Buntes

Walther: "World Tour-Turniere eher ein Verlustgeschäft für Spieler"

Ist in der Weltrangliste auf Platz 41 zu finden: Ricardo Walther (©Fabig)

08.08.2017 - Nach welchen Kriterien stellen sich Spieler ihren Turnierplan zusammen? Wer trägt die bei Turnieren anfallenden Kosten? Dieser Sache sind wir auf den Grund gegangen und haben in Ricardo Walther und DTTB-Mitarbeiter Kolja Rottman zwei Ansprechpartner zu diesem Thema gefunden. Während Walther über seine Planspiele in Sachen Turnierteilnahmen berichtete, gab uns Rottmann, der im Bereich Leistungssport arbeitet, Auskunft darüber, wie der Verband das Thema Turniere abwickelt.

Der 7. Juli dieses Jahres war es. An diesem Tag schlug Vladimir Samsonov im Finale der Australian Open den französischen Vize-Europameister Simon Gauzy und sicherte sich so mit 41 Jahren wohl etwas unverhofft noch einmal einen hochrangigen World Tour-Titel, den nun mehr 27. World Tour-Titel seiner Karriere – einen der Platinum-Serie, der aktuell höchsten, sechs Turniere umfassenden Kategorie. Zu dieser gehören die Australien Open seit diesem Jahr. Dennoch war das Turnier nicht ganz so gut besetzt, wie es vermeintlich hätte sein können. China hatte sein gesamtes Herren-Team nach dem Boykott von Ma Long, Fan Zhendong und Xu Xin bei den China Open kurzfristig zurückgezogen. Von den deutschen Spielern versuchte 'nur' Benedikt Duda sein Glück in Gold Coast. Wäre der Reiseaufwand und die damit verbundenen Kosten für solch ein Turnier für manch anderen DTTB-Spieler zu groß gewesen? Lag der Termin ungünstig, weil mitten in der Sommerpause bzw. Urlaubszeit vieler Spieler?

Ricardo Walther schildert seine Situation: "Ich hatte darüber nachgedacht, die Australian Open zu spielen. Das hätte ich auch gemacht, wenn das Turnier z.B. direkt nach den Japan Open, an denen ich teilgenommen habe, stattgefunden hätte. So aber wäre ich nur für das eine Turnier nach Australien geflogen und hätte in diesem Jahr nur wenige Tage Sommerurlaub gehabt."

"Gewinn kann man auf der World Tour kaum machen"
Abgesehen von den Grand Finals sind die Australian Open mit einem Preisgeldpool von 400.000 Dollar das lukrativste Turnier der World Tour. "Gewinn machen kann man als Spieler auf der World Tour aber kaum, wenn man nicht gerade zu den Topchinesen zählt. Ich schaue in dieser Sache aber auch nicht auf das Finanzielle", berichtet Walther und rechnet beispielhaft vor, was seine Teilnahme an den Korea Open im April gekostet hat: "Für die Korea Open kamen Kosten von rund 3.800 Euro zusammen, darunter alleine 800 Euro für eine kurzfristige Umbuchung des Rückflugs, bei der dann die Economy-Klasse auch noch ausgebucht war. Erspielen konnte ich (Walther zog im Einzel ins Viertelfinale, im Doppel mit Filus ins Achtelfinale ein, Anm. d. Red.) 2.000 US-Dollar (also rund 1.700 Euro). Man muss investieren und hoffen, dass man weit kommt", so der 25-Jährige.

Übernommen werden die Kosten für viele Turniere in seinem Fall von seinem Ausrüster Butterfly. Oft seien die Spieler auf ihre Ausrüster bzw. Sponsoren angewiesen. Denn, wie Kolja Rottmann berichtet, übernimmt der DTTB 'lediglich' die Kosten für drei bis vier Turniere im Jahr und dann auch nur – außer den German Open – für die ersten vier oder ersten sechs DTTB-Spieler in der Weltrangliste. Um welche Turniere es sich handelt, wird den Spielern vorher mitgeteilt. "Ich erhalte von den Trainern eine Planung für das anstehende Kalenderjahr, was ihre Wunschvorstellungen im Bezug auf Lehrgänge sind. Anhand des Budgets kann ich kalkulieren, wie viele Turniere für Spieler übernommen werden können. Die Trainer zahlen selbstverständlich nichts." Rottmann erhalte die Ausschreibungen zu den Turnieren, leite diese an die Trainer weiter, die wiederum an die Spieler, die sich dann melden würden, wenn Veranstaltungen in ihren Gesamtplan passen würden. Einem der DTTB-Kader müsse man übrigens nicht angehören, um an einem Turnier teilnehmen zu dürfen. Es reiche ein Platz unter den Top 50 der deutschen Rangliste. Abhängig davon, ob man teilnehmen dürfe, sei natürlich, wie viele Plätze für deutsche Spieler zur Verfügung ständen. 

Über seine Turnierplanungen sagt Ricardo Walther: "Es gibt keine Vorgaben, wie viele oder wenige Turniere ich spielen soll. Sie sind aber natürlich wichtig, um in der Weltrangliste nach vorne zu kommen. Selbst wenn Lehrgänge stattfinden, kann ich zu einem Turnier fahren." Wenn Turniere auf Bundesliga-Spieltage fallen würden, müsse man sich mit dem Verein verständigen, dass man am Samstagabend zurückfliege und am Sonntag für das Bundesligaspiel bereitstehe. Eine schwierige Entscheidung sei es natürlich, wenn man an dem Sonntag theoretisch noch im Turnier vertreten sei. 

47 von 49 Spielern Nordkoreaner bei Pyongyang Open
Eine Teilnahme an den Pyongyang Open im Übrigen, die in der letzten Woche stattfanden, wäre für den Weltranglisten-41. nicht in Frage gekommen. "Zum einen wäre es ein weiter Weg für ein Turnier der Challenge-Serie gewesen, in dessen Umgebung auch nichts anderes stattfand. Zum anderen sind die Nordkoreaner nicht in der Weltrangliste vertreten (weil sie in der Regel keine internationalen Turniere spielen, Anm. d. Red.), trotzdem sind sie starke Spieler und so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, viele Weltranglistenpunkte gegen sie zu verlieren. Dann kommt natürlich noch die politische Lage hinzu."

So wie Walther dachten wohl auch viele andere Spieler. Denn unter den insgesamt 49 Teilnehmern bei Damen und Herren fanden sich mit dem Iraner Arya Amiri und dessen Landsfrau Fatemeh Jamalfiar nur zwei Nicht-Nordkoreaner wieder. Kein Wunder also, dass alle Titel an Lokalmatadore gingen. Dennoch will der Weltverband ITTF am Turnier in Nordkorea festhalten. ITTF-Pressesprecher Matt Pound auf myTischtennis-Anfrage: "Die Nordkoreaner veranstalten ein tolles Turnier, es werden alle Voraussetzungen der ITTF erfüllt. Sie sind bereits als Ausrichter für 2018 bestätigt." Man hoffe, dass im nächsten Jahr wieder mehr Nationen den Weg nach Nordkorea finden würden, zu diesem "großartigen Turnier"...

(DK)

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