Blog

Schorse aus'm Shop: Das Dilemma eines Verkäufers

Gibt man alles gegen den Kunden oder lässt man ihn gut aussehen? (©Laven)

05.02.2024 - Als Verkäufer in einem Tischtennisshop ist man, auch wenn man privat in der Tischtennishalle unterwegs ist, ein bekanntes Gesicht. Das führt manchmal dazu, dass man darum gebeten wird, von der Tribüne aus die Eignung des aktuellen Materials zu bewerten, und manchmal zum direkten Duell mit einem Kunden. Unser Blogger Schorse aus’m Shop findet sich dann nicht selten in einer Zwickmühle wieder, wie er sich dann am besten verhalten soll.

Hallo liebe Tischtennis-Freunde,

hier ist mal wieder Euer Schorse aus’m Shop. Wisst Ihr was? Ich bin jetzt berühmt... Oder prominent... Wenigstens ein ganz kleines bisschen... Zumindest in den Tischtennishallen der Umgebung... Und das wohl auch nicht ganz ernst gemeint... Wie ich darauf komme? Neulich habe ich mal wieder ein Landesliga-Spiel angeschaut, neben mir saß der örtliche Lokalsport-Journalist, vor uns zwei ehemalige regionale Tischtennis-Größen mit - vorsichtig ausgedrückt - viel Lebens- und Tischtennis-Erfahrung. An der lassen die beiden übrigens in der Halle gerne alle anderen Zuschauer und auch die Spieler teilhaben. Die haben ja anscheinend heute alle viel weniger Ahnung vom Sport als die beiden zu ihren besten Zeiten, das betonen sie immer wieder hörbar. Kennt Ihr noch Waldorf und Statler aus der Muppets-Show...? Aber gut, das ist ein anderes Thema, zurück zum Promi-Status. 

Auch in der Freizeit im Dienst

Als wir da so saßen, kam ein Jugend-Trainer mit seinen vier Schützlingen auf die Tribüne. "Guckt mal, Jungs, die gesammelte Tischtennis-Prominenz ist auch da!" Tischtennis-Prominenz? Wir? Der Redakteur und ich schauten uns fragend um. Es waren wohl doch eher die beiden TT-Rentner, die früher durchaus hochklassiger unterwegs waren, gemeint?! Nein, der Trainer meinte tatsächlich den "Schreiberling" (O.K., das Wort hört er nicht gerne), der selber auf Kreisebene aktiv ist, und mich, der auf Bezirksebene nur ein kleines Licht ist. Ein wenig gebauchpinselt fühlten wir uns davon doch beide. Die vier Jung-Talente kannten mich tatsächlich auch von ihren Shop-Besuchen in der Vergangenheit. Die Berichte des Lokalsport-Schreibers allerdings dürfte vermutlich eher der Trainer in der Print-Ausgabe lesen als seine Schützlinge, der war dann in der Runde also noch etwas weniger prominent als ich. 

Für "Promi Big Brother" oder ähnliche Formate dürfte mein Status - glücklicherweise - nicht ausreichen. Aber natürlich bin ich, wenn ich als Zuschauer oder Spieler in die Halle komme, tatsächlich den meisten Spielern bekannt. Das kann manchmal auch ein bisschen anstrengend sein, genauso wie bei richtigen Promis. "Oh, das passt gut, dann kannst Du gleich mal mein Spiel analysieren und gucken, ob ich etwas am Material ändern soll", heißt es da schon mal zur Begrüßung vor dem Ligaspiel. Klingt für den Spieler nach einer guten Idee, macht es mir aber schwer, mit dem Sport auch mal von der Arbeit abzuschalten. Ich bin ja - Stichwort Prominenz - kaum mal nur der Spieler Schorse, sondern immer auch "der aus’m Shop". "Oh, super, gegen Dich wollte ich schon immer mal spielen", höre ich auch öfter mal - zu meiner Verwunderung. "Bist Du sicher?", denke oder frage ich dann meist... Denn ich gehöre zu der Kategorie der Shop-Mitarbeiter, die nie hoch gespielt haben. Es gibt natürlich auch einige, die früher auf gutem Niveau unterwegs waren und immer noch über Ballgefühl und/oder gute Technik verfügen. Dazu gehöre ich nicht, ich zähle eher zu der talentfreien Sorte, bin einer von denen, die sich eben beruflich viel mit Material beschäftigen und das auch in ihr eigenes Spiel einbauen. 

In der Zwickmühle

Ist Euch mal aufgefallen, wie viele Shop-Mitarbeiter oder -Betreiber Materialspieler sind? Auch bei mir war vom klassischen Anti, über die kurze und lange Noppe bis hin zum aktuellen Glanti schon fast alles auf dem Schläger, was es so an kleinen "Gemeinheiten" gibt. Am besten so ungewöhnlich und unkonventionell wie möglich, gerne irgendwelche "Geheim-Tipps". Und dagegen will mein Gegenüber wirklich gerne spielen? Viele sagen das tatsächlich auch nur vor unser ersten Partie gegeneinander, danach sinkt oft die Lust auf Spiele gegen mich. Ich selber stecke bei Spielen gegen unsere Kunden aber oft auch ein wenig in der Zwickmühle, gerade gegen die, gegen die ich favorisiert bin. Vor allem, wenn sie vor kurzem noch für eine Beratung bei mir waren. Da erfahre ich natürlich auch etwas über die Stärken und Schwächen. Darf ich diese "Insider-Informationen" ausnutzen? Das versuche ich dann auszublenden. Wie gut, dass mein Gedächtnis sowieso nicht immer das beste ist. 

Aber wenn jemand mit dem neuen Schläger gegen Dich spielt, und Du bist auch ohne Insider-Infos deutlich überlegen, was machst Du dann? Den Gegner ganz klar besiegen? Und dann zweifelt der gleich am neuen Schläger und Deiner Beratung...?! Auch irgendwie blöd. In anderen Fällen steigt aber auch der Druck für mich, möglichst gewinnen zu müssen. Zwar ist es eigentlich nicht wichtig, gut zu spielen, um gut beraten zu können (im Gegenteil: Ich weiß immerhin, wie in den unteren Bereichen gespielt wird, in denen ich mich wie der Großteil der Spieler herumtreibe). Aber einige Kunden sehen da doch einen Zusammenhang und könnten etwas Vertrauen in mich verlieren, wenn ich gegen sie schlecht spiele... Naja, alles richtig machen kann man eh nie. Und letztlich versucht man dann als Sportler, einfach so gut zu spielen, wie es die eigenen Fähigkeiten hergeben. Die sind bei vielen Kunden sowieso deutlich ausgeprägter als bei mir. Und auch von denen vertrauen dann immer noch genügend meiner Beratung, auch wenn sie mich sportlich schon vor langer Zeit überflügelt haben. 

Der Stolz des Verkäufers

In den letzten Semesterferien kam zum Beispiel ein Student mal wieder in den Shop, der weit weg in einer Stadt wohnt, in der es auch einen Laden mit sicherlich kompetenten Mitarbeitern gibt. Er wollte sich aber lieber weiterhin von mir beraten lassen. Mich freut so etwas immer ungemein, wenn dann junge Männer oder Frauen, die vor Ewigkeiten ihren ersten Schläger bei mir gekauft haben, immer noch gerne vorbeikommen. Und das nicht in erster Linie wegen des Umsatzes, sondern vor allem wegen des Wiedersehens. Gerne schaue ich auch bei Partien höherklassiger Spieler zu, die ich schon gekannt und beraten habe, als sie ihre ersten Gehversuche in unserem schönen Sport unternommen haben. Und da sind wir dann bei der echten Prominenz, nicht bei Pseudo-Prominenz, wie dem "Schreiberling" und mir. Wenn Spieler sehr erfolgreich sind, vielleicht sogar international, denen man damals den ersten Schläger empfohlen und verkauft hat, dann ist man als Shop-Mitarbeiter auch ein wenig stolz. Und wer weiß, vielleicht kommt ja schon morgen das nächste Nachwuchs-Talent in den Shop, von dem man in einigen Jahren sagen kann: "Den ersten Schläger hatte sie oder er von mir".

In diesem Sinne, egal ob Promi oder Kreisklassen-Spieler: Weiterhin viel Spaß beim schönsten Sport der Welt wünscht Euer Schorse aus’m Shop.

Die bisherigen Folgen des Blogs finden Sie hier.

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.