02.10.2023 - Einen großen Anteil an der Förderung und Weiterentwicklung von Nachwuchsspielerinnen und -spielern im Tischtennis haben logischerweise die Trainer. Sascha Müller aus Wolfsburg besitzt die C-Lizenz und äußert in seinem Leserbrief seine Gedanken zur Trainerarbeit an der Basis. Warum der 42-Jährige die Trainer als „Helden im Hintergrund“ sieht, sie mehr Wertschätzung verdienen und welche Hürden im Alltag als Coach zu bewältigen sind, lesen Sie hier.
Ich bin seit Jahren in der Leistungsförderung in Braunschweig (Kadertraining) und Wolfsburg (MTV Vorsfelde) als Tischtennistrainer tätig. Trainer sind für mich die „Helden im Hintergrund" – über ihre Arbeit und ihre Wertschätzung möchte ich einige Gedanken vorstellen. Warum bezeichne ich Trainer als „Helden im Hintergrund"? Üblicherweise sind es ja eher die Spieler, die als „Helden“ im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Die Athleten gewinnen oder verlieren Titel, Turniere, Medaillen und Meisterschaften.
Aber was ist mit den Trainern und auch Betreuern, die meist im Hintergrund fungieren? Diese sollten auch nicht vergessen werden. Es geht mir also darum, die Arbeit und Wichtigkeit von Trainern zu verdeutlichen. Es fängt schon damit an, Mädchen und Jungen mit ihren unterschiedlichen Begabungen zu entdecken. Vereinstraining oder Mini-Meisterschaften sind gute Gelegenheiten. Die Trainer ermöglichen und vermitteln den „Anfängern“ die ersten aktiven Schritte in ihrer Sportart. Sie formen das Kind von Anfang an zu einem Spieler, der sein spielerisches Potential möglichst optimal ausschöpfen kann.
Trainer investieren viel Freizeit und einige Nerven
Viele Außenstehende wissen oft gar nicht, was ein Trainer alles für seine Schützlinge leistet. Die meisten Eltern bringen ihr Kind zum Training, gelegentlich kommen sie zu einem Punktspiel vorbei oder erscheinen (eher zu Beginn) eines Turnieres. Zeigen sich erste Erfolge der Kinder, wird es häufig für manch ein Elternpaar auch als Zuschauer in der Halle interessant. Zuvor sind die Trainer gefragt, erstellen Trainingspläne, führen Trainingsstunden durch, suchen adäquate Trainingspartner, fahren mit den Kindern zu Punktspielen oder Turnieren und tauschen sich mit den Eltern aus. Das klingt alles so leicht, dem ist aber nicht so!
Die Trainer investieren in ihre Arbeit oft sehr viel Zeit und auch Nerven. Die vielen Stunden werden in der Regel "nebenbei" in der jeweiligen Freizeit ausgeübt, da sie keine Profi-Trainer sind. Manche Trainer belasten dadurch auch ihre Familie, weil sie so überzeugt und auch ehrgeizig von der Arbeit mit den ihnen anvertrauten Tischtennis-Talenten sind. Es geht aber nicht nur allein um einzelne Kinder. Die Vereinstrainer sind zum Teil auch damit beschäftigt, den Verein durch die Rekrutierung und Förderung der Nachwuchsspieler am Leben zu erhalten. Auch Trainingslager, Ferienfreizeiten und gesellige Veranstaltungen gehören zu ihrem Repertoire.
Rekrutierung von Nachwuchs durch AGs und Schulangebote
Die Trainer versuchen immer wieder aufs Neue, Kinder zum Sporttreiben zu animieren. Den Aktiven wollen sie neue sportliche Perspektiven aufzeigen und ihnen ein gutes soziales Umfeld präsentieren. All das verlangt von Trainern sehr viel Kraft, Ausdauer und Empathie mit hohem persönlichen Einsatz. Neue Vereinsmitglieder werden oft in den Schulen, wo das Vereinstraining stattfindet, gefunden. Das geschieht zum Beispiel durch Tischtennis-AGs, sportliche Nachmittagsangebote im Rahmen von Ganztagsprogrammen usw. Auch da müssen Vorbereitungen von den Trainern getroffen werden. Dazu gehört das Aufbauen der Tische, das Organisieren von Bällen und anderem Tischtennis-Equipment...
All das wird zum Teil vergessen und oft nicht genug geachtet. Trainer versuchen sich fortlaufend fachlich auf dem aktuellen Stand zu halten. Lizenzverlängerungen, Fortbildungen, Erste-Hilfe-Lehrgänge usw. müssen in ihrer freien Zeit geleistet werden, teilweise verpflichtend. Trainer müssen, wenn auch ungern, akzeptieren, dass sehr starke Talente ihren Verein ggf. irgendwann verlassen. Hier gilt es im Idealfall gemeinsam mit ihrem Schützling zu überlegen, wie eine optimale Förderung in einem anderen Verein (beispielsweise in einer höheren Spielklasse) erreicht werden kann.
Mehr Wertschätzung gewünscht
Leider kommt es dabei auch vor, dass ehemalige Spieler die Anstrengungen und den Einsatz ihrer ursprünglichen Trainer schnell vergessen. Aber alles hatte seinen Anfang! Das wird meist still von den Erst-Trainern geschluckt, sie sollten aber in Erinnerung bleiben. Dem Trainer bleibt aber positiv in Gedanken, ein Talent entdeckt und nach vorne gebracht zu haben. Natürlich verfolgt der Trainer auch weiterhin den weiteren Werdegang seiner ehemaligen Schützlinge. Wie ist dessen Entwicklung im neuen Verein? Wie erfolgreich laufen die Punktspiele? Wie gut werden sie bei Ranglisten und Turnieren oder Meisterschaften betreut? Und, und, und... Leider vergessen zum Teil auch Eltern, mit denen der Trainer lange Zeit viel Kontakt hatte, allzu schnell den ehemaligen Coach. Auch das wird meist vom Trainer still akzeptiert!
All diese Gründe (und noch viele mehr) lassen die Trainer meiner Meinung nach vorwiegend als "Helden im Hintergrund" erscheinen. Die verdiente Anerkennung ihrer Arbeit wird in der Regel zu wenig honoriert und wertgeschätzt. Ich hoffe, dass meine Gedanken etwas bewirken können. Sie sollen eine Diskussions-Anregung zur Trainerarbeit (an der Basis) sein. Vielleicht konnte ich die Augen des einen oder anderen Lesers etwas öffnen? Ich wünsche mir, dass viele Trainer ihre Tätigkeit trotz mancher Probleme gerne weitermachen. Es macht Spaß, Kindern Tischtennis beizubringen, egal ob diese mit viel oder weniger viel Talent ausgestattet sind. Trainer, ihr seid Helden - wenn auch „im Hintergrund“!
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