Dimitrij Ovtcharov kritisiert die russische Liga, will aber in Orenburg bleiben (©Fabig)
18.06.2017 - Nicht nur in Deutschland wurde kurz nach der WM bereits der nationale Mannschaftsmeister gekürt. Auch in Russland ging es am vergangenen Wochenende um die Meisterschaft. Den Pokal sicherte sich in den Play-offs Titelverteidiger UMMC Verkhnaya Pyshma mit Petrissa Soljas Mixed-Partner Fang Bo. Fakel Gazprom Orenburg blieb nur der zweite Platz. In den Augen des Orenburger Spitzenmanns Dimitrij Ovtcharov ging im Vorfeld allerdings nicht alles mit rechten Dingen zu.
Fakel Gazprom Orenburg schien in der aktuellen Besetzung kaum schlagbar zu sein. Mit Dimitrij Ovtcharov, Jun Mizutani und Vladimir Samsonov spielten in dieser Saison die Nummer fünf, sechs und zwölf der Welt in einem Team - gegen solch eine geballte Kraft muss man erst einmal ankommen. Und dennoch hat es UMMC Verkhnaya Pyshma am vergangenen Wochenende geschafft, den Dauerrivalen im Finale zu bezwingen und den Titel erfolgreich zu verteidigen. „Es ist nicht so einfach, nach der WM sofort weiterzumachen“, gibt Dimitrij Ovtcharov einen Grund dafür, dass es für seinen Verein Fakel Gazprom Orenburg nicht gereicht hat. Die entscheidenderen Gründe lagen laut dem deutschen Topspieler aber woanders. „Es wurde kurzfristig eine Regel - in erster Linie gegen Orenburg - erlassen, dass nur zwei Ausländer in einem Team spielen können. Damit war Vladimir Samsonov im Finale nicht spielberechtigt.“
Sondergenehmigung für Fang Bo
Tatsächlich sucht man den weißrussischen Star vergeblich auf den Ergebnislisten der russischen Play-offs. Stattdessen trat mit Denis Ivonin ein russisches Talent in die großen Fußstapfen, überraschte gegen Fang Bo mit einem engen Fünfsatzspiel, holte aber letztlich keinen Punkt auf die Orenburger Seite. „Unter diesen Bedingungen, wenn wir praktisch nur mit zwei Spielern spielen, ist es natürlich auch für uns sehr schwer, zu gewinnen“, erklärt Ovtcharov. Vor allem, wenn auf der anderen Seite kein Geringerer als der Vizeweltmeister von 2015, Fang Bo, steht, der im Finale kein Spiel verlor. Auch dieser kurzfristige Transfer mitten in der Saison ist Ovtcharov übel aufgestoßen. Eigentlich würden auch in Russland dieselben Regeln wie in Deutschland gelten - nämlich, dass man die Saison in dem Verein beendet, in dem man sie begonnen hat, und auch nicht aus dem Ausland spontan dazustoßen kann.
„Im Januar wurde allerdings kurzerhand ein Meeting mit dem Vorstand der russischen Liga einberufen, ob man eine Sondergenehmigung für Ekaterinburg bekommen könnte, weil sich die Gelegenheit ergeben hätte, Fang Bo kurzfristig zu verpflichten. Dafür wurde eine Mehrheit gefunden“, berichtet Ovtcharov. „Aber vor dem Playoff-Finale hatte er nur ein einziges Einzel gegen einen Jugendlichen aus der zweiten Mannschaft von Ekaterinburg gespielt und ist dann zum Finale gegen uns angereist. Das wäre ungefähr so, wie wenn Ma Long von den ersten 16 Spielen der TTBL-Saison ein Einzel gegen Mühlhausen gemacht hätte und dann erst wieder zum TTBL-Finale gekommen wäre. Regeln können in der russischen Liga einfach umgeworfen werden - leider passiert das oft zu unseren Ungunsten.“
„Die Liga wird jährlich schlechter“
Ovtcharov bedauert diese Entwicklung und erinnert sich gerne an die Zeit zurück, als er vor sieben Jahren in Russland anfing und eine enorm starke Liga mit vielen koreanischen, japanischen, europäischen und auch mehreren chinesischen Topspielern wie Hao Shuai oder Chen Qi vorfand. „Bei den Regeländerungen jedes Jahr zerbricht das leider alles und die Liga wird von Jahr zu Jahr schlechter“, beobachtet Ovtcharov. „Jetzt gibt es nur noch zwei gute Mannschaften und kaum Zuschauer. Es ist leider sehr unprofessionell.“ Ein Wechsel zurück nach Deutschland kommt für ihn dennoch aktuell nicht in Frage. Orenburg sei der mit Abstand professionellste Verein im europäischen Tischtennis, in dem er gerne auch seine Karriere irgendwann beenden möchte. „Die deutsche Liga hat in den letzten sieben Jahr auch abgebaut. Es sind viele Topstars wie Marcos Freitas, Jun Mizutani, Ryu Seungmin oder Chuang Chih-Yuan gegangen, dafür aber keine Spieler dieses Kalibers nachgerückt. Für die absoluten Topspieler ist die TTBL halt auch einfach nicht mehr die Adresse Nummer eins, wie sie es früher einmal war. Es kommt jetzt einfach viel Konkurrenz mit T2APC, der japanischen, chinesischen, indischen oder der polnischen und französischen Liga. Deshalb bauen die Ligen alle etwas ab.“ Handlungsbedarf sieht Ovtcharov zur Zeit also nicht, auch wenn der Kampf um die russische Meisterschaft diesmal verloren ging.
(JS)
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