Schiri-Schorsch nimmt in seinem Blog auch Regeländerungen unter die Lupe (©Laven)
29.06.2015 - In der Box sorgen sie für Recht und Ordnung und auch auf myTischtennis.de bekommen die Schiedsrichter nun ihren eigenen Platz. Wir freuen uns, mit ‚Schiri-Schorsch‘ ein neues Mitglied unserer Blogger-Familie willkommen zu heißen. Hinter diesem Pseudonym versteckt sich ein Schiri der obersten Kategorie, der für uns über Sinn und Zweck so mancher Regel philosophiert, aber auch aus seinem Alltag berichtet. Zum Start erzählt er, wie er ausgerechnet TT-Schiedsrichter geworden ist.
Hier ist mein Outing: „Ich bin Schiedsrichter im Tischtennis.“ Warum ich mich vor fast 20 Jahren dazu entschlossen habe, die Ausbildung zum Schiedsrichter zu machen? Der Stein des Anstoßes war ein eigenes Meisterschaftsspiel. Unsere damaligen Gegner konnten bis auf regelgerechte Aufschläge fast alles und waren uns haushoch überlegen. Ich fühlte mich so hilflos, da ich nicht genau wusste und erklären konnte, was an diesen „Aufschlägen“ alles falsch war. Also reifte in mir der Entschluss, mich zum nächsten Ausbildungslehrgang anzumelden.
Komische Blicke von den Gegnern
Dort bekam ich dann zum ersten Mal den Begriff „gefährliches Halbwissen“ am eigenen Leib zu spüren. Denn während meiner Ausbildung lernte ich die offiziellen Regeln kennen, die in manchen Teilen von den mir bekannten oder interpretierten Regeln abwichen. Die theoretische Prüfung bestand ich nach fleißiger Büffelei, für den praktischen Teil nutzte ich meine eigenen Meisterschaftsspiele zur Übung. Während meine Mannschaftskameraden das in Ordnung fanden, kassierte ich schon ein paar komische Blicke von den jeweiligen Gegnern, als ich die Aufschlagwahl mit einer Münze durchführte. Auch das Thema Aufschlag wurde des Öfteren lauter und umfangreicher mit mir diskutiert. Das war natürlich nicht immer angenehm, dennoch hat es mir geholfen. Und schön war, dass mir viele Spieler während der „3. Halbzeit“ Erfolg bei der praktischen Prüfung wünschten.
Diese fand während einer DTTB-Jugendveranstaltung statt, bei der ich als Schiedsrichter mitwirken sollte. Eine Stunde vor dem Wettkampf war die Einsatzbesprechung mit dem Oberschiedsrichter. Für mich eine Premiere, so zeitig bei einer Veranstaltung zu sein! Um mich herum die drei weiteren Prüflinge aus meinem Ausbildungslehrgang und ansonsten alles gestandene Schiedsrichter mit den unterschiedlichsten Qualifikationen. Da kam schon etwas Nervosität auf, aber mein Prüfer nahm uns nach der Einsatzbesprechung noch einmal zur Seite und schaffte es, dass ich voller Tatendrang und mit einem einigermaßen normalen Pulsschlag zu meinem ersten Spiel schritt. Ich notierte mir die Namen der beiden Betreuer der beiden Spielerinnen und führte die Aufschlagwahl durch - erstaunlicherweise erntete ich hier keine komischen Blicke wie bei meinen Meisterschaftsspielen! Glücklicherweise lief das Spiel dann ohne wirkliche Komplikationen ab. Beide Mädels machten gute, also regelgerechte Aufschläge, die Betreuer waren wohl noch nicht ganz wach, klatschen bloß ab und an mal und waren ansonsten recht ruhig. Und wenn die Zeit der Satzpause abgelaufen war, kamen die beiden Mädchen sofort zurück. Mein erstes Spiel ist gut verlaufen!
Jetzt wird’s ernst: Der Prüfer kommt!
Zu meiner zweiten Partie, einem Jungen-Einzel, setzte sich dann der Prüfer in die Nähe meiner Box. Die Nervosität stieg dann doch recht schnell wieder an. Zum ersten Aufschlag hatte der Junge den Ball im Handteller über dem Tisch, als er diesen hochwarf. Das ging so schnell, dass ich gar nicht reagieren konnte. Ich sprach den Jungen an und er korrigierte das dann sofort. Im weiteren Verlauf dann aber die gleiche Situation. Gefühlt liefen mir Millionen von Schweißperlen die Stirn hinunter. Ich riss den Arm hoch und wertete den Aufschlag als Fehler. Der Betreuer des Jungen sprang sofort auf und fragte mit scharfem Ton nach dem Grund meiner Entscheidung. „Der Ball war über dem Tisch beim Hochwerfen.“ Er setzte sich wieder hin und schaute seinen Schützling an: „Mensch, pass doch ein bisschen besser auf.“ Keine Diskussion mit mir, keine weitere Aufregung aller Beteiligten, es ging umkämpft weiter. Als das Spiel beendet war, fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Der Prüfer nahm mich in meiner anschließenden Pause beiseite und ging mit mir das Spiel durch. Glücklicherweise gab es nicht viel an meiner Leistung auszusetzen, was mich schon ein wenig stolz machte. Mit neuer Motivation ging es dann zu den nächsten Spielen.
Am Ende der Veranstaltung hatte ich dann zehn Partien gezählt, zwei Betreuern eine gelbe Karte gezeigt und eine weitere einem Spieler, der seinen Schläger mit zu viel Beschleunigung aus zu großer Entfernung auf den Tisch legte. Der Prüfer war zufrieden und gratulierte mir zu meiner bestandenen Prüfung.
Ich bin gerne Schiedsrichter!
Rückblickend war dies eine nette und ruhige Veranstaltung, bei der ich sehr viel Spaß hatte. Später habe ich dann auch realisiert, dass die Aufgaben des Schiedsrichters während solch einer Rangliste tatsächlich von Bedeutung sind. Allein für den Zeitplan ist es wichtig, immer pünktlich am entsprechenden Tisch zu sein und die Pausen mit der Stoppuhr zu kontrollieren. Und dadurch, dass die Spiele von geprüften Schiedsrichtern geleitet werden, wird eine Gleichbehandlung (meistens) gewährleistet. Inzwischen habe ich einige Stationen der verschiedenen Lizenzstufen durchlaufen und habe die Qualifikation eines Internationalen Blue Badge Schiedsrichters. Hierdurch habe ich die Möglichkeit, auch bei großen internationalen Turnieren tätig zu sein. Ja, ich bin gerne Schiedsrichter! Und als solcher werde ich euch in meinem Blog die Tischtenniswelt mal von einer - den meisten von euch - ungewohnten Seite beschreiben und über Sinn und Zweck von Regeländerungen, Aufschlagbestimmungen etc. philosophieren.
Viele Grüße vom Zählgerät!
Euer Schiri-Schorsch!
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