Trainingstipp

Trainingstipp: Aus allen Lagen gegen Schupf eröffnen

Bei der Spieleröffnung hakt's? Wir geben Tipps! (©Roscher)

26.05.2015 - Die Eröffnung ist ein bedeutendes Spielelement im Tischtennis. Schaut man sich Spiele in unteren Klassen an, kommt es manchmal vor, dass zum einen sehr viel geschoben wird und keiner von beiden Spielern das Spiel eröffnet oder zum anderen viele Fehler bei der Eröffnung gemacht werden. Wie Sie es trainieren können, das Spiel aus allen Lagen geschickt zu eröffnen, erläutert Ex-Bundestrainer Martin Adomeit im heutigen Trainingstipp!

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Die Theorie ist klar und wird den jungen Spielern oft immer wieder vermittelt: Wenn der Gegner den Ball lang spielt, zieht man den Topspin. Zurückzuschupfen gehört nicht ins moderne Spiel und auf höheren Leistungsebenen ist der Ballwechsel dann auch zumeist verloren. Wenn man sich dann die Wettkämpfe schaut, sieht es oft ganz anders aus. Da kommen lange Rückschläge, der Ball wird zurückgeschupft und oft entwickeln sich hier sogar Schupfduelle von Spielern, die im Training nun wirklich jeden Ball angreifen. Die Trainer haben ihnen dabei oft nicht einmal einen Schupfball beigebracht, dennoch kommt sowas nicht gerade selten vor. Dabei sind die Spieler sogar erfolgreich und diejenigen, die einfach auf jeden Ball eröffnen, machen so viele Fehler, dass es zum Sieg für den Schupfspieler reicht.

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Woher kommt diese Verhaltensstrategie und wie bekommt man sie durchbrochen? Denn um wirklich in die oberen Ligen aufzusteigen, muss man als Angriffsspieler ohne Frage die Chancen zur Eröffnung nutzen, eine Strategie zum Punktgewinn einschlagen und die Fehlerquote zurückschrauben. Zum einen ist dies sicher die Angst des Spielers, einen Fehler mit einem Angriffsball zu machen, oder aber dem Gegner mit einem schlechten Angriffsball die Chance zum Gegenangriff zu ermöglichen. Die Folge ist, dass man mit dem Schupf zunächst erfolgreich ist, "der andere macht ja Fehler" – so die Denkweise. Diese erfolgreichen Verhaltensmuster zu Beginn der eigenen Tischtenniskarriere setzen sich fest und werden nun im Stress immer wieder abgerufen. Zudem ist jetzt der Topspin etwas Besonderes, das man wagt. Nun wird jeder Fehler registriert und der Spieler bekommt das Gefühl: Mit dem Schupfball bin ich besser. Einen Topspin zu spielen, ist ein Risiko. Dazu kommen dann die Trainer, die die Spiele in der B-Schüler-Kreisliga beobachten und ihren Spielern zum Sieg verhelfen wollen. Der erste Schritt ist dann oft, dem Spieler zu erzählen, dass er gewinnt, wenn er besser schupft. Also wird von ihm auch das Schupfen auf die langen Bälle geübt, damit er auch bei den B-Schülern gewinnt. Dies führt dann genau wieder zu der Verstärkung mit Erfolg. Das kurzfristige Erfolgsstreben führt also nicht selten dazu, zu verhindern, dass der Spieler auch mal hohe Spielklassen erreicht. Vielleicht beobachtet er dann noch die Spiele in der 2. Herren-Kreisklasse oder 1. Kreisklasse und siehe da, die Großen machen es ja auch so.

Spielbeobachtungen sinnvoll
Auch ich glaube, dass der Spieler schauen muss, mit welchen Schlägen er erfolgreich ist und diese einsetzen soll. 30 wilde Topspin-Versuche bei einem oder zwei Treffern haben mit taktisch sinnvollem Verhalten sicherlich nichts zu tun. Aber ich denke auch, Angriffe können so geschult werden, dass sie langsamer und mit höherer Flugkurve sicher sind, hier gilt es das Risiko abzuschätzen. Spielbeobachtungen – und dies ist mittlerweile auch gut per Internet möglich – sollten bei den Topspielern gemacht werden und das Training muss so aufgebaut werden, dass es ermöglicht, von überall möglichst sicher zu eröffnen. Zu Angriffsschlägen muss der Spieler etwas besser stehen, um den Tisch zu treffen. Also sind Beinarbeitsschulungen nötig, aber genauso wichtig ist es meines Erachtens zu lernen, mit beiden Seiten zu eröffnen. Ansonsten erreiche ich, dass ein Spieler, der beispielsweise nur Vorhandtopspin beherrscht, aus der RH-Ecke dann doch schupft. Die Stellung wird mit der Zeit immer RH-orientierter und nun schupft er zwei Drittel des Tisches mit Rückhand und wegen der Stellung dann auch besser mit VH.

Auch allzu viele Übungen im Einsteigerbereich, wie z.B: „Wer schafft wie viele Bälle ohne Fehler“ führen zu einer Fehlermeidungsstrategie statt zum Versuch des Punktgewinns, den ich auf Dauer in höheren Spielklassen brauche. Vielleicht verlieren wir in unserer Sportart dadurch sogar oft die phantasievollen erfolgsorientierten Spieler, die viel mehr Spaß an einem spektakulären Punkt in zwei Minuten haben, als daran, den Ball zwanzig Mal ohne Fehler auf den Tisch spielen zu können.

Wir brauchen daher im Training viele Übungen, bei denen die Spieler befähigt werden, aus jeder Situation gut und dann auch sicher zu eröffnen. Auch dann, wenn sie dadurch vielleicht mal beim nächsten Spiel in der B-Schüler-Kreisliga verlieren. Könnte es nicht auch eine Zielsetzung für die nächste Begegnung sein, mehr erste Topspins als der Gegner zu ziehen unabhängig vom Ausgang des Spiels? Dies ist dann oft näher an der Entwicklung zum guten Spieler und damit wird auch der Wettkampf zu diesem Training genutzt. Dann wird der Spieler vielleicht auch viel schneller (oder überhaupt) zu einem guten Spieler. In diesem Sinne sind die heutigen Übungen zu verstehen, auch wenn sie manchmal zu schwer erscheinen. Dann macht der Spieler zu Beginn sehr viele Fehler. Wenn er nach fünf Minuten dann ein paar weniger macht, hat er etwas gelernt und das sollte das Hauptziel jedes Trainings und vielleicht auch der meisten Wettkämpfe sein.

Eine kleine rhetorische Frage noch vor dem Einstieg ins Training. Wie viele Eröffnungen gegen US finden im Einspielprozess vor dem Wettkampf statt?
Wenn man sich das Training der Chinesen anschaut, findet man sehr viele Balleimerübungen auch untereinander, die sich sehr häufig mit der Eröffnung beschäftigen. Die Techniken werden über sehr hohe Wiederholungszahlen gefestigt und sind damit auch im Stress gut abrufbar. Warum sollten wir dies nicht auch übernehmen? Die Überlegung im Trainingsprozess bezüglich der Effektivität ist sehr einfach. Wie lange brauche ich, um am Balleimer beispielsweise 30 VHT gegen Unterschnitt zu spielen und wie lange, wenn ich dies mit Übungen am Tisch mache, gerade dann, wenn die Spieler noch nicht so ein hohes Niveau haben.

Vorübungen am Balleimer:
1.  VHT gegen US aus 1/2 VH
2. RHT gegen US
3. VHT und RHT gegen US im Wechsel
4. VH und RH-Topspin von überall gegen US

Wenn dies, bei jedem Training vorgeschoben wird, dauert es bei 30 Schlägen in jeder Übung mit zweier oder Dreiergruppen am Tisch maximal 15 Minuten. In dieser Zeit hat aber jeder Spieler 120 Eröffnungen  gespielt. Selbst wenn der Spieler jeden Ball eröffnet sind dies soviel wie in zehn Sätzen.

1. Übung:  VHT und RHT im 1:1 Wechsel in der regelmäßigen Situation
Spieler A: VHB 1:1 in die Ecken                 Spieler B: VHT und RHT in VH
                                                                                    ab dem 6. Topspin frei  

Zu Übung 1

2. Übung: VHT und RHT unregelmäßig gegen B
Spieler A:  RHB überall                    Spieler B: 4 x VHT/RHT in RH
                                                                          5. T in VH
                                   frei   

Zu Übung 2

3. Übung: Eröffnungen von den Ecken gegen Sch
Spieler A:  KA in RH (LA in VH- frei)            Spieler B: Sch in eine Ecke
                  T in 1/2 VH                                                  B/T  in Mitte
                  VHT überall
                    frei

Zu Übung 3

4. Übung:  Eröffnungen gegen Sch aus 2/3 RH
Spieler A: KA in VH (LA in RH - frei)            Spieler B: Sch in Mitte/RH
                  RHT/VHT in RH                                          B eine Ecke
                  T in VH
                                                      frei    

Zu Übung 4

5. Übung:  Eröffnungen auf Ellenbogen von überall
Spieler A: KA in Mitte (LA in Mitte/RH - frei)        Spieler B: Sch überall
                 T auf Wechselpunkt                                             B/T überall
                                                       frei  

Zu Übung 5


Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in drei Nationen (Deutschland, Luxemburg und Belgien) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 51-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er zuletzt Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist lippstadt.tt-store.de.

Zum pdf-Download des Trainingstipps

(MA)

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