Beispiel um neue Kinder zu gewinnen oder an Schul-AGs mitzuwirken. Die Räume in Stuttgart gehören dem TTVWH, das heißt, es muss kein Geld mehr für Mieten eingeplant werden. Und der Landessportverband sitzt im selben Gebäude, so dass wir dorthin bestens verknüpft sind. Von daher ist es aus meiner Sicht absolut sinnvoll, dass wir auf eine BaWü-Geschäftsstelle in Stuttgart setzen.“
Höhere Beiträge für Vereine?
Doch diese Fragen machen nur einen kleinen Teil der Themen aus, mit denen sich die elf Arbeitskreise, in denen Vertreter aller Verbände zu finden sind, beschäftigen müssen. Im Falle einer Fusion muss es eine neue Satzung geben, die die Struktur des Verbandes vorgibt, die Wettspielordnung muss angepasst werden, für die man sich auf einheitliche Auf- und Abstiegsregelungen, Spielsysteme und Verbandsklassen einigen muss, und natürlich gibt es auch nur einen Haushalt für ganz Baden-Württemberg. Doch gerade im Bereich Finanzen liegt eine große Angst der Vereine. Müssen sie künftig mit höheren Beiträgen rechnen? „Es ist nicht leicht, einen fiktiven Haushaltsplan für das Jahr 2021 aufzustellen, aber durch den Wegfall der Geschäftsstellen, Lohnkosten, Ehrenamtspauschalen, Reisekosten etc. und durch die neuen Möglichkeiten, die sich im Bereich Sponsoring auftun, wenn man als großer baden-württembergischer Verband auftritt, bin ich zuversichtlich, dass es für die meisten Vereine sogar preiswerter wird“, erklärt Tartsch.
Über solcherlei Fragen machen sich aktuell übrigens nicht nur die Baden-Württemberger Gedanken. In der direkten Nachbarschaft wird ebenfalls über eine Fusion diskutiert. In Rheinland-Pfalz planen der TTV Rheinland und der Rheinhessische TTV einen Zusammenschluss - der Pfälzische TTV hat kein Interesse bekundet. Wie in BaWü soll 2019 über die Verschmelzung abgestimmt werden - und im Fall eines positiven Ergebnisses 2020 umgesetzt werden. Ein Stimmungsbild holten die Rheinhessen schon in diesem Jahr auf ihrem Verbandstag ein und wurden mit großer Mehrheit dazu ermutigt, sich weiter um eine Fusion zu kümmern. „Die Zusammenarbeit in den Gremien läuft sehr rund und es herrscht durchweg eine positive Grundstimmung“, findet RTTV-Geschäftsführer Volker Bauer. „Aber wie es bei der Abstimmung nächstes Jahr läuft, kann man daran natürlich trotzdem nicht ablesen.“ Auch Frank Tartsch wagt keine Prognose für den Tag der Wahrheit im Juni 2019. „Ich denke, dass es eine spannende Angelegenheit wird. Die drei Verbände stimmen separat über Ja oder Nein ab, wobei 51 % hier nicht ausreichen“, kennt der Fusionsmanager die hohen Hürden. „Aber wir haben schon eine gute Grundlage geschaffen und werden bis zur Abstimmung versuchen, auch die Kritiker davon zu überzeugen, dass wir gemeinsam schlagkräftiger sein können.“
(JS)
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