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Janinas WM-ABC: Von A wie An Jaehyun bis Z wie Zeh

Z wie Patrick Franziskas Zeh, den er sich im wichtigen Mixed-Spiel umgeknickt hat (©Thomas)

30.04.2019 - Eine überaus ereignisreiche Weltmeisterschaft ist am Sonntag zu Ende gegangen. myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz ist inzwischen nach Düsseldorf zurückgekehrt und hat natürlich ihr traditionelles WM-ABC im Gepäck. Zum Ordnen ihrer Eindrücke nimmt sie wieder die 26 Buchstaben des Alphabets zu Hilfe und beschreibt von An Jaehyun bis Z wie Zeh, was und wer ihr in Budapest besonders aufgefallen ist.

An Jaehyun - Aus der Vorrunde bis ins Halbfinale. Die Story des 19-jährigen Koreaners ist wirklich sagenhaft. Seinen ersten WM-Startplatz hatte er in einem internen Ausscheidungsturnier gewonnen, musste als Weltranglisten-157. aber natürlich in die Vorrunde. Dass er es bis ins Halbfinale schaffen und unterwegs sogar Tomokazu Harimoto schlagen würde, hatten wohl die Wenigsten erwartet. Von ihm wird man sicherlich noch viel hören.

Blätterteig - Hängt den meisten Journalisten wahrscheinlich inzwischen zum Hals raus. Bei der EM 2016 in Budapest sollen die Pressevertreter mit warmem Essen und Kuchen verwöhnt worden sein. Diesmal waren Blätterteigplätzchen das Highlight. Naja, es bleibt wohl dabei: Weltmeisterschaften sind das beste Fat Camp.

China - Fünf von fünf Titeln, besser geht es nicht. Und dennoch war die WM diesmal nicht eine reine China-Show. In vier Endspielen standen auch nicht-chinesische Spieler - und das frühe Ausscheiden von Xu Xin und Fan Zhendong hat zumindest gezeigt, dass auch die absoluten Top-Chinesen nicht unfehlbar sind. Am Ende wird das Reich der Mitte mit fünf Goldmedaillen allerdings trotzdem sehr zufrieden mit sich sein.

DTTB-Damen - Bereits am dritten Turniertag waren alle deutschen Damen aus dem Einzelwettbewerb ausgeschieden. Und auch wenn dies zum Teil an starken Gegnerinnen lag, ist es ein enttäuschendes Ergebnis für Jie Schöpps Schützlinge, von denen es keine bis in die dritte Runde schaffte. Wie gut, dass man für künftige Turniere mit Han Ying und Shan Xiaona, die in Budapest nicht startberechtigt waren, noch zwei Asse im Ärmel hat.

Entscheidung für bunte Beläge - Zumindest die myTischtennis.de-User beschäftigte die Entscheidung der ITTF, künftig auch andere Farben als rot für die eine Schlägerseite zuzulassen, zeitweise fast mehr als die Ergebnisse am Tisch. Der Sport wird also bunter - es wird spannend, zu sehen, was sich die Hersteller nun einfallen lassen und welche der Befürchtungen der Leser zutreffen.

Falck, Mattias - Die große Turnierüberraschung von Budapest. Ein schlaksiger Schwede mit kurzen Noppen auf der Vorhand und ungewöhnlichem Spielstil - toll, dass es so jemand ins WM-Finale geschafft hat. Natürlich darf man die günstige Auslosung und den Ausfall von Timo Boll nicht vergessen, auf der anderen Seite muss man auch erst einmal einen Lee Sangsu schlagen. Nach 22 Jahren ist er der erste Schwede im WM-Finale - vielleicht kann er die Tischtenniseuphorie im alten TT-Traditionsland wieder etwas anfachen.

Gauzy, Simon - Auch wenn er es am Ende nicht bis in die Medaillenränge geschafft hat, gehört er zu den Gewinnern dieser WM. Der Franzose sorgte für einen der größten Favoritenstürze, als er völlig unerwartet Xu Xin in der dritten Runde hinauswarf und so den Weg ins Finale für die eine Turnierbaumseite ‚chinesenfrei‘ machte.

Hungexpo - Auch diese WM fand auf einem Messegelände statt und die ‚Arena‘ wurde mit Tribünen und allem Pipapo in eine große Halle hineingebaut. Insgesamt keine Beanstandungen, zumal die Wege auf dem Hungexpo-Gelände auch noch deutlich kürzer als zum Beispiel in Düsseldorf ausfielen und man von den Rängen eine gute Sicht auf die Tische hatte. Alles top!

Internet - Während man in der Haupthalle vor allem mit Kabel eine herausragend gute Internetverbindung hatte, funktionierte das WLAN in der Nebenhalle bis zum letzten Tag trotz mehrmaligen Nachfragens nicht. Schwach - wie soll man anständig berichten oder gar einen Liveticker bedienen, wenn man kein Internet hat? Das gehört zum kleinen Ein-Mal-Eins eines Veranstalters und muss doch eigentlich im eigenen Interesse der ITTF liegen. 

Japan - Tomokazu Harimoto bei den Herren, Mima Ito bei den Damen - Japan galt vor der WM als größte Gefahr für die chinesischen Dauersieger, allerdings stachen seine Trümpfe in Budapest nicht. Harimoto scheiterte überraschend an Underdog An Jaehyun aus Korea, Ito musste früh der Chinesin Sun Yingsha gratulieren. Im Einzel holten die Japaner also keine Medaille, im Doppel zweimal Silber und einmal Bronze. Nicht schlecht, aber das hatte man sich in Nippon sicherlich auch anders gewünscht.

Klo - Die akkreditierten Personen durften in einem Toilettenwagen vor der Halle ihre Notdurft verrichten. Und dazu gehörten neben den Journalisten auch die Spieler. So begegnete man am ‚Örtchen‘ also schon mal dem einen oder anderen Top-Athleten. Kleines Interview in ungezwungener Atmosphäre gefällig? Eine ungewöhnliche Konstellation auf jeden Fall…

Liu Shiwen - Nicht mehr länger ‚die Unvollendete‘. Sechs Weltmeisterschaften lang hat sie auf diesen Moment hingearbeitet, war voriges Jahr sogar fast so weit, den Schläger endgültig hinzuschmeißen. Nun hat sie ihren WM-Einzeltitel - und ich glaube, den hat ihr jeder, auch ihre Gegnerinnen, gegönnt.

Ma Long - Ein Phänomen. Sechs Monate lang ist der Mann aus der internationalen Szene verschwunden, dann kommt er kurz vor der WM für ein Turnier zurück und gewinnt nicht nur dieses, sondern wird kurz darauf auch noch Weltmeister. Mit seinem dritten Titel in Folge reiht er sich in einen elitären Club von bisher nur zwei Spielern ein, denen in der WM-Geschichte dasselbe gelang: Victor Barna und Zhuang Zedong. Übrigens: Ma Long fährt nicht nur mit Einzel-Gold nach Hause. Er ist gemeinsam mit Wang Chuqin auch Weltmeister im Doppel. Eine perfekte WM für die ‚Nummer fünf‘ im chinesischen Team.

Null Punkte - Einen Satz mit null Punkten in einem WM-Finale zu beenden, ist schon hart. Aber im Damen-Einzel zwischen Liu Shiwen und Chen Meng so passiert. Natürlich kam sofort wieder die Frage auf, ob man bei 10:0 einen Punkt schenken sollte. Liu argumentierte, für sie zeugt es am meisten von Respekt für die Gegnerin, wenn sie in einer solchen Situation ernsthaft weiterspielt. Kann man nachvollziehen.

Ovtcharov, Dimitrij - Als Einziger im deutschen Herrenteam konnte er sich ganz aufs Einzel konzentrieren, lieferte hier aber von Beginn an keine überzeugende Leistung ab. Nach dem dritten Spiel war die Reise dann vorbei und es hieß, dass er nach seiner langen Verletzungspause noch etwas Zeit brauche. Individual-Weltmeisterschaften scheinen für den Olympiadritten von London aber prinzipiell kein gutes Pflaster zu sein. Bisher schaffte er es bei Welttitelkämpfen nie über das Achtelfinale hinaus…

Petrissa Solja und Patrick Franziska - Der bronzene Lichtblick im deutschen Team. Sie sorgten mit ihrem dritten Platz im Mixed-Doppel für die einzige Medaille für den DTTB. Gerade in dieser Konkurrenz ist das aller Ehren wert, da auch die Topnationen wegen des Bedeutungsgewinns des Mixed-Wettbewerbs dank Olympia namhafte Duos ins Rennen schickten. Eine starke Leistung!

Qiu, Dang - Hat bewiesen, dass er sich seinen WM-Startplatz verdient hat. Vorher hätten wohl die meisten einen Ruwen Filus, Benedikt Duda oder Ricardo Walther im WM-Team erwartet. Dank des internen Ausscheidungsturniers erspielte sich Qiu seine Fahrkarte nach Budapest, erreichte in allen drei Konkurrenzen das Hauptfeld und schlug sich dort wacker. Der Penholderspieler hat sich auf jeden Fall für die Zukunft empfohlen.

Robles, Alvaro und Ovidiu Ionescu - Keine Frage ein starkes Doppel, aber hätte man sie im WM-Finale erwartet? Nein, wohl eher nicht. Auch sie profitierten von einer guten Auslosung und Timo Bolls Ausfall und stießen erst im Finale auf ein asiatisches Duo. Sie setzten sich gegen die europäische Konkurrenz aber auf begeisternde Art und Weise durch und hatten selbst im Endspiel eine kleine Chance. Ihre Nationen versetzten die beiden mit dem Gewinn der Silbermedaille, für Spanien war es sogar die erste WM-Medaille überhaupt, in Feierlaune.

Stadt - Budapest mit seinen majestätischen Bauten bot eine tolle Kulisse für die WM. Leider lag die Halle ein wenig außerhalb der Stadt, so dass man schon eine Weile einplanen musste, um zwischen der Morgen- und Abendsession mal eben durch die Straßen zu spazieren. Von daher auf jeden Fall noch eine weitere Reise wert - dann mit mehr Freizeit. 

Termine - Die Ansetzung der Spiele mag den einen oder anderen verwundert haben. Sehr früh wurde nur noch an einem Tisch gespielt, dafür wurde der Wettbewerb an den letzten Turniertagen bis zu zweieinhalb Stunden unterbrochen, was für Zuschauer mit Tagestickets sicherlich lästig war. Der Höhepunkt war schließlich, dass am Sonntag nur noch zwei Spiele stattfanden. Für mich eine unnötige Streckung des Wettbewerbs!

Überraschungen - Wer sich über zu wenig Abwechslung bei Topevents im Tischtennis beschwert, wurde diesmal regelrecht verwöhnt. Favoritenstürze über Favoritenstürze. Auch wenn am Ende wieder fünfmal China ganz oben auf dem Treppchen stand, eine erfrischende WM!

Virus - Der größte Wermutstropfen dieser WM, wohl nicht nur aus deutscher Sicht. Timo Boll musste sein Einzel-Achtelfinale und Doppel-Viertelfinale wegen einer Viruserkrankung mit bakterieller Infektion absagen. Hätte er eine Medaille geholt? Wäre er sogar bis ins Finale gekommen oder hätte gar einen Titel geholt? Es ist müßig, darüber zu spekulieren. Sicher ist, dass die Chance da war und dass es Boll das Herz brach, sie ziehen lassen zu müssen. Nichtsdestotrotz gab er sich kämpferisch und kündigte an, bei den nächsten Weltmeisterschaften wieder anzugreifen. Hoffentlich spielt ihm die Losfee irgendwann wieder so in die Karten wie in Budapest…

WM 2021 - Wir dürfen uns auf die erste WM außerhalb Europas und Asiens seit 1939 freuen. Das hat die ITTF nämlich auch während der WM entschieden. 2021 geht’s für uns in die USA, nach Houston/Texas. Yiiihaaa!

Xu Xin - Unser Lieblingskandidat für den Buchstaben X hat sich auch diesmal wieder eine Erwähnung verdient. Schließlich konnte er gemeinsam mit Liu Shiwen den Titel im Mixed-Doppel sichern. Im Einzel war er vom erhofften ersten Finaleinzug, für den die Auslosung äußerst günstig war, jedoch weit entfernt.

Youngster Carolin - Kristin Lang kam nicht alleine nach Budapest. Im Gepäck hatte sie ihre Tochter Carolin, die wohl als inoffizielles Maskottchen der deutschen WM-Mannschaft gelten kann. Vor potenziellen Babysittern, die das Mädchen vor, während und nach den Spielen betüddelten, kann sich Lang auf jeden Fall kaum retten. Mal schauen, wie lange es dauert, bis Carolin selbst mit einem Schläger durch die Halle läuft…

Zeh - Ein Schreckensmoment im entscheidenden Spiel um Mixed-Bronze für Petrissa Solja und Patrick Franziska. Beim Stand von 3:2 und 6:7 hielt sich Letzterer plötzlich den Fuß und musste behandelt werden. Er hatte sich das Großzehengrundgelenk verstaucht, konnte aber mit Eis und Tape einigermaßen wieder fit gemacht werden, so dass er mit Hilfe von Solja und ein paar knallenden Rückhandschlägen den Einzug ins Halbfinale perfekt machte.

(JS)

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