Mit dem TTC indeland Jülich könnte in der nächsten Saison ein elfter Klub in der TTBL an den Start gehen (©Facebookseite TTC indeland Jülich)
12.03.2018 - Im Juli 2016 wurde bei der Mitglieder- und Gesellschafterversammlung der TTBL beschlossen, die Sollstärke der Liga zur Saison 2017/18 auf zwölf Mannschaften anzuheben. Mit Bad Königshofen wagte zur aktuellen Spielzeit ein Klub aus der 2. Bundesliga den Schritt in die Erstklassigkeit, mit Jülich wird zur nächsten Saison wohl ein weiterer folgen, wodurch die Sollstärke dann fast erreicht wäre. Über die Vor- und Nachteile der TTBL-Aufstockung spricht Jan Lüke in seinem Blog.
Die Tischtennis Bundesliga (TTBL) soll wachsen – und sie wächst. Mit dem TTC indeland Jülich wird es in der nächsten Saison aller Voraussicht nach einen elften Klub in der höchsten deutschen Spielklasse geben. Der hochwahrscheinliche Aufstieg des Traditionsvereins aus dem Aachener Raum ist das erste Ergebnis einer Reform der TTBL, die vor knapp zwei Jahren auf den Weg gebracht wurde. Im Zentrum der Neuerungen stand der Beschluss, die Sollstärke der Liga mit der Saison 2017/2018 auf zwölf Starter anzuheben. Zwölf Mannschaften, die in der ersten Liga spielen wollen, fanden sich in diesem Jahr zwar nicht. Aber mit Jülich immerhin ein Team, das sich sportlich noch für die erste Liga qualifizieren kann. Allerdings nur noch mit dem Nichtabstieg aus der 2. Bundesliga. Derzeit steckt der ehemalige Pokalsieger im Bundesliga-Unterhaus im Tabellenkeller fest.
Durchlässigkeit wird sich erhöhen
Die TTBL hat seit vielen Jahren das Problem, dass sie für Zweitligisten kein attraktives Ziel darstellt. Was in manch anderen Sportarten undenkbar ist, ist im Tischtennis der Regelfall: Zweitligisten winken ab, wenn ihnen ein Platz in Liga eins in Aussicht gestellt wird. Gründe dafür gibt es viele: Das Leistungsgefälle ist groß, eine Aufstiegsmannschaft kann in der TTBL nicht bestehen. Es winken Niederlagen im Schnelldurchlauf gegen Topmannschaften wie Borussia Düsseldorf, die TTF Liebherr Ochsenhausen oder den TTC Rhönsprudel Fulda-Maberzell. Zudem wollen bessere Spieler mehr verdienen: Obwohl man mindestens einen Spieler weniger benötigt, steigen die Personalkosten für einen Erstliga-Kader. Auch daran, dass in den beiden Ligen nicht einmal dasselbe Spielsystem gespielt wird, stoßen sich viele Zweitliga-Vereine. Einen alljährlichen Kampf um die Plätze in der ersten Liga gibt es jedenfalls schon lange nicht mehr. Stattdessen können Erstligisten in der Regel nicht absteigen, und Zweitligisten wollen nicht aufsteigen.
Tatsächlich ist es wahrscheinlich, dass sich die Durchlässigkeit zwischen erster und zweiter Liga in den nächsten Jahren erhöhen wird. Der Jülicher Aufstieg ist dafür beispielhaft. Die Herzogstädter werden im kommenden Jahr wohl in vielen Spielen konkurrenzfähig sein, obwohl der Verein personell nicht erheblich aufrüsten wird, weil er nicht kann und muss. Dennoch wird sich Jülich mit Konkurrenten wie dem TTC Zugbrücke Grenzau, dem ASV Grünwettersbach oder dem TSV Bad Bad Königshofen messen können, und auch gegen viele andere Teams wird man nicht chancenlos sein.
Absolute Weltstars zieht es eher in andere Ligen
Das liegt nicht allein an den Reformbemühungen der TTBL. Die höchste deutsche Spielklasse hat schon lange vor ihrer Neuausrichtung begonnen, sich zu wandeln. Das Niveau der TTBL ist in den vergangenen Jahren gesunken. Noch in den 90er-Jahren galt die Liga als die wohl stärkste der Welt. Die besten Chinesen spielten regelmäßig in Deutschland, dazu etliche Top-10- und Top-20-Leute aus Europa. Es gab kaum einen Weltklasseathleten, der nicht irgendwann in Deutschland Station machte. Mittlerweile sind die Zeiten andere, allenfalls die europäische Spitze tritt noch im deutschen Ligabetrieb an. Ein Trend, der sich in dieser Wechselperiode fortsetzt: Dass die Liga in Jonathan Groth, Masataka Morizono, Tiago Apolonia und Stefan Fegerl weitere internationale Stars verliert, ohne gleichrangigen Ersatz zu bekommen, passt ins Bild. Längst ist die TTBL nicht mehr auf Augenhöhe mit zahlungskräftigen russischen Topvereinen. Auch haben sich erst mit der Super League in China, dann mit T2 APAC in Malaysia attraktive Ligaformate gebildet, die Topspielern neben viel Geld auch weniger Verpflichtungen versprechen. Jetzt kommt auch noch die neu gegründete japanische Profiliga hinzu, in die neben Morizono auch Yuto Muramatsu (Ochsenhausen) aus der TTBL abwandert.
Die TTBL ist dementsprechend nicht länger der Magnet für Weltstars. Stattdessen wird sie – und auch das zeigt die jüngste Entwicklung – mehr und mehr zum Sprungbrett für Europas besten Nachwuchs: Spieler wie Darko Jorgic, Bence Majoros, Anders Lind, Tomislav Pucar, Martin Allegro und Tomas Polansky gehören zu den Hoffnungsträgern des Kontinents – und werden ihre Ausbildungsjahre auf ihrem möglichen Weg in die Weltspitze in der Bundesliga verbringen. Simon Gauzy oder Hugo Calderano haben es vorgemacht. Die Liga muss sich ihre Stars selbst machen. Dass hingegen gestandene Topspieler in die deutsche Spitzenliga wechseln, ist selten geworden – und wird künftig zunehmend seltener.
Zwei Seiten der Medaille
Die TTBL-Reform wird diese Entwicklung in den kommenden Jahren nun beschleunigen. Die Erweiterung der Liga wird dafür sorgen, dass das sportliche Niveau der Liga weiter sinkt. Gerade die Mannschaften in der zweiten Tabellenhälfte werden schwächer, vielleicht werden sie in Zukunft nicht einmal mehr reine Profimannschaften sein. Das kann man bedauern, muss man allerdings nicht. Denn tatsächlich wird dadurch der Abstand zwischen der unteren Tabellenhälfte der ersten Liga und der oberen Tabellenhälfte der zweiten Liga nochmals kleiner. Hier wird das formulierte Ziel der TTBL aufgehen: eine „größere Heterogenität“ und „eine höhere Durchlässigkeit“ zwischen erster und zweiter Liga.
Das bringt allerdings Nebeneffekte mit sich: Das Gefälle innerhalb der Liga wird weiter zunehmen. Der Abstand zwischen Mannschaften wie Düsseldorf, das heute schon nur noch gegen ausgewählte Gegner in Bestbesetzung antreten muss, oder Ochsenhausen und der zweiten Hälfte der Bundesliga-Tabelle wird wachsen. Hier wird die TTBL ihre Ziele wohl verfehlen: die Attraktivität der Liga zu steigern und die Liga zu stabilisieren.
(Jan Lüke)
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