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Blog: Brauchen ‚Amateure‘ bezahlte Ober-Schiris?

Rechtfertigt die Arbeit des Oberschiedsrichters die Kosten, die Vereine deswegen haben? (©Laven)

24.11.2015 - Beim DTTB-Bundestag wurde am Wochenende unter anderem beschlossen, dass die Spesen für Schiedsrichter im Mannschaftssport erhöht werden sollen. Unser Blogger Schiri-Schorsch weiß, dass die Vereine, vor allem in der Ober- und Regionalliga, schon jetzt den Sinn des anwesenden Schiedsrichters anzweifeln. In seinem Blog betrachtet er die Argumente beider Seiten und berichtet von seinen eigenen Erfahrungen.

Ein Schiedsrichter erhält bei einem Mannschaftskampf eine Aufwandsentschädigung. Diese liegt je nach Spielklasse zwischen 15 und 26 Euro. Allein diese beiden ersten Sätze haben bereits ausreichend Sprengstoff für eine heftige Auseinandersetzung. Die Kernfrage(n) hierzu: Warum muss man im Amateursport (Ober- und Regionalliga) überhaupt Schiedsrichter haben; vor allem bei den Damen? 

Durch die Vereinsbrille kommen hier ganz schnell folgende Argumente zusammen:

  • Die Sponsorensuche ist so schon schwierig genug, so dass der Kostenfaktor Schiedsrichter einfach nur überflüssig erscheint.
  • Mal Hand aufs Herz: Entweder hat der Oberschiedsrichter (OSR) eine Profilneurose und spielt sich extrem penibel bei uns auf (der hat sicherlich zu Hause nix zu sagen und lässt dann den ganzen Frust an uns aus) oder sitzt still in seiner Ecke und macht nichts weiter als den Spielbericht führen. 
  • Wenn unsere Gegner falsche Aufschläge machen, dann greift der OSR noch nicht einmal ein, da er dafür nicht zuständig ist. Wie lächerlich ist das denn?
  • Warum kommt denn der Schiedsrichter dieses Mal von so weit entfernt? Können „die da oben“ nicht mal vernünftig die Schiedsrichtereinsätze planen? Was uns das dieses Mal wieder an Geld kostet…
  • Früher sind wir auch ohne OSR ausgekommen und wirklich jedes Spiel fand auch ein Ende. Und durch diesen Bericht, der angefertigt werden muss, kommt bestimmt auch eine Ordnungsstrafe auf uns zu.

Zusammengefasst: Kosten und mangelnde Wertschätzung der Aufgabe und der Arbeit.

Herr Rockefeller am Zählgerät?

Was kann der neutrale Beobachter dem nun entgegensetzen? Zunächst einmal sollte es unstrittig sein, dass der Schiedsrichter seine Fahrtkosten und die ihm zustehenden Spesen (Ober- und Regionalliga = 15 Euro) für seine Tätigkeit vor Ort erhält. Bereits hier könnte man wiederum in die Diskussion einsteigen, ob 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer wirklich kostendeckend sind und gerne mal den „Stundenlohn“ bei einem durchschnittlichen Drei-Stunden-Wettkampf mit einer Stunde vorheriger Anwesenheit und je 45 Minuten An- und Abreise ausrechnen. Hierzu kommt noch die Vor- und Nachbereitung des Einsatzes. Und natürlich muss dann auch noch die Anschaffung der Schiedsrichterkleidung sowie des Schiedsrichterequipments und die Reinigung der Kleidung „gegengerechnet“ werden. Spätestens hier sollte jedem klar sein und werden, dass ein Schiedsrichter mit seinem ehrenamtlichen Engagement nicht gerade Herrn Rockefeller Konkurrenz macht. 

Vielen Verantwortlichen in den Vereinen scheint die Aufgabe des OSRs auch nicht wirklich klar zu sein. Er ist als neutrale Instanz anwesend, um für einen ordnungsgemäßen und regelgerechten Spielablauf zu sorgen. Und dazu gehört es auch, auf die Spielbedingungen zu achten, die von dem einen dann als „zu genau“ ausgelegt werden. Hätte man sich aber vorher von Vereinsseite aus genauer mit den Spielordnungen auseinandergesetzt, wären Handlungen seitens des OSRs hinfällig gewesen. 

Größere Regeltreue durch anwesenden OSR

Jetzt kommt der Klassiker: Die Gastmannschaft macht falsche Aufschläge. Der Schiedsrichter am Tisch ist vom Heimverein. Jetzt wird der OSR angesprochen, dass er doch bitte tätig werden sollte, weil hier gegen jede Tischtennisregel verstoßen würde. Also spielt der OSR den Ball zurück und gibt dem Schiedsrichter am Tisch klipp und klar zu verstehen, dass es in seinem Verantwortungsbereich liegt, den Aufschlag zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen. Ab diesem Zeitpunkt ist dieser Aufschlag – aus Sicht des Schiedsrichters am Tisch – gar nicht mehr so falsch bzw. es wird keine entsprechende Entscheidung getroffen. Wie kann das sein? Und wenn der OSR gar den Schiedsrichter am Tisch austauscht, weil dieser jene falschen Aufschläge nicht sanktioniert, passiert in der Regel wieder nichts.

Bei der Einsatzplanung kommen mittlerweile mehrere Faktoren zusammen. Bedauerlicherweise sind die Zahlen stark rückläufig, so dass immer weniger Schiedsrichter zur Verfügung stehen. Weiterhin stehen die Leute auch nicht mehr rund um die Uhr zur Verfügung wie früher. Ich selber möchte z.B. auch nicht mehr am Samstagabend als Schiedsrichter unterwegs sein; die Zeit verbringe ich lieber mit meiner Familie oder mit Freunden. Hinzu kommt, wenn ein Spiel auch noch verlegt wird und dadurch nicht mehr in meine private Freizeitplanung passt, muss ich das Spiel leider absagen. Und schon ist die ursprüngliche Planung von „denen da oben“ im Eimer. In der Tat läuft ein Spiel auch ohne Schiedsrichter. Aber die Anwesenheit eines „Spielleiters“ sorgt allein schon dafür, dass alle Beteiligten sich wesentlich mehr an die Regeln halten. Das mag im Unterbewusstsein gesteuert werden, doch es ist immer wieder schön zu beobachten, wie manche Spieler sich verhalten; mit und ohne Schiedsrichter.

Mehr Spesen für die Schiedsrichter

Beim DTTB-Bundestag am vergangenen Wochenende lag nun der Antrag seitens der Schiedsrichterkommission auf dem Tisch, die Spesen für den Mannschaftssport zu erhöhen. Grundsätzlich war es für den Personenkreis – die Delegierten der Mitgliedsverbände – kein Problem, diesen zu befürworten, da ja nicht das Geld des DTTB oder eines Mitgliedsverbandes ausgegeben wird. Den wenigen Vereinen in den höchsten Spielklassen in Deutschland wird das Ergebnis nicht gefallen, da nun die Budgets für die Schiedsrichter erhöht werden müssen. Konkret werden es nun pro Saison in der Ober- und Regionalliga 45 Euro mehr sein. In den Bundesligen noch mehr, da dort mehr Schiedsrichter pro Mannschaftskampf im Einsatz sind. Es wird den Diskussionen über Leistungen, Aufschläge und die Bewertung von Situationen der Schiedsrichter am Tisch wieder neue Nahrung geben. 

Viele Grüße vom Zählgerät! 
Euer Schiri-Schorsch

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